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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Studienprofessor Heinke, Dr. Ring und Assessor Mehlert.
    Dr.Faber wiederholt die Namen in Gedanken und weiß in der nächsten Sekunde, was ihm und den anderen bevorsteht. Das Fähnlein der sieben Standhaften – es werden bald wieder ein paar weniger sein. Die sieben Lehrer gehören alle nicht der Partei an. Dr. Schütz weiß es aus den Personalakten, die er verwaltet.
    Der Rex bleibt sitzen, wartet, bis sich die Zurückgebliebenen im Lehrerzimmer umgruppiert haben, hebt den Kopf, tastet mit seinen fluoreszierenden Augen die Versammlung ab. »Meine Damen und Herren«, beginnt er, zuckt die Schultern, starrt auf den Zettel, hebt wieder den Kopf. »Demnächst hat unser Führer Geburtstag. Ich darf annehmen, daß Sie alle wissen, was Sie ihm schuldig sind.« Dr. Schütz sieht in ängstliche, erschrockene und gleichgültige Gesichter. »Ich habe mir als Leiter dieser Schule ein besonderes Geschenk für Adolf Hitler ausgedacht.« Er steht auf, geht im Zimmer auf und ab. Jetzt hat er sich freigesprochen. Seine Stimme donnert, als ob er in der Aula stünde. »Ich möchte zum 20. April dem Ministerium melden, daß der gesamte Lehrkörper dieser Schule ausnahmslos –«, er hebt den Kopf, um Widerstand zu bannen, sieht wieder auf den Boden, »ausnahmslos, sage ich – der Partei angehört. Ich möchte Sie auffordern, die Konsequenz aus diesem äh – äh – Wunsch zu ziehen und Ihre Aufnahmeanträge zu stellen.«
    Dr. Rixner schüttelt fast unmerklich den Kopf. Studienrat Färber unterbricht in Gedanken die Addition chemischer Formeln, Fräulein Dr. Mühren verzieht den Mund resigniert, Studienprofessor Heinke sieht an seinem Priestergewand hinunter.
    »Ich frage Sie also«, fährt Dr. Schütz mit geballter Stimme fort, »ob Sie dazu bereit sind.« Er erhält keine Antwort. »Ich denke, daß ich Ihr Schweigen richtig deute«, ergänzt der unkönigliche Rex. »Einstimmig, ja?«
    Studienprofessor Heinke erhebt sich ruhig. Ein hagerer, großer Mann mit jungen Augen und silbrigen Haaren an den Schläfen. »Für meine Person«, sagt er, »muß ich es verneinen.«
    »Warum?«
    Das silberne Kreuz auf der Brust des Geistlichen schimmert matt, als ob es für Heinke antworten wolle: Das ist mein Zeichen, das Silberkreuz, nicht das Hakenkreuz.
    »Mit Ihnen spreche ich später gesondert, Herr Kollege«, wehrt Dr. Schütz, unsicher geworden, ab. »Fräulein Dr. Mühren, wie ist das mit Ihnen?«
    »Ich bin schon bei der Frauenschaft«, erwidert die Philologin.
    »Na, um so leichter sollte es Ihnen fallen, liebe Kollegin.«
    In den dunklen Augen von Fräulein Mühren glitzert etwas. Sie denkt voll Spott und Grauen an den heutigen Nachmittag bei der Frauenschaft. An das Kränzchen würdiger, üppiger Damen, die zu viel Kuchen mit Sahne essen, Kaffee trinken und dabei die Stadt durchhecheln. Das haben sie schon seit Jahren getan, nunmehr tun sie es für Führer, Volk und Vaterland.
    »Also – ich will Sie nicht drängen«, sagt Dr. Schütz mit falschem Ton in der Stimme. »Sie haben noch acht Tage Zeit.«
    »Von mir aus«, erwidert der weibliche Assessor.
    »Und Sie, Dr. Ring?«
    »Ja, Herr Oberstudiendirektor.«
    »Herr Mehlert?«
    »Auch ich«, entgegnet der Assessor. Er wird rot dabei, sieht auf den Boden.
    »Und Sie, Herr Kollege?« wendet sich der Anstaltsleiter an Dr. Rixner, den Senior.
    »Ich bin ein alter Mann«, versetzt er ruhig, »ich werde in einem Jahr pensioniert. Nein, mich lassen Sie bitte aus dem Spiel.« Ganz gegen seine Art sind die Gedanken des Lateinprofessors, heftig funkeln seine Augen. Ich bin Studienprofessor, denkt er, und kein Geschenkartikel für den Braunauer.
    »Wollen Sie früher pensioniert werden?« fährt Dr. Schütz den alten Studienprofessor an, erschrickt einen Moment über seine eigenen Worte, macht eine vage Geste mit den unsicheren Händen. »Meine Herren, ich kann keinen von Ihnen zwingen, aber«, sagt er und streckt dabei den Zeigefinger aus wie eine Pistole, »ich kann Sie – äh – nachdrücklich vor den Folgen warnen, die ein Zögern haben könnte.« Er geht auf und ab, winzig und wichtig, geschäftig und gefährlich. »Die Größe der Zeit«, stößt er hervor. »Unser Führer, Vorbild für alle – nur Nationalsozialisten an der Schule, das selbstverständliche Gebot der Stunde. Die Erziehung der Jugend ist das Hauptproblem unseres Volkes – nur Pädagogen, die der Bewegung angehören, können Schüler im Geiste des Führers erziehen.«
    Vor Dr. Faber bleibt der Anstaltsleiter

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