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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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leistet, erspart er sich diesmal jeden Kommentar, zuckt die Schultern und sagt lächelnd: »Ihr müßt selbst wissen, was ihr ihm zu bieten habt.«
    Ein leichtes Tuscheln, ein stetes Geflüster schweben über der Klasse. Der Assessor läßt die Schüler gewähren. Er kann sich die Antworten im voraus vorstellen: Altpapier aus den Kellern. Groschen für die Sammelbüchsen. Lumpen für die NSDAP. Buntmetall für die Kanonen. Oder, was mit Geld nicht bezahlt zu werden braucht und durch Geld nicht bezahlt werden kann: jugendheißer Glaube.
    Der Ordinarius sieht in leere und wichtige Gesichter, beobachtet Stefan Hartwig, dessen Füllfederhalter sicher und schnell über das Papier gleitet, sieht die zögernde Claudia, verfolgt, wie Rolf Bertram, an dessen Stelle er nach Italien fahren soll, auf sein Pult starrt. Natürlich ist Faber – was er sich noch nicht eingesteht – längst entschlossen, mit Sibylle in den Süden zu reisen, aber vorderhand steht ihm des Führers Geburtstag weit näher als la bella Italia, gerade und weil er sich vor Hitler fernhält.
    Dr. Faber geht unruhig im Mittelgang hin und her. Fünf Schritte vor, fünf Schritte zurück, aber es gibt keinen Ausbruch aus der Zelle der Zeit. Vor seinem Primus bleibt er kurz stehen, sieht ihm über die Schulter. »Darf ich?« fragt er und nimmt den engbeschriebenen Bogen an sich. Er liest: »– so kann es nur ein Geschenk für den Führer geben: die Schwachen stärken, die Schwankenden stützen, die Lauen ausspucken. Die Bewegung hat Kraft genug, das zu schaffen. Immer versuchen unwürdige Elemente, eine große Idee zu schänden. Immer ranken sich um eine politische Revolution Auswüchse. Sie zu treffen, zu beschneiden, zu vernichten, das sei die Forderung der Stunde. Die Stunde heißt Deutschland! Sein Führer heißt Hitler!«
    Der Assessor legt den Bogen wieder weg.
    Stefan Hartwig sieht fragend zu ihm auf.
    »Stilistisch ganz gut«, sagt Faber halblaut.
    »Und inhaltlich?« fragt der Primus zurück.
    »Unsicher?« antwortet Dr. Faber mit einer Gegenfrage. Er zuckt die Schultern und geht weiter zur Fensterreihe, stoppt vor Rolf Bertram, liest flüchtig: »Der Nationalsozialismus steht auf dem Standpunkt eines positiven Christentums –« Er lächelt Rolf zu. »Was ist positiv?« fragt er.
    Rolf betrachtet ihn verwundert. »Na«, stottert er dann, »das Gegenteil von negativ.« Er sucht nach Worten, findet sie nicht.
    »Sehen Sie«, erwidert Dr. Faber, »verwenden Sie doch, bitte, künftig beim deutschen Aufsatz deutsche Worte und verständliche Begriffe.«
    Er geht weiter, dreht am Ende des Schulzimmers um, nähert sich Rolf wieder und denkt dabei: Er hat die gleiche Nase, die gleichen Ohren, fast die gleiche Haarfarbe wie Sibylle. Und dann sieht er, wie der Primaner kurzerhand mit einem Federstrich das Wort »positiv« streicht, um aus der Klemme zu kommen.
    In diesem Moment wird vor der 8 c praktiziert, was der Schüler nicht mit klaren Worten ausdrücken konnte.
    Es klopft. Der Hausmeister Kunzog tritt ein. Zwei Frauen tragen einen Wäschekorb, in dem sieben, acht Kruzifixe liegen.
    »Verzeihung«, sagt Kunzog, »Anordnung vom Herrn Oberstudiendirektor, ich soll die Kreuze einsammeln.«
    »Jetzt?« fragt Dr. Faber ruhig.
    »Gerade jetzt«, erwidert der Hausmeister. Brummig setzt er hinzu: »Sollen ruhig alle zusehen.«
    Der Assessor begreift ihn sofort. Er weiß, daß der Befehl zur Entfernung der Kruzifixe schon vier Wochen alt ist, daß Kunzog so lange auf verstärkten Druck mit offenem Trotz reagiert hatte und daß er jetzt, da er nicht mehr anders kann, bewußt aus der Situation eine Szene machen will.
    Die Frauen mit dem Korb kommen näher. Sie haben blasse, seltsam spitze Gesichter. Der Hausmeister steigt auf das Podium. Er streckt den Arm aus wie zum deutschen Gruß, hält ihn ein paar Sekunden kraftlos in der Luft, als ob er erst einen Anlauf nehmen müßte. Er zögert absichtlich. Vielleicht benutzt er die Pause zu einem schnellen Gebet. Oder er wartet nur, bis auch der letzte der Klasse zusieht. Oder er wagt es nicht, das Symbol des Christentums gleich anzufassen.
    Jetzt ist es soweit. Der Nagel bricht bei der ersten Berührung aus dem lockeren Gips. Kunzog legt den Gekreuzigten so sanft in den Korb, als fürchte er, daß er ihm weh tun könnte. Das Gesicht des Hausmeisters ist fahl. Die Augen in den tiefen Höhlen glänzen fiebrig. Die erschrockenen Frauen fassen den Korb links und rechts an den Henkeln.
    »Bitte die Störung zu

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