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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Daumen, Zeige- und den kleinen Finger zum Metallergruß aus, der berüchtigten »Pommesgabel«. Der Mops hebt eine Pfote.
    »Habe ich ihm beigebracht«, erklärt er stolz. »Die gehörnte Hand.«
    »Error, der gibt bloß Pfötchen, wie alle Hunde.«
    »Nein!«, entgegnet Error entrüstet. »Der ist nicht wie alle Hunde. Er ist ein echter Höllenhund.«
    Ach ja, Heavy Metal. Tatsächlich habe ich das auch mal eine Zeit gehört, aber es ist schon ein Weilchen her und lag hauptsächlich an Error. Ich wollte anders sein als die anderen Internatsstreber. Und Error war anders. Offenbar ist diese Andersartigkeit die große Konstante in seinem Leben geblieben.
    »Der Mops heißt Satan?«
    »Ja, es gibt da charakterliche Parallelen.« Er zieht an der Leine, so dass Satan kurz umfällt, sich aber gleich wieder aufrappelt und wütend kläffend beschwert.
    »Lustig, ne?« Error zieht noch mal.
    »Gehen wir auf ein Bier in Wummes Metal-Eck?«, fragt er.
    »Gibt es das noch?«
    Vielleicht muss ich echt mal raus. Hier brüte ich eh’ nur rum und komme zu keinem Ergebnis.
    Errors Hand schnellt vor, greift meine Brustwarze und dreht sie herum. Autsch!
    »Bist langsam geworden«, stellt er fest. »Lass uns gehen. Wenn sie dich mit den Klamotten bei Wumme überhaupt reinlassen.«
    Das machen sie. Schließlich habe Angus Young von AC/DC auch immer Schlips und Jackett getragen, erklärt Wirt Wumme. Für »uns Kinder der 68er« sei es wahrer Punk, Anzug zu tragen. In Wummes Metal-Eck hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren nichts geändert. Hier wird nach wie vor getrunken, geraucht und geheadbangt – meistens alles gleichzeitig.
    Error hat sich den Mops auf den Schoß gelegt. Im Hintergrund laufen die letzten Takte von Highway to hell . Zum ersten Mal fühle ich mich wieder etwas wohler in meiner Haut. Error wippt leicht mit dem Kopf, während er Satan streichelt.
    »Hast Du kein’ Bock mehr auf AC/DC?«
    Ich ziehe den Mund zu einem Strich. »Also, ehrlich gesagt hatte ich das nie so recht.«
    Error trinkt einen Schluck Bier. »Hatte mir schon so was gedacht. Bist eher so der Kuschelrock-Typ, ne?« Error wippt leicht mit dem Kopf zu den Gitarrenriffs.
    »Und? Was machst du so?«, will er wissen. »Das Letzte, was ich von dir gesehen habe, ist der Kondensstreifen des Flugzeugs, mit dem du von heute auf morgen nach Berlin abgehauen bist. Danke übrigens für die Karten.«
    »Tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Ich wollte einfach nur raus aus allem und neu anfangen.«
    Er winkt ab. »Ist schon okay. Hast du deinen Traum wahr gemacht?«
    Ich schaue ihn traurig an. Plötzlich habe ich keine Lust mehr, der ewige Loser zu sein. Heute haben doch auch einen Moment lang alle zu mir aufgesehen. Für eine Sekunde hatte ich mein Publikum. Entweder, ich füge mich in meine Niederlage und erzähle Error, dass Fredman beim Versuch, auf der Leinwand zu landen, kläglich abgeschmiert ist, oder ich blicke nach vorn.
    Error hält inne, lauscht und deutet mit dem Finger zu den Boxen. Daraus dröhnt nun Metallicas Klassiker Nothing else matters. Gerade setzen die Gitarren zum Refrain an. Error wirft den Kopf in den Nacken und kreischt mit Wumme um die Wette: »Never cared for what they doooooo, never cared for what they knoooooow . . .«
    In diesem Moment wird mir klar, dass dies nicht meine Zukunft ist. Ich will nicht mit dreißig noch so reden wie mit fünfzehn. Ich muss so schnell wie möglich Geld verdienen, um neu durchstarten zu können. Als ich aufblicke, trifft mich Errors Blick. »Du bist doch noch der Alte, oder?«
    »Klar«, entgegne ich und haue ihm auf die Schulter. Dann ist es einen Moment still zwischen uns. Error hat immer an mich geglaubt. Er hat immer zu mir aufgesehen. Wenn ich ihm jetzt erzähle, dass ich mich mit Fredman total verspekuliert habe, verliert er den Glauben an die Menschheit.
    »Also, was machst du so?«
    »Ich bin Schauspieler!«
    Erstaunen macht sich auf seinem Gesicht breit. »Du hast es echt geschafft beim Film?«
    Ich nicke stolz. Es fühlt sich richtig an.
    »Und ich dachte schon, du wärst Berater geworden.«
    Ich schüttle den Kopf. »Spinnst du?«
    Error lacht aus vollem Herzen.
    »Also, was machst du dann hier in Mainhattan, wenn du es in der Hauptstadt geschafft hast? Du solltest dich auf deine große Rolle vorbereiten.«
    Auf die Idee wäre ich allein nicht gekommen, aber sie ist gar nicht so schlecht. Ich drehe mich um, als würden hier überall Spione sitzen, und winke Error näher zu mir

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