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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Kopfschütteln, das man sich für die größten Tollheiten eines Narren aufspart. »Sind sie nicht heimgekehrt, dorthin, wohin ihnen kein sterbliches Geschöpf aus dieser Welt folgen kann? Sind sie dort nicht glücklicher als hier?«
    »Das ist nicht das, was du wirklich denkst«, entgegnete Namakan. »Sonst wärst du nämlich auch dort, oder etwa nicht?«
    »Deine Vorhaltungen sind unverschämt«, meinte Kjell und musterte Namakan dabei wie einen Schwachsinnigen, der einem Händler das Rechnen erklären wollte. »Nimarisawi hatte einen guten Grund, dem Rest ihres Volkes nicht zu folgen: die Treue zu dem Grund und Boden, auf dem sie geboren wurde. Ich weiß, wovon ich rede.«
    »Warum hätte meine Mutter gehen sollen?« Tschumilal sah abwechselnd von Kjell zu Namakan. Sie nestelte am Gefieder eines der Pfeile in ihrem Köcher. »Was, wenn sie nicht ging, weil sie die Verantwortung für mehr als ein Leben trug? Für das halbe Leben meines Vaters? Und für meines, das in ihrem Schoß heranwuchs?«
    Oh! Namakans Wangen glühten vor Scham.
    Kjell verbeugte sich tief genug, dass die Spitze seiner Schwertscheide über den Boden scharrte. »Ich bitte um Vergebung.«
    Einen Moment blickte Tschumilal kühl auf den Grafen ohne Land. Dann sagte sie lauernd: »Soll meine Vergebung ohne Gegenleistung bleiben?«
    Kjell blinzelte verwirrt. »Was verlangst du dafür?«
    »Lässt du mich zusehen, wie aus dir eine Ratte wird?«
    Kjell schloss die Augen und atmete schwer. »Wenn es mir deine Vergebung sichert, dann werde ich es dir erlauben.«
    Morritbi schaute Tschumilal skeptisch an. »Selbst schuld, wenn du dir das anschauen willst. Es ist schlimmer, als einer Hirschkuh beim Kalben zuzusehen.« Sie ließ Namakans Hand los, wandte sich Tschumilals Mutter zu und stemmte die Arme in die Hüften. »Das, worüber du uns berichtest … All dem fehlt etwas.«
    »So?« Nimarisawi hob brüskiert eine Augenbraue. »Was fehlt denn, Rundohr?«
    »Der Grund, warum Waldur überhaupt hier erschienen ist«, sagte Morritbi. »Er ist bösartig, aber nicht wie ein Bär, dem ein eingetretener Dorn in der Tatze eitert und der deshalb ziellos um sich schlägt. Er ist der Falke, der am Himmel kreist und auf den richtigen Zeitpunkt wartet, um auf seine Beute herabzustoßen. Und ich frage mich, welche Beute er hier bei euch Elfen machen wollte.«
    »Darauf kann ich dir antworten«, sagte Dalarr ernst. »Er hat nach mir gesucht. Das, was ich getan habe, damals nach der Schlacht bei Kluvitfrost, ist für ihn nichts anderes als feiger Verrat. Und niemand mag es, verraten zu werden. Schon gar nicht jemand wie er.« Dalarr sah zu der alten Elfe auf. »Ich habe dir und den Deinen unendlich viel Leid beschert. Ich hätte Waldur töten müssen, bevor es so weit kommen konnte.«
    Huldvoll neigte die Elfe ihr Haupt. »Habe ich die Freundschaft zu dir nicht frei gewählt, Dalarr att Situr? Und wurde mein Mut dadurch belohnt, dass mir eine Liebe vergönnt ist, wie sie die Kal Majul und die Ischik Banolkasch beide für unmöglich erachteten? Entsprang dieser Liebe meine Tochter, die mir das größte Glück und der größte Stolz ist?«
    Sie spricht weise wie eine Königin, urteilte Namakan. Nein. Nicht wie eine Königin … sie ist die Letzte ihres Volkes, und damit ist sie seine Königin, auch wenn sie nur noch über sich selbst zu gebieten hat.
    »Warst du nicht so frech, nach Gründen zu wühlen?«, wandte sich die Elfe an Morritbi.
    »Schon«, räumte die Hexe kleinlaut ein.
    »Doch warum lasse ich mir von euch denn nicht sagen, was der Grund für euer Erscheinen ist?«
    »Sag du es ihr«, bat Morritbi Dalarr. »Ihr zwei scheint euch besser zu verstehen.«
    So erzählte Dalarr der letzten Elfe und ihrer Tochter von der Rache, die er an Waldur üben würde. Von dem Gemetzel auf den Immergrünen Almen. Vom Mord an Morritbis Mutter und der Entführung ihres Vaters. Von der Folter und dem grausamen Fluch Kjells. Und schließlich gab er einen Teil der Lösung eines Rätsels preis, vor dem nicht nur Namakan bereits eine Weile gestanden hatte.
    »Ich bin hierhergekommen, um etwas zu holen.« Er wandte sich der Bahre zu. »Von Galt. Ich will nicht lügen, Nimarisawi. Nicht nur, weil ich schlechter lüge als eine vermeintliche Jungfrau, die ein blutiges Laken auswäscht. Ich spreche die Wahrheit aus, um Galt zu ehren. Er hätte es sich nicht nehmen lassen, mich zu begleiten, um Waldur bei lebendigem Leib zu häuten. Aber jetzt …« Er brach ab und rieb sich den Bart. Als

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