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Heldenwinter

Heldenwinter

Titel: Heldenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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Fjarstor.
    »Fjarstor, Fjarstor«, winselte Arvid.
    Dalarr ließ seine Hand los. »Jetzt weißt du es. Jetzt weißt du alles.«
    Wie oft hat er das schon zu mir gesagt? Namakan schaute auf seinen Ringfinger. Seinen langen, dünnen, unversehrten Finger. »Ist es wahr? Hast du mich gestohlen?«
    Über Dalarrs bleiche Lippen huschte ein Lächeln. »Nicht gestohlen. Deine Mutter … deine richtige Mutter … sie wollte nicht, dass er dich aufzieht … dass Waldur dich aufzieht … das ist die Wahrheit.« Dalarr drehte den Kopf in Arvids Richtung. »Sieh ihn dir an. Das … das wäre aus dir geworden.«
    Arvid schlang von hinten die Arme um Namakans Brust. »Du lebst. Du lebst.«
    »Tu es …« Dalarr bleckte die Zähne. Die Sehnen an seinem Hals traten straff hervor, als er den Arm streckte, um nach seinem Kurzschwert zu greifen. »Tu es … nicht für mich … für deine Mutter … für deine Geschwister …«
    Namakan schloss die Augen. Sie war nicht meine Mutter. Sie war meine Schwester. Und der Mann, der sich schluchzend an mich presst. Das war ihr Vater. Mein Vater …
    »Hier, hier«, wisperte Arvid. Er löste einen seiner Arme von Namakans Brust. »Sie gehört dir.«
    Namakan spürte ein kaltes Band um seine Stirn.
    »Sie gehört dir.«
    »Tu es«, verlangte Dalarr noch einmal. »Mein Schwur …«
    »Du kommst mit mir«, plapperte Arvid vor sich hin, plötzlich von einer verstörenden Heiterkeit befallen. Er küsste Namakans Haar. »Nach Silvretsodra. Dann suchst du dir ein Pony aus.« Ein weiterer Kuss. »Deine Wiege steht noch in deinem Zimmer.« Ein Kuss. »Ich bringe dir alles bei. Wie man reitet. Wie man Bogen schießt. Wie man einen Falken abrichtet.« Ein Kuss. »Ich habe Spielzeug für dich. Geschnitzte Ritter. Ein Schaukelpferd.«
    »Der Schwur …«
    »Ist deiner und nicht meiner.« Namakan schüttelte den Kopf. »Töte du ihn, wenn du willst, aber darin liegt keine Ehre. Du hättest ihn töten sollen, als er noch bei Verstand war.«
    »Namakan, du …«
    Namakan legte Dalarr einen Finger auf die Lippen. »Ich liebe dich. Du bist mein Vater gewesen, und du wirst immer mein Vater sein, nicht er. Das muss dir genügen.« Er beugte sich über Dalarr hinweg und gab ihm Swiputir in die Hand. »Alles andere entscheidest du selbst.«
    »Du … hast viel von mir gelernt.« Dalarrs Augen funkelten. »Zu viel vielleicht.«
    Namakan schüttelte Arvid von sich ab und stand auf.
    »Aber, Fjarstor«, beschwerte sich der irre Greis. »Wo willst du hin?«
    Namakan schenkte Arvid einen mitleidigen Blick. »Ich bin nicht Fjarstor. Ich bin Namakan.«
    Arvid schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte hinein.
    Namakan ging auf seinen viel zu langen Beinen zu Morritbi und hob sie mit seinen viel zu langen Armen auf.
    Auf seinem Weg die Treppe im Turm hinunter – Morritbi federleicht auf den Armen – horchte Namakan in sich hinein. Es fiel ihm nicht schwer, weil durch die dicken Mauern nicht einmal mehr der leiseste Lärm erklang. Die Schlacht dort draußen war vorbei.
    Es fühlt sich nicht anders an. Ich bin, wer ich bin. Der, der ich schon immer war. Der, der gedacht hat, all die Trauer wäre fort, wenn Waldur und Arvid erst tot sind. Nun ist der eine tot und der andere es nicht wert, dass man ihn tötet, weil es keine Strafe mehr für ihn wäre. Und ist die Trauer fort? Nein, ist sie nicht. Da ist sie immer noch, diese wunde Stelle in meiner Seele. Aber es wird besser. Es muss besser werden. Ganz gleich, wie groß oder klein ich auch bin. Ob ich ein Schmied bin oder ein Prinz.
    Am Fuß der Treppe angekommen, war seine Trauer nicht gemildert, und sie wurde es auch nicht, als er sah, wer da saß, den Rücken an der Turmwand. Eine abgebrochene Lanze in der Schulter, ein Dutzend Pfeile im Leib, eine garstig klaffende Wunde von einem Schwert oder einer Axt quer über das ganze Gesicht.
    Der Durchlass war von den Leichen Erschlagener verstopft, Tristbornern wie Barbaren gleichermaßen.
    Kjell trat aus dem Schatten unter der letzten Treppenflucht hervor, das Gesicht rotgesprenkelt, sein zerbrochenes Schwert in der Hand. Tschumilal stützte sich auf ihn, und zwischen den Fingern, die die Elfentochter auf ihre linke Hüfte gepresst hielt, sprudelten kleine rote Bäche.
    »Namakan?«, fragte Kjell ungläubig.
    »Ist es nicht so, wie ich es sagte? Wie es dir Ammorna schon gesagt hat?« Tschumilal rang sich ein Lächeln ab. »Hat er uns nicht alle getäuscht?«
    Namakan legte Morritbi vorsichtig ab und trat an Eisarns

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