Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
Vom Netzwerk:
um. »Was meinst du?«
    Carda zeigte auf den Ausgang der Laube. »Dort. Ein Rascheln. Hinter diesem Strauch.«
    »Ich habe nichts gehört.«
    »Das wilde Gewächs ist stumpfsinnig«, merkte Diantis an.
    »Schau nach!«, verlangte Carda.
    Teriasch rechnete mit allem, als er auf den Strauch zuschlich, auf den Carda gedeutet hatte. Mit einem Letzten Seufzer, der eine Arkakrux im Anschlag hatte. Mit einem von Rukabos neugierigen Verwandten. Mit einem Vogel oder einer Maus. Er lugte um den Strauch herum und fand – nichts! »Hier ist niemand.«
    »Der Lauscher fürchtet wohl den scharlachroten Zorn«, sagte Diantis.
    »Und er tut gut daran«, fügte Carda hinzu.
    Diantis nahm den unterbrochenen Gesprächsfaden wieder auf, noch bevor Teriasch zurück in der Laube war. »Du sagtest, der einen Blüte würde durch die andere die Sonne genommen.«
    »Die eine will die andere verdorrt sehen«, bekräftigte Carda ihren Verdacht.
    »Der Wind ist rein. Meine Blüte will Dornen treiben sehen.«
    »Vor denen ich meine Blüte schützen muss, auch wenn es die andere Rose trifft.«
    Als Teriasch durchschaute, was die beiden Frauen da trieben, war sein guter Vorsatz vergessen. »Ihr redet über Nesca und den Pollox«, ächzte er. »Über eure Schutzbefohlenen. Wie könnt ihr das? Habt ihr ihnen nicht die Treue geschworen? Das ist Verrat!«
    »Willst du es ihm mit Worten beibringen?«, fragte Diantis kühl. »Oder soll ich es ihm mit Fäusten erklären?«
    »Unser Orden ist alt, Teriasch«, sagte Carda. »Viel älter als das Dominum. Sogar älter als die Städte, die der Subveheros zum Dominum vereinte. Für uns gelten eigene Gesetze, und sie werden noch gelten, wenn das Haus, in dem alle Häuser sind, nur noch Staub ist. Wir brechen unseren Eid nicht, wir erfüllen ihn. Wir schützen unsere Blüten. Niemand von uns fügt der Blüte des anderen Schaden zu. Doch unser Band als Schwestern gebietet uns einen ehrenhaften Umgang miteinander. Unser Orden wurde gegründet, um Leben zu bewahren, und nicht, es auszulöschen. Wir sind keine Letzten Seufzer, die für Blutgeld töten. Wir wandeln auf einem Pfad des Friedens, auch wenn wir Waffen führen. Jede Blüte, die vergeht, ist eine Blüte zu viel.«
    »Das reicht«, schnarrte Diantis. »Wenn er es jetzt nicht verstanden hat, wird er es nie verstehen.«
    »Gut.« Carda nickte. Sie straffte die Schultern. »Die eine Rose hofft, die andere hilft ihr, ihre Blüte zu bewahren.«
    Einen langen Moment herrschte Schweigen zwischen den Ordensschwestern.
    »Meine Blüte fühlt sich auf dem Grund der alten Würmer zu wohl«, sagte Diantis schließlich. »Sie lauscht den letzten Worten der ersten Zunge. Manche Rose könnte ihre Wurzeln dorthin ausstrecken, um das Wasser der Erkenntnis zu ziehen.«
    Teriasch hörte Carda scharf Atem holen. »Die eine Rose dankt der anderen.«
    »Die eine Rose nimmt den Dank der anderen an«, erwiderte Diantis. »Eine Liebe, ein Blut, ein Schmerz.«
    »Eine Liebe, ein Blut, ein Schmerz.« Carda trat aus der Laube in die Nacht hinaus.
    Teriasch sah zu Diantis.
    »Willst du ihr nicht nach?«, fragte sie ihn.
    »Liebt er sie?«, fragte Teriasch zurück. In der Dunkelheit fiel es ihm schwer zu entscheiden, ob Verwunderung oder Ungehaltenheit auf den Zügen der Frau lag. »Liebt der Pollox Nesca?«
    »Natürlich. Doch wie könnte für ihn die Liebe vor der Pflicht bestehen?«
    Diantis verließ ihn ohne jedes weitere Wort, und für Teriasch gab es nicht den geringsten Zweifel mehr, dass die Harten Menschen ihr Handeln an Geboten ausrichteten, die nur von Geistern der Grausamkeit und des Wahnsinns stammen konnten.

20

     
Der schlachtengeborene Sohn geht verloren,
in fremder Haut wächst er heran.
Mit falschem Vater kehrt er wieder,
schwarz sind die Ketten, die er sprengt.
Niederschrift einer Prophezeiung aus der Kammer des Raunenden Steins
     
    Nesca schlief noch immer, als Teriasch und Carda in ihr Schlafgemach zurückkehrten. Rukabo erstattete umgehend Bericht, er habe sich keinen Schritt von Nescas Bett entfernt und nicht einmal auf die von Carda ersonnene Ausrede zurückgreifen müssen, weil schlicht und ergreifend niemand an der Tür geklopft hatte.
    Teriasch betrachtete die schlummernde Pupula, ihr friedliches Gesicht, das leise Zucken der träumenden Augen unter den Lidern. »Kannst du sie wecken?«, fragte er Carda.
    »Ich könnte sie wecken.« Sie trat zu einem der Nachttische, goss sich einen Becher Wein ein und leerte ihn in einem Zug. »Aber wozu?«
    »Du könntest

Weitere Kostenlose Bücher