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Heldenzorn: Roman (German Edition)

Heldenzorn: Roman (German Edition)

Titel: Heldenzorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Wolf
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verständliche Nachlässigkeit, denn im Hof herrschte blankes Chaos. Die Brände hatten sich ausgebreitet, und in der kurzen Zeit, in der die Gefangenen den Wächter überwältigt hatten, war die Vorstellung hinter ihrer List Wirklichkeit geworden: Auch das Dach des Gefängnisses war nun von Pfeilen gespickt, die Feuer in die Bohlen getragen hatten. Von einem der Türme sprangen die Soldaten herab, weil auf der Treppe zu dem Bollwerk eine undurchdringliche Flammenwand emporgewachsen war, die sich bis zu seiner Spitze vorgefressen hatte. Es stellte sich heraus, dass die Knochen der Harten Menschen ebenso leicht brachen wie die aller anderen Menschen, wenn sie nur tief genug fielen und hart genug landeten. Die Löschmannschaften hatten ihre Arbeit eingestellt und nur ihre nassen, dampfenden Umhänge zurückgelassen. Amaris stand auf dem Rand des Brunnens und brüllte Durchhalteparolen. Die Rüsselschnauze rannte blind gegen das Tor an, stemmte die Stirn gegen die Barriere, die unter dem gewaltigen Druck zu bersten begann.
    »Was jetzt?«, fragte Teriasch. Er spürte den heißen Atem eines anderen Gefangenen im Nacken, hörte das ungeduldige Scharren vieler Sohlen.
    »Jetzt kämpfen wir«, erwiderte Dokescha. »Und wenn wir dabei sterben, sterben wir frei.«
    »Warte«, sagte Teriasch und zwängte sich so in den Türspalt, dass es für Dokescha kein leichtes Durchkommen gab.
    »Geh mir aus dem Weg«, verlangte Dokescha.
    »Da drüben! Am Tor!«, sagte Teriasch hastig. »Lass die Bestie erst ihre Arbeit für uns machen!«
    »Wenn wir hier drinbleiben, fällt uns das Feuer auf den Kopf.« Dokescha schob Teriasch über die Schwelle. Die Männer hinter ihnen drückten sie ganz auf den Hof hinaus.
    »Die Wilden brechen aus!«, kam es von irgendwoher.
    Das war der Augenblick, in dem die Rüsselschnauze das Tor aufsprengte. Sie presste sich zwischen den zersplitterten Resten der beiden Flügel hindurch und preschte hinaus auf die Steppe.
    »Da lang!«, rief Teriasch und wollte dem Tier schon hinterherstürmen.
    Dokescha hatte andere Pläne und zog den Stoßdolch voran in die entgegengesetzte Richtung. »Ich will die Haut von diesem Weib in meinem Zelt!«
    »Sei kein Narr«, flehte Teriasch.
    Was ihn davor bewahrte, sich Dokeschas irrwitzigem Blutdurst beugen zu müssen, war ein Pärchen aneinandergeketteter Krallendaumen, die sich über ihr weiteres Vorgehen wesentlich einiger waren. Sie humpelten zügig an ihnen vorbei auf die Kustoda zu.
    »Kommt nur, ihr Schweine!« Amaris sprang vom Brunnenrand, zog ihr Schwert und stach es dem einen Krieger in einem blitzschnellen Ausfallschritt in den Bauch. Der andere rückte unbeirrt vor, auch wenn er dadurch dafür sorgte, dass die Klinge blutverschmiert aus dem Rücken seines Freundes auftauchte. Er fasste nach Amaris’ Gesicht, doch sie nahm den Oberkörper zurück, sodass er nur die Kante ihres Brustpanzers zu greifen bekam. Amaris stolperte einen Schritt zurück, stieß mit den Kniekehlen gegen die Einfassung des Brunnens und verlor das Gleichgewicht. Sie kippte nach hinten weg, ohne dass der Krieger seinen Griff gelockert hätte. Einen Augenblick schien es, als könnte sich Amaris doch auf den Beinen halten. Dann nahm der Krallendaumen den Arm hoch, an dem der tödlich getroffene Kettenbruder hing. Das Voranwanken des Verletzten versetzte der Kustoda den entscheidenden Stoß. Alle drei – die Befehlshaberin und ihre beiden Angreifer – stürzten in einer makabren Umarmung in den Brunnen.
    »Komm!«, verlangte Teriasch. »Sie ist tot.«
    Dokescha grunzte eine Verwünschung und ließ sich endlich darauf ein, die Flucht anzutreten. Einige der anderen Gefangenen waren ihnen bereits vorausgeeilt, und als Teriasch durch das Tor trat und vielleicht zwanzig Schritte zwischen sich und die Festung gebracht hatte, sah er in der Ferne Reiter, die er schon jetzt stumm für ihren Mut pries. Junge Krieger der Milchbäuche, die den ersten Ansturm auf das unverrückbare Symbol der Harten Menschen überlebt hatten und nun auf die Flüchtenden zugeritten kamen, um sie möglichst schnell aus der Reichweite der Arkakrux zu bringen.
    »Ich habe gesagt, dass sie kommen«, keuchte Dokescha. »Und du hast mir nicht geglaubt.« Er lachte. »Schamanen …«
    Teriasch lachte mit ihm. Und selbst wenn mich jetzt noch einer dieser Bolzen trifft, die die Fremden verschießen, gehe ich gern zu meinen Ahnen. Sie sind nicht unbesiegbar. Man kann ihnen entkommen. Die Steppe gehört uns! Das Gras unter meinen

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