Heldenzorn: Roman (German Edition)
es aus der finstersten Nacht selbst gewoben. Feuerrotes Haar fiel ihr lang und glatt bis zu den Hüften. Sie blickte aus mandelförmigen Augen, die wie die einer Raubkatze waren, zu Silicis und neigte huldvoll den Kopf. Doch was Teriasch den Atem verschlug, war das helle Braun ihrer Haut, das ihm von so vielen anderen Gesichtern, die er in seinem Leben gesehen hatte, vertraut war.
Ist sie auf der Steppe geboren? Er legte Rukabo eine Hand auf die Schulter und zeigte hinauf zu der Frau. »Wer ist sie? Sie ist wundersch…«
»Schlag sie dir aus dem Kopf, du Trottel!«, giftete Rukabo. »Bevor die dich ranlässt, wächst mir ein zweites Paar Nüsse.«
»Wer ist das?«, wiederholte Teriasch seine Frage.
»Was weiß denn ich? Irgendeins von den verzogenen Blagen des Dominex, schätze ich mal.« Er trat Teriasch auf den Fuß. »Sieh zu, dass dein Blut da bleibt, wo es uns was nützt!«
Die kleine Auseinandersetzung zwischen Häuptling und Pferd war nicht unbemerkt geblieben. Sie ernteten Gelächter und aufmunternde Zurufe, ihren Streit fortzusetzen.
»Liebe Freunde, liebe Freunde«, griff Silicis ein. »Verteilt eure Zuneigung nicht zu früh. Noch wisst ihr doch gar nicht, wer den Wilden und sein stattliches Schlachtross zur Strecke bringen soll. Wem wird die Ehre zuteilwerden, es unserem Pollox gleichzutun und die Steppe zum Erzittern zu bringen?« Er legte eine dramatische Pause ein. »Nicht ohne Stolz präsentiere ich euch einen der besten – ach, was sage ich! – den besten Kämpfer, den die Akademia Arma in ihrem letzten Jahrgang hervorgebracht hat. Begrüßt mit mir den jüngsten Helden unseres Heeres: Demeto Karis!«
Zwei Männer im hinteren Bereich der Plattform schlugen mit gepolsterten Klöppeln auf einen gewaltigen Gong, während vier andere in metallene Rohre hineinbliesen, um Laute zu erzeugen, die denen der Rüsselschnauzen ähnelten.
Jubel brandete auf, und unterhalb der Plattform öffnete sich ein Tor. Der Mann, der daraus hervortrat, hatte aufgrund seiner Rüstung große Ähnlichkeit mit einem der Krebse, die Teriasch mit Pukemasu einmal im Spiegelsee gefangen hatte. Wie der Panzer dieser Tiere war auch seiner rotgolden und von garstigen Stacheln überzogen. Wo aber die Krebse ihre Scheren gehabt hatten, führte Demeto Karis zwei Langschwerter, deren Klingen so breit wie Teriaschs Hand waren. Man brauchte eine unvorstellbare Kraft, um diese Waffen zu führen und eine solch schwere Rüstung zu tragen, die einen von Kopf bis Fuß in Stahl hüllte. Doch Demeto Karis war alles andere als ein Kümmerling. Jetzt weiß ich ungefähr, wie sich Rukabo neben mir fühlen muss …
»Nur ein schäbiger Gegner?« Rukabos Stimme überschlug sich vor Empörung. »Was für eine Beleidigung für den Kater von Kalvakorum! Komm!«
Rukabo spurtete los, mitten ins Gras hinein, aus dem sofort nur noch der Pferdekopf hervorwippte.
Teriasch packte unschlüssig seine Keule fester. Wo will er hin?
Der Pferdekopf drehte sich in seine Richtung. »Wartest du auf jemanden?«
Demeto Karis genoss derweil die lautstarke Begeisterung, mit der ihn das Publikum empfing. Er hob die Schwerter und vollführte mehrere Drehungen, während er ins Zentrum der Arena voranstapfte und eine breite Schneise ins Gras zog.
Teriaschs Beine waren schwer vor Furcht. Er wusste, was von ihm erwartet wurde und dass der Kampf ein ungleicher werden würde, doch wenn er schon heute zu seinen Ahnen ging, dann wollte er es wenigstens nicht wie ein Narr tun. »Warum laufen wir zu ihm?«, rief er Rukabo zu. »Wäre es nicht besser, wenn er uns erst hetzen muss, bevor er uns stellt? Vielleicht wird er müde davon.«
»Der Kater von Kalvakorum ist noch nie vor irgendjemandem davongelaufen.« Die Stimme des Halblings sprühte vor Eifer. »Bleib nur dicht hinter mir, dann kann dir nichts geschehen.«
»Aber du hast nicht einmal eine Waffe!«
»Stimmt!« Rukabo reckte die Hufe. »Die hier bringen mich nicht weiter. Ich brauche Krallen, und ich werde Krallen kriegen!«
Er ist verrückt! Teriasch folgte Rukabo weiter, obwohl ihm ein schrecklicher Verdacht kam. Was, wenn er nur nicht lange leiden will? Was, wenn er sich freiwillig in das Schwert dieses Krebskriegers stürzen möchte, damit seine Angst ein Ende hat?
Erste Zurufe aus dem Publikum – darunter auch einige ungläubige – wiesen Demeto Karis darauf hin, dass sich ihm seine Gegner näherten. Er breitete die Arme aus und winkte mit den Klingen, als wollte er das Pferd und den Häuptling
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