Heldenzorn: Roman (German Edition)
Ledersäckchen weckte immerhin so viel von Kaupodors Interesse, dass der Händler eine Augenbraue hob. »Wenn du mir wieder Blech andrehen willst, lass ich dir von Perka und Asper die Nüsse pflücken, klar?«
Die Mietwächter grinsten voller Vorfreude.
»Ich bitte dich«, entrüstete sich Rukabo. »Das war nur ein einziges Mal und ein aufrichtiges Versehen.« Er schnürte die Börse auf und warf dem Händler eine Münze zu. »Hier. Überzeug dich selbst.«
Während Kaupodor den Rota penibel wog, sah sich Teriasch um. Drei Läden weiter wurde Schmuck angeboten, mit dem gut betuchte Probaskabesitzer ihre Tiere ausstaffieren konnten. Vor dem Laden war eine junge Rüsselschnauze von der Größe eines ausgewachsenen Pferdes an einen Pflock gekettet, die man gut und gerne für ein überreich verziertes Standbild hätte halten können. Über die flach gefeilten Spitzen seiner kurzen Stoßzähne hatte man ihm silberne Kugeln gestülpt, der Rüssel war bis hinunter zu den beiden Greiffingerchen von einem Netz aus roten Fäden und glitzernden Steinen bedeckt, um die Füße waren Bänder mit golddurchwirkten Troddeln und Fransen gebunden, der Rücken und die Flanken waren unter einem kunstvoll mit Ranken bemalten Tuch verborgen, und am Schwanz hing ein Glöckchen aus hellgrünem Glas. Das Tier sah alles andere als glücklich aus. Traurig erwiderte es aus einem seiner großen Augen Teriaschs Blick. Die Harten Menschen haben diesem armen Ding das Gleiche angetan, was Silicis in der Arena mit mir angestellt hat. Sie machen etwas aus ihm, was es gar nicht ist. Teriaschs Zorn meldete sich zurück, heimlich und verstohlen, weil er ihn so lange nur noch in seinen düsteren Träumen vom Wurm der alles umschlingenden Liebe zugelassen hatte. Doch er war beileibe auch in der wachen Welt nicht ausgelöscht, auch wenn Teriasch ihn jetzt eher als schwaches Prickeln denn als heißes Brennen in sich spürte.
»Zufrieden?« Rukabos triumphierender Ton lenkte Teriaschs Aufmerksamkeit zurück auf den Handel, der sie zu Kaupodors Laden geführt hatte. »Oder willst du alle Münzen prüfen, du misstrauisches Stück Dung?«
»Was willst du?«, blaffte Kaupodor.
»Einen Beutel deiner schlechtesten Perlen.« Rukabo keckerte vergnügt. »Ja, du hast schon richtig gehört. Sie kommen eh in Essig, da müssen sie nicht schön sein.«
»Fünfzehn Rota.« Der Preis schoss so schnell aus Kaupodors Mund wie ein Bolzen aus einer Arkakrux.
»Fünfzehn?« Rukabo krallte die Hand in seine Tunika, als wäre ihm das Herz stehen geblieben. »Willst du dafür sorgen, dass mein Besitzer mich nur noch Sand fressen lässt? Ich habe ein Kampfgewicht zu halten, du Trottel. Acht Rota kannst du haben, du Halsabschneider. Und keinen einzigen Radius mehr!«
»Acht?« Kaupodor begann sich zu winden, als würden ihm die Nähte seines feinen Hemds die Haut durchbohren. »Ich habe eine kranke Mutter, du herzloses Ungeheuer. Aber wenn dir ihr Leiden am haarigen Hintern vorbeigeht, bitte sehr. Dann sage ich dreizehn und kaufe eben keine Salbe für ihre Geschwüre.«
»Deine Mutter ist tot, du Hund«, keifte Rukabo. »Ich war es doch, der dir damals eine Alchimistin gesucht hat, an die du ihre Leiche verhökern konntest. Aber gut, sagen wir neun, damit du dir ein Büchlein für deine Lügen besorgen kannst, damit du sie in Zukunft nicht mehr so oft durcheinanderbringst.«
»Neun?« Kaupodor lachte verächtlich. »Für neun Rota kannst du von mir höchstens einen Sack braune Perlen kriegen, die ich mir für dich persönlich aus der Ritze kratze!«
Teriasch beobachtete die laufenden Verhandlungen mit schwindender Anteilnahme. Das sieht aus, als könnte das noch eine ganze Weile so weitergehen. Er schaute noch einmal hinüber zu der mit Schmuck behängten Rüsselschnauze.
Zwei Kinder näherten sich dem Tier, ein Junge und ein Mädchen, dem schwarz gelockten Haar und dem wieselhaften Gesichtsschnitt nach zu urteilen Geschwister, von denen das Mädchen das ältere war. Sie schlichen seitlich an das Probaska heran, das Mädchen die Arme hinter dem Rücken, der Junge die Hände auf den Mund gepresst, ohne dass es ihm damit gelang, ein kieksendes Lachen zu unterdrücken. »Mach doch, mach doch«, forderte er seine Schwester auf, als sie noch etwa fünf Schritte von der Rüsselschnauze entfernt waren.
Glucksend warf das Mädchen dem Probaska eine tote Ratte vor die Füße. An den nackten Schwanz der Nagerleiche war ein Faden gebunden, den das Mädchen in der geballten Faust
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