Heldenzorn: Roman (German Edition)
machen einem ordentlich Feuer in der Hose, und bei schwarz und weiß würde nur ein Stein nicht das Heulen kriegen. Man kann richtig süchtig danach werden.«
Kaum hatte er das gesagt, fand er offenbar eine andere Zerstreuung verheißungsvoller. Er steuerte auf ein Rauchhaus zu.
»Moment!« Rukabo blieb wie angewurzelt stehen und blockierte mit seinem rechten Arm Teriasch den Weg. »Was haben wir denn da?«
Teriasch folgte den Blicken des Halblings. In einer dunklen Gasse neben dem Rauchhaus erspähte er zwei Menschen, die in ein hitziges Wortgefecht verwickelt waren. Eine kahl rasierte Frau in einem ärmellosen, knielangen Mantel aus schwarzem Echsenleder, dessen Nähte von Pailletten aus Rubinen kaschiert waren, redete heftig auf eine wesentlich kleinere Person ein, die trotz der Hitze dick in einen braunen Kapuzenmantel vermummt war. Vor Mund und Nase hatte sie sich ein Tuch gebunden, wie wenn sie sich vor den aufdringlichen Gerüchen des Viertels schützen wollte.
»Wo immer man auch schreit und zankt, sich bald ein schlauer Dieb bedankt«, murmelte Rukabo und vollzog eine erstaunliche Verwandlung, als er sich den beiden Streithähnen näherte. Er torkelte und schwankte ungelenk und drohte mehrfach über die eigenen Füße zu stolpern. Er ruderte schwach mit den Armen, ließ mal sein linkes, dann sein rechtes Augenlid hängen und gab ein schräges Krächzen von sich, das nur mit viel gutem Willen als Lied durchging. Soweit Teriasch das feuchte Lallen richtig verstand, handelte es von einer Katze, die einfach nicht auf dem Schoß eines Mannes stillsitzen wollte, um dessen Streicheln zu erdulden.
Wie auch immer Rukabos weiterer Plan ausgesehen haben mochte, er ging nicht auf. In dem Augenblick, da ihn die Kahlköpfige bemerkte, stellte sie ihr Gezeter ein und stellte sich schützend vor den Vermummten. »Wenn dir was an deinen fetten Fingern liegt, du haariger Wicht, dann behältst du sie besser bei dir und siehst zu, dass du Land gewinnst, klar?«, herrschte sie Rukabo an.
»Was? Wie? Isch?« Rukabo fiel nicht aus der Rolle, als hätte er die Hoffnung, sein neu gewonnenes kleines Vermögen zu vergrößern, noch nicht ganz aufgegeben. »Weischt du, wo hihier eine Lalatrine is’? Der leletzte Schlalauch Wein war schlescht.«
»Abmarsch, hab ich gesagt!«
Die ersten Passanten wurden von der putzigen Szene angezogen, nahmen aber nach einem wenig freundlichen »Das gilt auch für euch, ihr Dreckspack!« der Kahlköpfigen sogleich wieder Abstand und schlenderten weiter.
Ich würde mich nicht mit ihr anlegen. Nicht bei den sehnigen Armen und der Laune. Teriasch beschloss, seinen Freund aus der misslichen Lage zu retten, und eilte auf die Gasse zu. »He, Rukabo, hör sofort auf, diese Leute zu belästigen!«
»Und da kommt auch schon der Kumpan, der für die zweite Ablenkung sorgen soll, falls die erste scheitert!«, höhnte die Kahlköpfige. »Wann begegne ich endlich einmal Dieben, die nicht auf Schläge aus sind?«
»Wir sind keine Diebe«, sagte Teriasch schnell und hob die Hände. »Er ist nur betrunken.«
»Warum rieche ich dann keinen Fusel an ihm? Wenn der da betrunken ist«, sagte die Frau abschätzig, »bin ich eine Hure.«
»Was verlalalangst du denn so, mein Schaschatz?«, lallte Rukabo.
»Jetzt reicht’s!« Die rechte Hand der Kahlköpfigen huschte unter ihren Mantel.
»Halt, Carda!« Der Vermummte hatte eine ungewöhnlich helle, aber keineswegs unangenehme Stimme, auch wenn sie ein wenig heiser klang. »Siehst du denn nicht, wer die beiden sind?« Er fasste die Kahlköpfige am Arm und zog sie drei, vier Schritte tiefer in die schattige Gasse hinein. »Das sind der Häuptling und sein Pferd.«
»Hörst du das?« Rukabo richtete sich kerzengerade auf und grinste Teriasch an. »Ich hab’s dir doch gesagt. Wir sind berühmt.«
»Ich will ihn mir ansehen«, kam es aus der Gasse von dem Vermummten.
»Das kann ich leider nicht zulassen«, knurrte Carda, die die Hand noch immer nicht wieder unter dem Mantel hervorgenommen hatte.
»Und wenn ich es befehle?«, fragte der Vermummte.
»Wie Ihr meint.« Carda gab sich geschlagen, doch ihr Gesicht blieb eine Maske entnervten Misstrauens. »Gut, ihr zwei. Dann kommt mal her.«
»Was wollt ihr von uns?«, fragte Teriasch, der einen beunruhigenden Gedanken gefasst hatte. Könnte es sein, dass wir gerade dabei sind, selbst auf ein Paar Diebe hereinzufallen? Ich habe nicht erst vorhin einen Turm ins Wanken gebracht, der angeblich für die Ewigkeit
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