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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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bemerkte Bowry.
    »Ich hasse die Bluthorde«, sagte Seska. »Schwerelosigkeit ist nur ein Ärgernis.«
    Sie durchquerten die zweite Sicherheitsluke und erreichten eine lange dunkle Röhre, die nur vom unheimlichen
    purpurfarbenen und grünen Leuchten der Wachstumstanks
    erhellt wurde. Sie schien sich endlos dahinzuziehen und in der Ferne in einem dunklen Punkt zusammenzulaufen. Hier spürte Esmay nicht den leisesten Hauch von Anziehungskraft
    irgendeiner Masse. Ihr Magen rutschte schmierig den Hals hinauf, wenn sie sich in eine Richtung wandte, und wieder das Rückgrat herunter, wenn sie sich in die andere drehte. Sie versuchte sich auf die Umgebung zu konzentrieren. An einer Seite der Röhre führte ein schmaler Laufsteg mit einem
    Geländer darüber entlang.
    »Erinnern Sie mich daran, was passiert, falls wir die wachsenden Kristallfasern stören«, sagte Seska.
    »Sie zersplittern und durchbohren uns mit Scherben«, sagte Bowry.
    »Also stören wir sie nicht«, folgerte Seska. »Minimale Vibrationen, minimale Temperaturschwankungen – wir gleiten am Geländer entlang. Nicht mit den Gliedmaßen rudern und nicht 497
    hinzusehen versuchen. Ganz entspannt… so wie ich.« Esmay sah zu, wie er mit den Fingern im Handschuh einen Ring um das Geländer bildete und sich von der Sicherheitsluke abstieß. Er glitt davon … immer weiter … und verschwand im Dunkeln.
    Esmay fiel auf, dass er sich präzise in die gewünschte
    Bewegungsachse abgestoßen hatte; die Beine zog er einfach hinter sich her.
    »Ich hoffe, wir finden einen Winkelträger am Ende dieses Dings vor«, sagte Frees und folgte seinem Beispiel.
    »Lieutenant, jetzt bin ich damit an der Reihe, die Nachhut zu bilden«, sagte Bowry. Esmay griff mit dem Handschuh ums
    Geländer, lockerte dann den Griff und stieß sich ab. Es war ein seltsames Gefühl. Sie glitt mühelos dahin, als bewegte sich das Geländer selbst, und sie konnte nichts weiter sehen als die schwache Spiegelung des grünlich-purpurnen Leuchtens auf dem Schott sowie einen langen undeutlichen Eindruck, der keine Farbe aufwies.
    Als Esmay langsamer wurde, bemerkte sie es im ersten
    Augenblick nicht. Dann wurde der verschwommene Eindruck
    stabiler … sie hielt ihn gar für bewegungslos. Was jetzt? Falls sie zu heftig herumschwenkte, knallte sie womöglich ans Schott und störte die Fasern. Sie bewegte sich ganz langsam, hob die andere Hand, um sich zu stabilisieren, drehte sich dann um und blickte den Weg zurück, den sie gekommen war. In jetzt großer Entfernung sah sie die kleine Ballung von Lichtern vor der Sicherheitsluke. Im Mittelgrund … bewegte sich etwas auf sie zu, glitt am Geländer entlang … zu schnell jedoch. Falls Bowry auf sie prallte, warf sie das beide ans Schott, falls nichts Schlimmeres geschah. Esmay packte das Geländer und zog sich Hand über Hand weiter daran entlang.
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    Sie konnte nicht gleichzeitig hinsehen und sich fortbewegen, jedenfalls nicht, ohne sich umzudrehen. Und sie wollte auch nicht zu schnell machen; sie wusste ja nicht, wie weit der Weg noch war. Von Zeit zu Zeit blickte sie kurz auf und passte ihre Geschwindigkeit an die Bowrys an … Während er langsamer
    wurde, tat sie das Gleiche. Irgendwo vor ihr waren die anderen; sie wollte nicht einfach in sie hineinknallen.
    »Jetzt langsamer«, hörte sie. Sie hoffte, dass Bowry es auch gehört hatte; sie sah jedoch nicht hin, sondern bremste sich einfach mit dem Arm ab. Ihre Beine brachen seitlich aus, aber sie schaffte es, den Oberkörper steif zu halten, sodass sie nicht das Schott berührten.
    Als sie sich umdrehte, sah sie das schmal auslaufende, abgerundete Ende der Herstellungsanlage vor sich und auch die große runde Schleuse, die es ermöglichte, die fertigen Produkte herauszuholen. Seitlich davon lag eine kleinere
    Personenschleuse. Warum hatte man überhaupt Schleusen an diesem Ende, wo doch der ganze Sinn der Herstellungsanlage für Spezialstoffe in ihrem totalen Vakuum und der
    Schwerelosigkeit lag? Die Antwort fiel Esmay jedoch fast so schnell ein wie die Frage. Natürlich wollte man nicht, dass der ganze Weltraumschutt in die Anlage geriet.
    Die Personenschleuse wurde manuell bedient; es handelte
    sich um einen schlichten Lukengriff, für dessen Drehung man nur Kraft aufwenden musste. Dann waren sie draußen und
    hielten sich an den Griffen und Schlaufen fest, die nach Esmays Geschmack dem Begriff »Sicherheitseinrichtungen« nicht
    gerecht wurden. Daneben fanden sie eine Reihe

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