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Heldin wider Willen

Heldin wider Willen

Titel: Heldin wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Moon
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Schulungsplatz; ein gelangweilter Brauner hatte das Kinn auf dem Zaun liegen, wo man ihn angebunden hatte. Ein Geländesattel, die Regenjacke ordentlich hinter der Hinterpausche festgeschnallt,
    Satteltaschen, Wasserflasche … Ihr Vater musste auch dafür genaue Anweisungen gegeben haben. Sie hätte sich das Brot für unterwegs gar nicht nehmen müssen. Ein spezieller Zaum, der leicht zu öffnen war, damit das Pferd grasen konnte, dazu eine lange Führungsleine, mit der das Pferd an den festmontierten Schlaufen des Zauns angebunden war.
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    Der Stallknecht verschränkte die Hände für Esmay, und sie stieg auf; er löste die Führungsleine und reichte ihr das Ende, damit sie es durch den Sattelring stecken konnte. »Er ist gut, aber nicht allzu schnell«, sagte er und öffnete das Tor, das zu den höher gelegenen Weiden führte.
    Esmay lenkte das Pferd auf den Weg, der sie nach etlichen Stunden ins Tal führen würde. Schließlich entspannte sich ihr steifer Körper in den Rhythmus des Tieres hinein, und sie überwand sich dazu, der Landschaft einen Blick zu gönnen. Das Morgenlicht erhellte die Winkel im Gebirge rechts von ihr und strömte über die riesige, sanft gewellte Weidelandschaft hinweg, die sich vom Fuß des Gebirges aus so weit nach Osten
    erstreckte, wie sie blicken konnte.
    Sie wusste noch, wie sie als Kind auf diesem Weg ausgeritten war. Sie hatte immer tief Luft geholt, als es zum Tor hinausging, weil es Freiheit bedeutete. Tausende Hektar, Dutzende Pfade, versteckte Waldniederungen selbst in dieser offenen
    Weidelandschaft und der ganze komplexe Aufbau des Gebirges
    … Niemand konnte sie mehr finden, sobald sie erst mal außer Sicht des Hauses war. Zumindest hatte sie das gedacht.
    Sie nahm den tiefen Atemzug, und er blieb ihr im Hals
    stecken. Zorn hockte auf einer Schulter und Trauer auf der anderen; der Gestank der alten Lügen füllte ihre Nase, und sie konnte an nichts anderes denken. Sie hatte die eigentliche Schandtat überlebt… Sie hatte dank Seb Coron den
    Vergewaltiger überlebt. Sie war jedoch nicht über die Nachwirkungen hinaus – die schlimmsten aller Nachwirkungen, die Lügen.
    Das Pferd zog im Passgang seine Bahn und trug Esmay mit, wie die Zeit es tat, ein bloßes Vorbeiziehen ohne Veränderung 164
    … ohne die richtige Veränderung … ohne zu heilen. Sie konnte für immer weiterreiten, und es würde nicht helfen.
    Das Pferd wurde langsamer, und sie blickte auf und stellte fest, dass sie eine Weggabelung erreicht hatten; mit den Beinen lenkte sie das Tier nach rechts.
    Nichts würde helfen. Nichts konnte helfen. Zumindest nichts auf Altiplano.
    An der zweiten Weggabelung wandte sie sich wieder nach
    rechts. Es war dumm, das Tal zu besuchen, wenn sie in solcher Stimmung war, und doch hatte es ihr früher auch geholfen. Zu anderen schlimmen Zeiten in ihrem Leben hatte sie es
    aufgesucht und dort Frieden gefunden, zumindest für eine Zeit lang. Sie ritt weiter, sah wenig, hörte wenig. Es tat so weh. Es tat weh über den Punkt hinaus, an dem sie es überhaupt noch spürte, bis zu dem Punkt, wo sich der Schmerz in weißen Nebel verwandelte, wie es auch der körperliche Schmerz damals getan hatte.
    Sie stritt mit sich selbst, denn ein Teil von ihr verteidigte sogar jetzt noch die Familie. Es stimmte nicht, dass die Familie nichts unternommen hatte; schließlich war der Mann tot. Aber das war Seb Coron gewesen, der es für ihren Vater tat, nicht ihr Vater, der es für sie tat. Und was, wenn Coron in diesem Punkt gelogen hatte? Es traf nicht zu, dass es ihrem Vater gleichgültig gewesen war; er hatte getan, wovon er glaubte, es würde helfen.
    Aber es hat nicht geholfen, und er hat es sich nicht anders überlegt. Er, dessen Regel sonst lautete: »Wenn etwas nicht funktioniert, probiere etwas anderes.«
    Sie ritt jetzt am Bach entlang, aber das Rauschen seiner Frühlingsfluten empfand sie nur als ärgerliches Getöse. Es war 165
    zu laut. Im Schatten der Bäume war ihr kalt; in der Sonne fühlte sie sich, als würde sie versengt. Das Pferd seufzte und zog ein wenig in Richtung Wasser. Sie hielt es an, stieg ab, wobei sie jeden steifen Muskel einzeln spürte, und ließ es trinken. Es legte die Lippen aufs Wasser und saugte es ein; Esmay sah richtig, wie die Schlucke seine Speiseröhre hinaufliefen. Sie wartete, bis es fertig war, bis es den Kopf hob, sie ansah und dann
    davonstreunen wollte, um sich über ein paar Krappenzweige herzumachen. Sie wollte nicht wieder aufsteigen, aber es

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