Heldin wider Willen
aber darüber klar, dass es sinnlos gewesen wäre.
Falls Hakin ernsthaft glaubte, Serrano hätte »einen
Schlamassel« angerichtet, indem sie Verräter entlarvte und die Familias vor einer Invasion schützte, konnte sie ihn auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Sie konnte nur den eigenen Ruf ruinieren.
»Nicht, dass sie keine brillante Kommandantin wäre«, fuhr Hakin fort, als hätte sie etwas gesagt. »Ich schätze, die Flotte kann sich glücklich schätzen, dass sie wieder im aktiven Dienst ist… falls es tatsächlich zum Krieg kommt.« Er sah Esmay wieder an. »Man hat mir berichtet, Admiral Vida Serrano wäre mit Ihnen zufrieden … Ich schätze, das ist auch kein Wunder, da Sie ihrer Nichte den Hals gerettet haben.«
Auch darauf gab es keine Antwort. Esmay wünschte sich,
dass er endlich zur Sache kam, falls es nicht nur darum ging, sie zu sticheln und zu irgendeiner Reaktion zu provozieren.
»Ich hoffe, dass Ihnen die ganze Aufmerksamkeit nicht zu Kopf gestiegen ist, Lieutenant. Und ich hoffe auch nicht, dass Sie eine Art psychologisches Trauma vom Stress des
Kriegsgerichtsverfahrens zurückbehalten haben, was, wie man mich vorgewarnt hat, manchmal der Fall ist, selbst nach einem 210
Freispruch.« Nach seinem Gesicht zu urteilen, erwartete er diesmal eine Antwort.
»Nein, Sir«, sagte Esmay.
»Gut. Ich bin sicher, Ihnen ist klar, dass wir zurzeit eine Krise sowohl der Flotte wie der Familias insgesamt erleben. Niemand weiß so recht, was er erwarten soll… Außer dass ich auf diesem Schiff von jedem erwarte, dass er seine Pflicht tut. Ist das klar?«
»Ja, Sir.«
»Sehr gut, Lieutenant; ich sehe Sie von Zeit zu Zeit, wenn uns der Dienstplan in der Messe zusammenführt.« Er entließ sie mit einem Nicken, und Esmay ging hinaus und bemühte sich, einen Groll zu unterdrücken, von dem sie genau wusste, dass er ihr nicht helfen würde. Niemand hielt in irgendeinem Dienst lange durch, wenn er eine »Warum ich?« – Einstellung mit sich herumtrug. Sie hatte keine Schuld an den Dingen, die man ihr vorhielt, aber was war daran neu? In der Geschichte des
Universums, so hatte Papa Stefan sie alle gelehrt, war das Leben häufiger unfair als fair… Im Leben ging es nicht um Fairness.
Worum es im Leben ging, das hatte für mehr als nur einen Abend hitzige Debatten hervorgerufen … Esmay versuchte,
nicht mehr als nötig darüber nachzudenken.
Sie reichte dem Sekretär im Vorzimmer ihren Befehlschip.
»Welche Aufgaben werden mir übertragen? Wissen Sie das?«
Er warf einen kurzen Blick auf den Chip und schüttelte den Kopf. »Das ist der 14. Schwere Wartungsverband, Lieutenant: Admiral Dossignals Kommandobereich. Sie werden sich in
seiner Verwaltung melden müssen … Hier …« Er skizzierte den Weg auf ihrem Compad. »Gehen Sie einfach immer weiter im 211
Uhrzeigersinn um den Kern herum, und Sie finden die Sektion am Fuß von T-3.«
»Liegt die Brücke auf diesem Deck?«, fragte Esmay und
deutete auf die in einem Farbcode gehaltenen Decksfliesen.
»Nein, Sir. Die Brücke liegt auf Deck 17; das Schiff ist zu groß für die üblichen Farbcodes. Wir haben zwar ein System, aber es entspricht nicht dem Standard. Wir nennen das hier das Kommandodeck, weil hier die Führungseinheiten aller
Befehlsbereiche ihre Büros haben. Der Grund dafür besteht aber eigentlich nur in der Bequemlichkeit; die Transitzeiten sind kurz gehalten.« Esmay konnte sich vorstellen, dass auf einem Schiff dieser Größe jede von Hand überbrachte Meldung eine Weile brauchte, um ihr Ziel zu erreichen. Sie war noch nie auf einem Schiff gewesen, auf dem Kommandantenbüro und Brücke nicht in unmittelbarer Nachbarschaft lagen.
Auf ihrem Weg um den Kern herum kam sie an einem
weiteren eindeutigen Kommandobüro vorbei, gekennzeichnet mit einem adretten Schild, dem sie entnehmen konnte, dass hier das Ausbildungskommando von Sektor 14 unter Admiral
Livadhi logierte. Unter diesem Schild fand sie weitere:
VERWALTUNGSBÜRO TECHNISCHE FÜHRUNGSSCHULE, AUFSICHTTECHNISCHE FÜHRUNGSSCHULE,
UNTERSTÜTZUNGSSYSTEME. Esmay ging weiter, vorbei
an einem Flügel, der mit T-2 gekennzeichnet war. Dort würde sie wohnen, aber sie hatte jetzt nicht die Zeit, ihn zu erkunden.
Immer weiter ging es … Und dort erblickte sie vor sich ein großes Banner, das verkündete: Vierzehnter Schwerer
Wartungsverband: Der Schrott wird wieder auferstehen.
Darunter wiesen kleinere Schilder dem Nichteingeweihten den Weg zu den Verwaltungsbüros. Dort schickte
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