Heldin wider Willen
würde«, sagte sie und beugte sich etwas vor. »Offen gesagt, nachdem ich unter beiden gedient habe …« Sie hatte nur ganz indirekt und kurz unter Admiral Serrano gedient, aber jetzt war nicht die passende Gelegenheit, um in diesem Punkt präzise zu sein. »Das heißt, unter Admiral Vida Serrano und Commander Heris Serrano …«
Womit sie alle daran erinnerte, dass eine Aufzählung aller Admirals und Commander mit dem Namen Serrano eine
ansehnliche Latte ergäbe. »Ich fand sie ziemlich verschieden.
Und nicht der ganze Unterschied war rangbedingt.« Sollten sie daraus schlau werden.
»Aber ist Commander Serrano – also Heris Serrano – nicht die Nichte des Admirals?«
Esmay gestattete sich, über diesen erschreckenden Mangel an Manieren die Brauen hochzuziehen. »Was genau möchten Sie damit andeuten?«
»Na ja… Wissen Sie, die halten doch alle zusammen. Ich
meine, wenn man so nahe verwandt ist…«
Esmay hatte sich nie vorstellen können, solche Vorurteile bei irgendjemandem anzutreffen, abgesehen bei Außenseitern wie ihr selbst, Leuten, die sich von irgendeinem Planeten aus verpflichtet hatten. Die Serranos waren alter Flottenadel, ihnen 232
gehörte eine der vierzehn privaten Streitkräfte, die sich zum Regulär Space Service der Regierenden Familias
zusammengeschlossen hatten. Bei all der heißen Wut, die
Esmay jetzt empfand, reagierte ihr Verstand doch messerscharf und stellte Verbindungen her zwischen Bemerkungen, die sie vor Monaten gehört hatte, sogar vor Jahren, bis zurück zum zweiten Semester auf der Flottenvorbereitungsschule. Sie hatte sich bislang nie darum geschert und solche Äußerungen als Ausdruck von Groll oder Neid oder augenblicklicher
Verärgerung gedeutet. Falls diese Leute es ernst gemeint hatten
… Falls es ernsthafte Ressentiments gegen die Serranos gab –
und möglicherweise auch gegen einige andere der Ersten Vierzehn –, dann sollte es jemand wissen. Esmay selbst sollte es wissen, und sie sollte nicht die Beherrschung verlieren und diesem dreisten Jüngling das Gesicht in die Suppe tauchen.
Ihr Temperament bockte wie ein unerfahrenes Hengstfohlen in der Ausbildung, und sie ritt es zu und hoffte dabei, dass die Augen nicht verrieten, wie schwer es ihr fiel.
»Ich denke, mit etwas mehr Erfahrung würden Sie so etwas weder denken noch sagen, Jig Callison«, sagte Esmay im
mildesten Ton, den sie aufbringen konnte. Callison senkte den Blick. Jemand kicherte; sie konnte nicht erkennen, wer.
Natürlich erstarb die Konversation jetzt, und Esmay tat so, als würde sie den Rest ihrer Speisen verzehren. Als der
Seniorlieutenant an sein Glas tippte, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen, empfand Esmay mehr Erleichterung als Neugier. Es fiel ihr schwer, sich auf die Bekanntgabe des Dienstplans zu konzentrieren, und verpasste beinahe, wie sie selbst vorgestellt wurde. Sie stand auf, war gedanklich aus dem 233
Gleichgewicht und nickte den Gesichtern zu, die ihr nur als verschwommene bleiche und dunkle Flecken erschienen.
Nach dem Essen suchte sie ihr Quartier auf, so schnell sie konnte. Sie ärgerte sich über die eigene gereizte Reaktion darauf, dass jemand den Namen Serrano erwähnt hatte. Und warum war sie jetzt so unkonzentriert? Normalerweise konnte sie sich neue Gesichter ohne große Probleme einprägen.
Als sie darüber nachdachte, wurde ihr klar, dass sie tat-sächlich seit etwa dreißig Standardstunden nicht mehr geschlafen hatte. Das Transportschiff war einem eigenen Zeitplan gefolgt, im Vergleich zur Koskiusko um anderthalb volle Schichten verschoben. Die Zeitverschiebung beim Umsteigen
… Zum Glück hatte sie damit nie viel Probleme gehabt. Eine Nacht durchzuschlafen, das schien ihre innere Uhr immer
wieder ins Gleichgewicht zu bringen, aber derzeit sehnte sie sich sehr dringend nach diesem Schlaf.
Bislang stand sie nicht auf dem Wachdienstplan, also stellte sie den Wecker so ein, dass sie zehn Stunden schlafen konnte.
Die Kabinenwände blockierten die meisten Geräusche … Sie konnte entfernt die dumpfen Bässe aus irgendeinem
Musikwürfel hören, dumm-da-dumm-dumm, immer wieder. Es
gefiel ihr nicht, würde sie aber auch nicht wach halten. Sie schaltete die Statustafel ab und streckte sich in der Koje aus. Sie fand gerade noch Zeit, sich zu fragen, ob sie wohl Albträume haben würde, da schlief sie schon ein.
Neben ihr beugte sich Peli vor, um eine Rauchgranate in den Durchgang zu werfen. Eine blaue Linie zuckte unmittelbar über seinem
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