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HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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meines nicht in einen konkreten Anspruch zu übersetzenden Begehrens lag.
    Es funktioniert nicht. Es funktioniert auch nicht, aus dem Fenster zu sehen. Es funktioniert nicht, sich vorzustellen, dass man am späten Nachmittag bekifft auf einem Motorroller durch das Erdgeschoss der Galeria Kaufhof fahren und das weiche Goldblitzen der Uhrenkästen als adäquaten Ersatz für all das einordnen wird, dessen man innerhalb der letzten zwei Jahre beraubt wurde: Träume,Verlangen, Sexualität, Glaube. Unterwelt in einem Land, das menstruiert, Tag für Tag erneut zu Scheiße wird und mit seiner unaufhaltsamen Fäulnis all die aus Phantasien zusammengesetzten Existenzen ins Verderben stürzt: Sie sterben.
    Sie spielen, essen, ficken, schlafen, wachen auf, sind nicht zu Hause, wenn das Gas abgelesen werden soll, bestellen Sitzbälle, um ihre Rückenmuskulaturen zu stärken, laden kostenlos die Diskographie von Iggy Pop aus dem Internet, haben eine Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin absolviert, entscheiden sich falsch, buchen einen Pauschalurlaub, verbringen ein Austauschjahr bei Mormonen in Las Vegas, dekorieren ihre Wohnung jahreszeitengemäß, legen sich einen Vierbeiner zu, dessen Exkremente zuerst in einer Plastiktüte verstaut und danach entsorgt werden müssen, trennen sich voneinander, nennen ihre Schülerband »Eva Herman Enterprise«, werden Großeltern, sind beeindruckt, haben unreine Haut, werden erstochen, verlieren bei einem Autounfall ihr linkes Bein, kaufen Buttermilch, antworten »Arschloch« auf die Frage nach ihrem Sternzeichen, erstellen die Internetseite www.live-vergewaltigungen.de und fragen sich seit Jahren, aus welchem Grund sich Matratzengeschäfte immer in Eckhäusern befinden.
    Frau Pegler hält mir einen kleinen Zettel vors Gesicht, auf den ihre Sekretärin feinsäuberlich geschrieben hat: Mifti kommt zehn Minuten zu spät.
    Sie wedelt mir damit allen Ernstes über dreißig Sekunden vor der Nase herum. Ich beginne zu vermuten, dass meine Schuldirektorin geistig behindert ist.
    »Das lag hier gerade auf meinem Schreibtisch.«
    »Ich habe angerufen, um zu sagen, dass der Regionalexpress Verspätung hat.«
    »Tatsache ist, dass du nicht alles dir in der Macht Stehende unternommen hast, um pünktlich zu sein.«
    Ich lächle Frau Pegler an und lasse mich von ihr auf einen dunkelblau gepolsterten Stuhl platzieren, der in den Augen meiner Schwester definitiv Grund genug gewesen wäre, das Büro auf der Stelle wieder zu verlassen. Mit Hilfe eines letzten Funkens an Selbstdisziplin und dem Gedanken an eine grüne Wiese gelingt es mir, meine Aggressionen im Zaum und bescheiden die Fresse zu halten.
    »Mifti, ich habe einen hundertfünfzigprozentigen Riecher für Gut und Böse. Und du bist definitiv böse.«
    »Reicht Ihre dreizehnjährige Erfahrung im Umgang mit psychisch labilen Jugendlichen nicht aus, um einschätzen zu können, dass mich dieser Satz jetzt in eine fette Identitätskrise stürzen lässt?«
    »Nein.«
    »Meinen Sie das wirklich ernst? Müssen wir uns wirklich auf so einer Ebene unterhalten?«
    »Ja.«
    »Frau Pegler, man versucht, Sie stilvoll und angemessen in Grund und Boden zu kritisieren, und alles, was Sie machen, ist: ja oder nein sagen.« Frau Pegler antwortet nicht.
    »Man kritisiert Sie stilvoll und angemessen in Grund und Boden, und was machen Sie? Sie sagen GAR NICHTS. So eine Scheiße!«
    Ich wünsche mir, dass jemand mich fragt, wie mein Schultag gewesen ist.
    I got the elation, hesitation, dissipation, coagulatin', relaxation, angxation [sie], emaneipation, propagation, moppin', soppin', talkin' bout your coppin' blues. (The Charlatans)
    Es ist komischerweise ziemlich einfach. Der unglaubliche Hochgesang auf ein gut durchdachtes Lichtkonzept, das noch vor wenigen Sekunden aus nichts anderem als zwei deplatzierten Stehlampen bestand. Eine sich mit jedem Augenschlag weiter in die Richtung des gewünschten Technopalastes entwickelnde Dönerbude. Die Frage danach, ob das nüchterne Leben überhaupt einen Sinn machen kann.
    Die Antwort auf diese Frage gibt Edmond, nachdem er sich einen Börek in den Mund gestopft und währenddessen gemurmelt hat, er müsse poetischer werden: »Und endlich ist es vorbei, unsere Herzen sind wirklich ziemlich im Arsch, aber plötzlich haben sie keine Angst mehr davor, sich in historische Dokumente verwandeln zu müssen!«
    Ja, genau. Ich trage einen dunkelblauen Parka, und die Gegenwart brennt sich noch immer durch den Stoff in meine Rückenmuskulatur.

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