Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
als Blatt wiedergeboren werden<, und du schreist megadesillusioniert: >Ich weiß schon, was ich später werde, Schnecke vorm Berghain<«.
    »Scheiße.«
    »Wo geht die denn wohl hin, die Seele?«
    »Entweder in den Himmel oder in die Hölle. Oder in den Schmetterling.«
    Es gibt so viele Jahre in meinem Leben mit so einer Art Leichenstarre oder wie nennt man das, so einer Art Duldungsstarre oder so, also, sich nicht bewegen, weil man weiß: Das kann jetzt nicht das Leben sein, und da muss man dann durch, durch diese fürchterliche Zeit, man muss das ablaufen, was andere einem als Erfahrung vorschreiben und wo man aber denkt: Das interessiert mich eigentlich überhaupt nicht. Was schreibe ich hier?
    Mein erster Tag in der neuen Schule liegt ungefähr acht Monate in der Vergangenheit.
    Ich betrete ein Gebäude, das ich nach sechsundfünfzig Minuten Bahnfahrt eigenständig in einem unübersichtlichen Waldstück aufgespürt habe.Von nun an werde ich auf jede Frage nach meinen familiären Zusammenhängen antworten: »Ich habe keine Familie.« Das schwöre ich mir bereits nach den ersten beiden Schritten über den blau gesprenkelten Laminatboden, der mich in einem inakzeptablen Ton darum bittet, von meiner Existenz als in verheißungsvoller Spätsommerluft über intellektuelle Moden diskutierende Kampfhundbitch Abschied zu nehmen. Ich denke »Apartment, Wrestling, Rock'n'Roll«. Mit jedem Meter verliere ich einen Teil meines Vokabulars. An diesem Ort werde ich in naher Zukunft zu keiner anderen Leistung mehr fähig sein, als permanent zu vergessen, die Arbeitsblätter zu knicken, bevor ich sie loche. Locht man Arbeitsblätter nicht auf Kante, stehen sie im Endeffekt hässlich aus dem Schnellhefter raus und haben die nicht zufriedenstellende Kopfnote »befriedigend« im Bereich »Zuverlässigkeit und Sorgfalt« zu verantworten.
    Irgendwann bin ich dann einfach nicht mehr hingegangen sozusagen. Nicht jetzt weil ich dachte, man könnte auf Bildung verzichten, sondern weil ich damit einfach nicht zurechtkam. So was ist kein bewusster Schritt, sondern nur ein Verzweiflungsakt. Das unseriöse Element am Leben fand ich einfach viel toller, diesen sexy Moment, das Vorläufige, das Luxuriöse und das Spielerische. Dass es total unsinnig ist, auf der Welt zu sein. Und dass es eine Unverschämtheit ist, sterben zu müssen. Mit diesem Gedanken schlafe ich ja wirklich oft ein. Ich fühle mich bis zum Getno verarscht, weil mein Bewusstsein zwangsläufig draufgeht, wenn der Körper nicht mehr funktioniert, obwohl ich das eigentlich ...
    Es ist 12 Uhr 30. Alles, was Herr Kroschinske erzählt, finde ich interessant.
    Herr Kroschinske: »Da vorne drin sind kleine Kerker, in denen die Menschen monatelang im Dunkeln eingesperrt waren.«
    Ich zünde mir eine Zigarette an.

»Mifti, das ist keine so gute Idee.«
    »Entschuldigung.«
    Ich mache die Zigarette wieder aus und lächle glaubwürdig opferbereit. Herr Kroschinske lächelt glaubwürdig ausgeglichen zurück. Ein Junge aus der Parallelklasse, dessen Namen ich nicht kenne, schreit: »FUCK, WARUM DÜRFEN WIR HIER NICHT RAUCHEN? DA IN DEM MÜLLEIMER SIND VOLL DIE VIELEN ZIGARETTENKIPPEN!«
    »Anatol Schmidt, das Problem ist, ich hab vorhin hier mit der Aufsicht gesprochen und das Rauchen ist hier einfach mal echt verboten.«
    »Ja, Mann, scheiße, hier im Mülleimer sind aber voll die vielen Zigarettenkippen!«
    »Das liegt dann vermutlich daran, dass sich andere Leute nicht an das Rauchverbot gehalten haben und dann jemand deren Zigarettenkippen aufgesammelt und sie später in den Mülleimer geworfen hat, keine Ahnung, warum holst du jetzt so demonstrativ deine Zigarettenschachtel raus?«
    »WAS? WIR DÜRFEN HIER NICHT RAUCHEN?«
    »Nein, ihr dürft hier nicht rauchen.«
    »Ja, scheiße, was machen wir denn jetzt!«
    »Wir können ja vielleicht gleich mal überlegen, ob wir geschlossen das Gelände verlassen, aber jetzt guckt euch erst mal noch die weißen Linien da drüben an, da stand mal ein Gebäude in dem gezielt ein Attentat auf sechshundert Leute verübt wurde, weil sie als biologisch minderwertig galten, und die sind da wirklich auch alle gestorben.«
    Die Klasse verlässt geschlossen das Gelände, noch bevor Herr Kroschinske seinen Satz zu Ende gebracht hat. Mit Virginia, die vier Strumpfhosen übereinander trägt, unterhalte ich mich im Gehen über irgendeine Scheiße.
    »Weißt du, Mifti, dann habe ich irgendwann mal meinem Vater eine SMS geschrieben, in der stand: >Liebes Papa<.

Weitere Kostenlose Bücher