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HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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eigentlich das Einzige, was übrig geblieben ist aus »meiner schweren Kindheit«.
    ICH KANN EUCH MÜHELOS DIE ZARTEN FREUDEN BIETEN, DIE MIR MEIN LEBEN LANG VERWEHRT BLIEBEN, LEUTE!!
    Es hagelt an die Fenster. Das ist kein sanfter Regen, sondern etwas, das folgenschwer durch die Knochen geht, der Himmel färbt sich dunkelrot, du sitzt in deinem Multimediasessel in Lederoptik, du kannst dich nicht bewegen, und wenn du aufstehst, bist du tot. Wenn der Film reißt, zerfällt die Welt.
    Tausend Monster überziehen den Planeten, zwischen Menschen im Dreck, sie kriechen aus der feuchten Erde und aus deinem Zentralnervensystem, und während du noch versuchst, dich gegen sie zu wehren, trägst du bereits verzückt ihr Zeichen auf der Stirn. Ich liege auf dem Boden und lasse mich von ihnen zertreten. Sogar jetzt lüge ich.
    Ich lüge, weil ich eigentlich genau weiß, wonach ich mich sehne. Glauben Sie ernsthaft, dass ich mir die behauptete Dringlichkeit abnehme von all dem halbspießigen Bullshit, den ich innerhalb der letzten acht Monate geschrieben habe?
    Ich schwöre, dass ich kein einziges, absolut kein einziges meiner mit diesem Tagebuch in Zusammenhang stehenden Worte glauben kann. Das heißt, ich glaube an die Worte, ich weiß, dass sie der gemeingültigen Auffassung von Wahrheit entsprechen, aber gleichzeitig bereitet es mir ganz erhebliches physisches Unbehagen, zu behaupten, das alles sei in irgendeiner Form berechtigt. Die Aufregung darüber, dass der Begriff des Hundes nicht bellt, steht mir offenbar ziemlich gut. Die Entrüstung, die Trauer darüber könnte man sogar sagen. Handgeschöpftes Büttenpapier hat seine Berechtigung. Heroin hat auch seine Berechtigung, das steht völlig außer Frage. Dostojewski, hilf mir!
    Dich fasziniert dein Gesicht im Spiegel, und wie es sich verhärtet, doch besser drehst du dich zur Wand und siehst es nicht.
    Ihr verfickten Scheißpersonen hier überall, die ihr euch ausschließlich für irgendein euch zwei Auslandssemester in Peking ermöglichendes Praktikum interessiert, oder meinen schwer einzuordnenden Kleidungsstil! Mich interessieren Weltkriege, abgetrennte Köpfe mit noch immer perfekt sitzenden Frisuren und nicht der Satz: »Wahnsinn, ab und zu trägst du am Ostersonntag durchlöcherte Schlaghosen und zwei Tage später dann plötzlich ein Kleid, welches dich und dein Umfeld direkt ins 19. Jahrhundert zurückkatapultiert.«
    Ich sitze überanstrengt auf einer Klobrille. Das Axolotl hängt an dem nicht mehr funktionstüchtigen Abschließscheiß der Toilettenkabine. Mit der einen Hand versuche ich, die Tür zuzuhalten, und mit der anderen tippe ich eine SMS an Edmond in mein Telefon. Ich spüre, dass ich WIRKLICH wahnsinnig werde, jetzt ist es also so weit. Möge kommen, was wolle.
    OUhr 12. »Lieber Edmond, ich wollte dir nur kurz sagen, dass ich dich liebhabe. Du wirst dich sicher fragen, warum ausgerechnet jetzt. Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht so genau. Ich hab heute da in der Küche dieses Kartoffelbrot gesehen und fand das Wort so unglaublich niedlich und den Vorgang, dass du einkaufen gehst und vor dem Brotregal stehst und denkst: Hey, geil, da ist ein Brot, das Knolli heißt, vielleicht sollte ich das einfach mal mitnehmen. Hat auch super geschmeckt. Bis morgen. PS: Dürfen das alles nur Kranke sein? Oder Totgesagte? Ich leide jetzt schon so unter den Leiden der anderen. Modelliere bitte deine Krankheit, betreibe bitte neurolinguistisches Programmieren und sag bitte allen, dass sie mich verfickte Scheiße noch mal einfach nur in Ruhe lassen sollen.«
    »Liebe Mifti, meine Freundin Sarah dachte schon, du wärst 'ne Ostdeutsche, weil du Scheiblettenkäse kaufst.«
    Als ich mich umgucke werde ich von der Tatsache erschüttert, dass kein Klopapier mehr am Start ist. Draußen steht eine Schlange hysterischer Kerle, ich sitze auf dem Männerklo. »Ey Babys, ihr kokst am besten irgendwo anders, wir müssen echt kacken.«
    Ich zerre mich über die Grenze zur Nachbartoilette und muss ausschweifend und wortgewaltig einem etwa neunzehnjährigen, oberkörperfreien Schwaben erklären, dass er auf der Stelle zurück nach Stuttgart gehen soll. Daraufhin wird mir eine durchnässte Rolle Papier ausgehändigt.
    Mir ist schwindelig, als ich mich an der Schlange vorbei zurück in die Menschenmasse kämpfe, und auf einmal lodert Panik in mir auf, ein mein komplettes Innenleben ankokelndes Feuer, das die Kehle entlangwütet. O. k., jetzt also auch noch das, zwischen verschwitzten

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