Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HelHeg-AxoRoa

HelHeg-AxoRoa

Titel: HelHeg-AxoRoa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
immer hat die Menschheit davon geträumt, in den Weltraum zu fliegen!«
    »Das ist aber schön.«
    »Willst du nicht kurz vorbeikommen?«
    Auf dem Weg zu unserem Vater reden wir kein Wort miteinander. Wir haben den ganzen Tag noch kein Wort miteinander gewechselt, aber plötzlich geht diese Stille n icht mehr aus purer Langeweile hervor, sondern aus etwas anderem, Beunruhigenderem. Als wären die beiden in einen Plan involviert, der sich gegen mich richtet und ihnen deswegen ein schlechtes Gewissen macht.
    Die Wohnung ist sanierungsbedingt in einem ganz, ganz schlimmen Zustand. Franziska trägt ein weißes T-Shirt und bittet uns pseudounangestrengt rein. Als ich aufs Klo gehen will, steht mein Vater nackt mit dem Rücken zu mir am Waschbecken und sagt: »Kannst du kurz draußen warten?«
    Ich sage: »Zahnseide im Badezimmer ist ja eigentlich echt unsexy, aber so als Raubfisch getarnt wirkt das schon irgendwie dekorativ.«
    Wir haben ganz seltsame Situationen durchlebt in diesem Ambiente. Das letzte Familientreffen fing mit einer von Patti Smith gecoverten Gimme-Shelter- Version an und endete, indem wir, ohne uns zu verabschieden, nach draußen geprescht sind. Mein Vater thronte, mit dem Rücken zu uns, auf irgendeinem seiner Rokokomöbelstücke und starrte durch die Fensterfront auf den Fernsehturm. Jetzt also wieder hier. Nirvana, so wie ganz früher. Here we are now, entertain us, ja, genau. Irgendetwas hört plötzlich auf zu surren. Entweder das Licht oder die im Fensterrahmen eingequetschte Wespe.
    Ich werde megaförmlich auf das Sofa platziert und checke von Sekunde zu Sekunde deutlicher, wie nüchtern und betroffen sich diese Familie verhält.
    Franziska hängt zusammen mit ihrem furchteinflößenden Pferdegebiss und vorgebeugtem Oberkörper megaopportunistisch auf einem Stuhl ab und grinst die ganze Zeit ziemlich verunsichert, sie hat sich zwischenzeitlich das Sabrina-Dehoff-Halstuch umgebunden, das ich ihr mal vererbt habe. Mein Vater fixiert ein Tischbein, und seine gespreizten Finger kleben an seinem Mund, Annika raucht, und Edmond guckt mir zum ersten Mal in seinem Leben in die Augen, ohne dabei zu lachen. Zuerst unterhalten die sich also darüber, dass es ihnen allen Schwierigkeiten bereitet, die Begriffe Signifikat und Signifikant auseinanderzuhalten. Ich sage, dass ich in erster Linie Schwierigkeiten mit der Unterscheidung von Obi und Media Markt habe, aber niemand lacht. Sowieso hat hier noch niemand gelacht inner halb der letzten halben Stunde.
    »Das hat mir jetzt ja richtich dolle jut jefallen!«, sage ich total grundlos und verzweifelt.
    Annika sagt ziemlich unbeteiligt: »Von wem war der Satz denn noch mal?«
    »Von Consti, als er bouncen war.«
    Papa: »Bouncen?«
    »Letztes Jahr in München in diesem Ding, wo er dann auf der Treppe nach unten geschrien hat: >Ey Leute, die spielen da Hiphop!< Und wir so sechs Stunden voll abgebounct haben, und später saßen wir dann im Taxi, Consti vorne und hinten Timo und icke, und er dreht sich so um und sagt: >Das hat mir ja richtich dolle jut jefallen !«< »Ha ha.«
    »Todernst hat der das so rausgeha uen und wir dann: >Krass, ey.<« »Krass, ey.«
    »Mifti, wir ...« »Ja?«
    »Mifti, ich muss mit dir, obwohl...« »Sag nichts, Papa.« »Aber ...«
    »Sag jetzt bitte einfach gar nichts.« Annika: »Mifti?«
    Ich spüre, wie mich starke Energiewellen durchströmen. Ich fühle Bewegung. Enorme, zunehmende Bewegung. Als ich mich umschaue, schälen sich aus der Unscharfe Formen heraus. Ich stehe vor vier Menschen, die vor Sensationsgeilheit und Sadismus strahlen. Jede Pore ihres Körpers scheint Licht auszustrahlen. Die Gruppe versammelt sich um den Esstisch, und ich weiß, es ist Zeit, mich zu setzen.
    »Mifti, guck uns an. Wir wissen, dass du extrem große Probleme hast.«
    »Wie, verdammte Scheiße, kommst du dazu, dir das Recht zu nehmen, zu behaupten, auch nur das geringste bisschen über MICH zu wissen?« »Es geht hier nicht um Kiffen oder Schuleschwänzen.« »Um was geht es dann?« »Du bist todunglücklich.«
    »Hast du das aus dem Buch Warum unsere Kinder dreckige Sexschweine werden?« »Nein.«
    »Liest du Erziehungsratgeber? Liest du aus lauter Langeweile und Sentimentalität irgendwelche hingerotzten Erziehungspatentrezepte und glaubst jetzt, nach sechzehn Jahren irgendeine Pflicht zu erfüllen, indem du mir klarmachst, dass ich todunglücklich bin? Antwortest du bitte mal?«
    »Du, mir tut das ja auch alles leid, aber ... Edmond?«
    Edmond

Weitere Kostenlose Bücher