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Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition)

Titel: Helikopter-Eltern: Schluss mit Förderwahn und Verwöhnung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Kraus
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dafür, dass das neue Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit inzwischen im Bereich Erziehung angekommen ist. Mit dem Bloßstellen von Privatheit hatte das wahrlich viel zu tun. Sie bediente den Voyeurismus der Zuschauer, die sich an den Problemen einer anderen Familie meinten ergötzen oder fortbilden zu können. Und sie förderte den Exhibitionismus, ja die totale, als authentisch verkaufte Selbstoffenbarung der Teilnehmer. Der Deutsche Kinderschutzbund sowie Fachleute, Pädagogen und Psychologen kritisierten zu Recht, dass hier Kinder als Objekte vorgeführt und in einzelnen Folgen sogar gewalttätige Übergriffe von Eltern gezeigt würden. Kritisch hinterfragt wurde schließlich, ob nach dem Besuch der Super-Nanny in den Familien nicht oft genug Trümmer hinterlassen worden waren. Und einige Zyniker stellten sogar fest, dass während der sieben Jahre, in denen es dieses Sendeformat gegeben hatte, die Geburtenrate in Deutschland weiter zurückgegangen sei. Einige Zyniker malten sogar die Horrorvision an die Wand, dass weitere sieben mediale Nanny-Jahre die Geburtenrate in Deutschland noch weiter nach unten treiben würden.
    Elternkurse und Elternführerschein
    Elternkurse haben Konjunktur, der großen allgemeinen Verunsicherung sei Dank. Es ist doch klar: Eltern, die ein perfektes Kind haben wollen, spüren, dass sie dies nur haben können, wenn sie selbst perfekte Erzieher sind. In der Folge ist der Markt für Elterntrainings auf eine schier unüberschaubare Anzahl angestiegen. Freilich haben sich alle Anbieter programmatisch dasselbe auf die Fahnen geschrieben: «Wir wollen eine Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern.»
    Eltern haben dann – auch in Deutschland – die Wahl zwischen zahllosen Angeboten. Hier nur eine kleine Auswahl: Elternkurse nach Thomas Gordon, «Die neue Erziehungskonferenz»; Kess-erziehen (Kess = kooperativ, ermutigend, sozial, situationsorientiert); OPSTAPJE – Schritt für Schritt; Starke Eltern – Starke Kinder; STEP – Systematic Training for Effective Parenting; PeKiP = Prager-Eltern-Kind-Programm; Triple P = Positive Parenting Program, PEP4Kids, PEP4Teens; Early Excellence Centres mit Sure-Start-Programms; HIPPY = Home Instruction for Parents of Pre-school Youngsters.
    An die hunderttausend deutsche Eltern haben bereits «Triple P» gepaukt oder eines der anderen Seminare absolviert. 300 Euro und mehr haben sie dafür ausgegeben. Übrigens: Seit 2000 werden Elternkurse sogar staatlicherseits angeregt. Mit dem Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung war den Trägern der Jugendhilfe die Aufgabe gestellt worden, Eltern Wege aufzuzeigen, wie Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei gelöst werden können. Zusätzlich wurde ihnen eine finanzielle Förderung in Aussicht gestellt.
    Die Hauptkritik, was all diese Kurse angeht, läuft in zwei Richtungen: Kritikpunkt Nummer eins ist, dass diese Programme in ihrer Wirksamkeit nicht oder kaum überprüft, also evaluiert würden. Kritikpunkt Nummer zwei gilt dem in den Kursen oft vermittelten mechanistischen Verständnis von Erziehung. Dabei wäre es das wichtigste Ergebnis des Besuchs von Elternkursen, dass die Eltern danach verinnerlicht hätten, dass sie nicht perfekt sein müssen und auch nicht perfekt sein können.
    Brauchen wir also eine Elternschule? Ja und nein. Gewiss, manche Eltern bräuchten dergleichen, aber diese Eltern erreicht man mit keiner Schulung. Zwingt man sie dennoch dazu hinzugehen, dann lassen sie sie über sich ergehen. Würde eine Elternschule zur allgemeinen Pflicht werden, fühlte man sich wahrscheinlich in Erich Kästners 1931 erschienenen Roman «Der 35. Mai» katapultiert, in dem alle Eltern, die angeblich versagt hatten, in eine Elternschule geschickt wurden. Im Kapitel «Die verkehrte Welt» findet sich dort die Beschreibung einer solchen Schule. Die Eltern sind die Schüler, und die Kinder sind die Erzieher. Die Schule trägt den Namen «Den schwererziehbaren Eltern gewidmet». Denn: «Es gibt bekanntlich nicht nur nette Eltern, sondern auch sehr böse. […] Wenn sich nun diese bösen Eltern gar nicht ändern wollen und wenn sie ihre Kinder zu Unrecht strafen oder quälen […], so werden sie hier eingeliefert und erzogen.» Die Erziehungsmethode ist eindeutig. Das Mädchen Babette beschreibt die Methode: «Wir vergelten ihnen Gleiches mit Gleichem. Das ist zwar nicht hübsch, aber notwendig ist es.»
    Kurzum: Elternschulen sind bei allen guten Absichten eine ambivalente

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