Hellas Channel
Stimmung war, in einem meiner Wörterbücher zu schmökern. Ich knallte mich vor die Flimmerkiste und zog mir ausnahmslos alles rein. Eine halbe Folge mit der Staatsanwältin, die mit ihrem Mann, dem Industriellen, zur Abwechslung einmal ein Herz und eine Seele war. Der zweiten Hälfte entrann ich glücklicherweise, da mich Adriani und Katerina anriefen. Adriani, um mir zu sagen, daß sie gut angekommen war, und Katerina, um mir zu sagen, wie sehr sie sich freute, ihre Mutter bei sich zu haben. Danach sah ich die Abendnachrichten um halb neun, wo die Reportage von Dourous Festnahme und die Nachricht von der Fahndung nach Chourdakis wiederholt wurden. Und zum Schluß die heitere Fernsehserie. Gegen Ende der Folge kam Gikas’ Anruf, der mir mitteilte, daß das Treffen mit Pylarinos um elf Uhr am nächsten Morgen angesetzt worden sei.
Pylarinos hebt langsam den Kopf von den Auflistungen. »Verfügen Sie über handfeste Beweise, die Ihre Behauptungen untermauern, Herr Kriminaldirektor?« fragt er Gikas. Der wirft mir einen Blick zu. Pylarinos kann er jetzt nicht mit einem Dreizeiler abspeisen wie die Journalisten bei seinen Presseerklärungen. Hier muß weiter ausgeholt werden, und das überläßt er lieber mir.
»Also mal der Reihe nach. Da haben wir zunächst den Albaner, der das Ehepaar umgebracht hat und der seinerseits im Gefängnis ermordet wurde. Die Haushaltshilfe im Kindergarten hat ihn auf der Fotografie wiedererkannt. In seiner Geldbörse wurde Eleni Dourous Adresse gefunden, und sie ist Dimos Sovatzis’ Schwester. Wir wissen, daß alle Zollkontrollen Ihrer Kühlwagen auf dem Rückweg von Albanien nach Griechenland von ein- und demselben Beamten durchgeführt wurden. Als wir ihn verhören wollten, war er wie vom Erdboden verschwunden. Dann haben wir da Eleni Dourous Kindergarten, wo wir nur kleine Albaner antrafen. Da haben wir noch das englische Ehepaar, das den Kindergarten aufsuchte und eindeutig großes Interesse an einem Kind zeigte. Und zu guter Letzt haben wir auch noch das.«
Ich ziehe die Fotografie mit Sovatzis und dem Tschechen aus dem Aktenordner und überreiche sie ihm. Er nimmt sie entgegen und sieht sie sich an.
»Der eine ist Sovatzis. Kennen Sie den anderen?«
Er zögert unmerklich. Dann sagt er unbeirrt: »Nein, den sehe ich zum ersten Mal.«
Du Arsch, sage ich unhörbar. Ich würde gerne deine Fresse sehen, wenn ich dir die Fotografie mit euch allen vieren im Nachtlokal unter die Nase hielte. »Es handelt sich um einen Tschechen namens Gustav Krenek, der sich als Geschäftsmann ausgibt. Doch wir haben allen Grund zu der Annahme, daß Sovatzis mit ihm zusammenarbeitet. Achten Sie mal auf das Datum.«
Erst jetzt fällt es ihm auf, »Siebzehnter November neunzehnhundertneunzig«, lallt er.
Du hast sie in das Nachtlokal ausgeführt, und sie haben sich kaum drei Tage später hinter deinem Rücken gegen dich verschworen. »Sagt Ihnen das Datum irgend etwas?«
»Nein«, entgegnet er wiederum, doch die ursprüngliche Festigkeit in seiner Stimme ist ihm abhanden gekommen.
Gikas wirft mir einen raschen Blick zu und wendet sich dann Pylarinos zu. »Zweifellos hat Dimos Sovatzis seine Position in Ihrer Unternehmensgruppe zu illegalen Aktivitäten genutzt, Herr Pylarinos.«
»Wie Sie sehen, hatte ich von all dem keine Ahnung.«
»Wir wissen, daß Sie damit nichts zu tun haben. Deshalb erschien es uns zweckmäßig, Sie aufzuklären, bevor wir mit Sovatzis sprechen. Wir wollten nicht ohne Ihr Wissen in Aktion treten.«
Ich kenne ihn jetzt schon drei Jahre, doch jedesmal, wenn ich ihn dabei beobachte, wie er sich aus vertrackten Situationen herausmanövriert, kann ich eine gewisse Bewunderung nicht unterdrücken. So wie er sich gerade bei Pylarinos einschleimt, kann er sicher sein, daß dem Minister zu Ohren kommen wird, mit welcher Effektivität und welchem Fingerspitzengefühl er die Sache in die Hand nahm. So sammelt man Pluspunkte, Charitos!
»Ist möglicherweise er der Mörder der beiden Journalistinnen?« fragt Pylarinos.
»Wir können das noch nicht mit Sicherheit sagen, doch er ist bestimmt involviert.«
Pylarinos blickt erneut auf die Aufnahme. Mit einem Mal krampfen sich seine Finger um die Fotografie, und er springt empört auf. »Dieser Schweinehund!« geifert er. »Ich habe ihm ein astronomisches Gehalt bezahlt, und noch dazu ist er am Gewinn prozentual beteiligt. Doch all das hat ihm nicht gereicht! Undankbarer Lump!«
»Wir brauchen Ihre Hilfe, Herr Pylarinos«, sagt Gikas.
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