Hellas Channel
fehlerhaften Bericht zugestellt.
»Was für faule Geschäfte hast du mit Pakises Mann gemacht?« Jetzt bin ich es, der aufbrausend wird. »Raubüberfälle? Rauschgifthandel? Ihr seid euch über deinen Anteil in die Haare geraten, und da hast du ihn kaltgemacht! Das Geld konntest du nicht finden, da er es an einem sicheren Ort versteckt hatte!«
Er unternimmt einen bauernschlauen Versuch, nach dem rettenden Strohhalm zu greifen. »Mehmed, Mann von Pakise, kann sein Dieb, kann sein Drogen«, sagt er. »Ich nix Dieb, ich nix Drogen. Ich arbeiten auf Bau, ich arbeiten Renti, auf Markt. Ich nix wissen von Mehmed. Ich nur kennen Pakise.«
»Du hast so oft vor ihrem Haus gelauert und dabei nicht ein einziges Mal gesehen, daß sie mit einem Kleinbus vorfuhren?«
Nun blickt mich Thanassis überrascht an. Ich hatte ihm gegenüber diese Einzelheit noch nicht erwähnt.
»Eine Nachbarin hat einen Kleinbus beobachtet, der sie vor ihrer Tür absetzte. Klammheimlich, mitten in der Nacht«, erläutere ich Thanassis und wende mich wieder dem Albaner zu. »Wer war das, der sie mit dem Kleinbus nach Hause gefahren hat? Wie heißt er? Wo wohnt er? Pack endlich aus!«
»Ich nur kommen, wenn Pakise in Haus«, sagt der Albaner schlotternd, »ich nix sehen Wagen.« Mit einem Mal kommt ihm ein Einfall, und schnell ergänzt er: »Pakise putzen bei Leuten, Kinder aufpassen. Kann sein, Chef sie nach Haus fahren.«
Thanassis stürzt auf ihn los und packt ihn nochmals am Schlafittchen. »Du bekommst die Zeche noch serviert«, droht er ihm. »Mit deinen Halbheiten redest du dich noch um Kopf und Kragen.«
»Nein, nein«, sagt der Albaner angstverzerrt. »Ich nur umbringen Pakise und Mann. Ich nix wissen mehr.«
Thanassis läßt ihn wieder auf den Stuhl sinken. Wenn wir so weitermachen, dann sitzen wir morgen noch hier, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen. Langsam habe ich die Nase voll. Er hat gestanden, daß er sie getötet hat. Bis hierher sind die Dinge eindeutig. Das heißt aber noch lange nicht, daß er etwas von den Fünfhunderttausend und von dem Wagen wußte. Anscheinend haben wir es primär mit einem Verbrechen aus Leidenschaft zu tun und sind durch unsere Nachforschungen auf ein zweites Vergehen gestoßen, das möglicherweise mit dem ersten in gar keiner Verbindung steht. Wir haben zwar die fünfhunderttausend Drachmen gefunden, jedoch weder Drogen noch Diebesgut oder Waffen. Wahrscheinlich hatten die beiden noch eine andere Absteige, denn die Geschichte mit den ständigen Familienbesuchen in Jannina oder Alba nien ist bestimmt erlogen. Wie sollen wir jetzt bloß he rausbekommen, welches andere schmutzige Geschäft sich dahinter verbirgt? Es liegt auch gar nicht in unserem Zuständigkeitsbereich. Denn jegliche Strafverfolgung wird zum Zeitpunkt des Ablebens der beiden Albaner eingestellt.
»Er sagt die Wahrheit, er weiß wirklich nichts«, höre ich Thanassis neben mir im Fahrstuhl sagen, als wolle er meine eigenen Gedanken bestätigen. Thanassis, dieser selbsternannte Wichser, ist also derselben Meinung. Und ich verkrieche mich erleichtert hinter dieser bequemen Erklärung. Trotzdem sitze ich auf heißen Kohlen: Wie schreibe ich meinen Bericht für Gikas noch einmal um, ohne daß er es merkt?
Ich lasse Thanassis in der dritten Etage aussteigen und setze meine Fahrt in die fünfte fort. Ich bleibe lange nachdenklich vor dem Namensschild stehen: Nikolaos Gikas – Leitender Kriminaldirektor . Immer wieder lese ich es und versuche mir zu überlegen, wie ich an den Bericht herankommen könnte, ohne Verdacht zu erregen. Schließlich setze ich mein nettestes Lächeln auf und trete ein.
»Tag, Fräulein Koula«, sage ich herzlich zu dem uniformierten Fotomodell am Schreibtisch. Blitzschnell läßt sie den kleinen Taschenspiegel und die Pinzette, mit der sie sich gerade die Augenbrauen zupfte, in einer Schublade verschwinden.
»Ach, der Herr Charitos!« Mit einem Schlag ist ihr der blasierte Gesichtsausdruck des Fotomodells abhanden gekommen, und sie zieht es vor, mich anzustrahlen, weil ich sie ertappt habe. »Leider ist er gerade nicht abkömmlich, er ist in einer Besprechung«, fügt sie mit bedauernder Miene hinzu.
»Schon wieder? Wie schaffen Sie es nur, Fräulein Koula, bei diesem Termingehetze den Überblick zu bewahren?«
»Lassen Sie nur, ich komme kaum zum Atemholen.«
Sieht ganz so aus, sie kommt nicht einmal dazu, sich die Augenbrauen in Ruhe zu zupfen. Obwohl mir diese Bemerkung auf der Zunge brennt, sage ich:
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