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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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entgegen.
    Während ich sie drücke, habe ich den Eindruck, daß wir hiermit die unfehlbare Zusammenarbeit von FBI und CNN begründen und folglich den Mörder noch lange nicht fassen werden. Außer wir lassen ihn von einer Wahrsagerin in ihrer Kristallkugel suchen.
    Ich schleiche hinaus wie ein begossener Pudel.
    Sotiris erwartet mich am Eingang. An seiner Seite steht der uniformierte Recke eines privaten Wachdienstes. Blauäugig, mit kurzgeschorenen Haaren, steht er breitbeinig da, die Arme in die Hüften gestützt, um seinen Aktionsradius noch weiter auszudehnen. Ein gut im Futter stehender Marineinfanterist aus Petralona. Hat Glück, der Junge. Er würde ohne weiteres in eine Bande von Schutzgelderpressern passen. Dann hätten wir ihn schon längst hoppgenommen. Doch nun arbeitet er in einem Unternehmen, sackt vierzehn Monatsgehälter ein und betrachtet mich als Berufskollegen.
    »Kannten Sie die Karajorgi?« frage ich ihn.
    »Na klar. Ich kenne jeden einzelnen hier. Ich habe ein Gedächtnis wie ein Computer.«
    »Vergessen wir mal den Computer und erzählen Sie mir von der Karajorgi. Um ungefähr welche Uhrzeit ist sie gestern abend eingetroffen?«
    »Viertel nach elf. Ich habe hier alles im Griff.«
    Er spielt mit dem Feuer. Er ahnt nicht, daß sich ein Donnerwetter über seinem Haupt zusammenbraut. »War sie allein?«
    »Ganz allein.«
    »Hat jemand sie vielleicht hierherbegleitet und sich vor dem Eingang von ihr verabschiedet?«
    »Die Straße kann ich von hier aus nicht sehen. Als sie zum Sender hereinkam, war sie jedenfalls allein.«
    »Haben Sie einen Unbekannten bemerkt, der den Sender betreten hat? Jemanden, den Sie noch nie gesehen haben?«
    »Nein. Niemanden.«
    »Waren Sie die ganze Zeit auf Ihrem Posten?«
    Er antwortet nicht sofort auf die Frage. Er schweigt und scheint nachzudenken. Dann würgt er hervor: »Nur zwei Minuten war ich nicht da. Mein Kollege Vangelis, der im Büro vom Chef Dienst hatte, kam heruntergelaufen und sagte mir, daß man die Karajorgi ermordet aufgefunden habe. Ich lief mit ihm hoch, weil ich dachte, ich müßte verhindern, daß jemand am Tatort unsachgemäß vorgeht und großes Unheil anrichtet.«
    »Aha, Sie sind ja auch der große Fachmann! Was gedachten Sie denn dort oben zu tun? Sie zum Leben wiederzuerwecken?« versetze ich außer mir. Es scheint, daß sein Computer nun nicht über das geeignete Programm verfügt, denn er weiß keine Antwort und schweigt sich aus.
    »Nimm seine Daten auf und mach einen Termin für die Zeugenaussage mit ihm aus«, sage ich zu Sotiris.
    Als ich auf die Straße trete, um meinen Wagen vom Gehsteig zu holen, auf dem ich ihn in der Eile geparkt hatte, fallen gerade die ersten Regentropfen. Wenigstens das.

12
    D ie Karajorgi wohnte auf dem Lykavittos-Hügel, in unmittelbarer Nähe des Doxiadis-Hauses. Sie wachte jeden Morgen mit einem Blick ins Grüne auf und gab sich der Illusion des Landlebens hin. Auch jetzt ist es frühmorgens, genauer gesagt neun Uhr, doch es gießt in Strömen. Die Scheibenwischer des Fiat Mirafiori funktionieren nicht richtig: Bis sie den einen Wasserschwall fortgewischt haben und bedächtig den Rückweg antreten, ist die Windschutzscheibe schon wieder überflutet. Ich verkrümme fast meine Netzhaut beim Versuch, von meinem dahinschleichenden Vordermann genügend Abstand zu halten, und verpasse deswegen Karajorgis Hausnummer. Ich bin schon fast vorbeigefahren, als ich den davor parkenden Streifenwagen erkenne und scharf auf die Bremse trete. »Wer hat dir denn den Führerschein hinterhergeworfen, du Sonntagsfahrer!« brüllt der Fahrer hinter mir. »Seit wann bremst man denn so ruckartig auf nasser Fahrbahn?! Du hast wohl dein Maultier zu früh gegen ein Auto eingetauscht!« Das ganze Gespräch findet nur mit der Hupe statt – mit Punkt, Komma, Gedankenstrich und Ausrufezeichen. Zum Abschluß zeigt er mir noch gut ein dutzendmal den Vogel, um die Anführungszeichen seiner Rede zu schließen. Ich zeige mich ganz ungerührt. Hinter dem Streifenwagen ist noch Platz, ich schlage das Lenkrad ein und parke den Wagen.
    Das Wohnhaus ist ein neoklassizistisches zweistöckiges Gebäude, gelb gestrichen, mit granatfarbenen Fensterläden und einer schmiedeeisernen Flügeltür. Es erinnert an die besonders sauberen und adretten Häuser der Gutsituierten in der Akritas-Straße. Ich stelle den Motor ab, bleibe aber noch im Wagen sitzen. Ich habe vielleicht zwei Stunden geschlafen und bin mit gräßlichen Kopfschmerzen aufgewacht. Ich

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