Hellas Channel
erhebe mich. »Wo ist der Redaktionsraum?«
»Neben dem Schminkstudio. – Herr Kommissar.«
Ich bin schon fast bei der Tür angelangt und drehe mich noch einmal um.
»Von uns werden nicht gerade viele der Karajorgi nachweinen. Fragen Sie Martha Kostarakou, die für das Gesundheitsressort zuständig ist. Die weiß mehr.«
Er beginnt seine Papiere auf dem Tisch zu bündeln und weicht meinem Blick aus.
»Kommen Sie mit mir in den Redaktionsraum.«
»Ich habe Ihnen doch alles gesagt, was ich weiß. Wenn Sie mich nochmals brauchen, finden Sie mich immer hier. Lassen Sie mich jetzt nach Hause gehen, ich bin hundemüde.«
»Kommen Sie.«
Sein Gesichtsausdruck verrät, daß er mich am liebsten ohrfeigen würde, doch er beherrscht sich. Er nimmt seine Papiere an sich und kommt mit mir.
Der Gang ist leer, die Journalisten sind gegangen. Wir stoßen auf Manissalis, den Aufnahmeleiter. Er weiß nichts von Bedeutung. Irgendwann nach Beginn der Nachrichtensendung sei die Kleine angelaufen gekommen und habe berichtet, daß sie die Karajorgi tot vorgefunden habe. Bereits von der Tür aus sei zu sehen gewesen, daß es überflüssig war, den Raum zu betreten. Er habe noch einen Werbeblock Zwischenschalten lassen, sei aber nicht zum Telefon gelaufen, wie mir die Soumadaki erzählt hatte. Er habe zuerst Sperantzas benachrichtigt. Uns habe er erst in Kenntnis gesetzt, nachdem er den Kameramann in das Schminkstudio geschickt hatte. Ungefähr um zehn nach zwölf.
Ich weiß noch nicht, warum sie getötet wurde. Doch zumindest habe ich eine Vorstellung, wann und wie es geschehen ist. Im Zeitraum zwischen ungefähr halb zwölf bis kurz vor zwölf kommt die Karajorgi auf Sperantzas in der Redaktion zu und kündigt ihren Auftritt im Nachtjournal an. Um drei nach zwölf findet die Soumadaki sie tot auf. Folglich muß in dieser halben Stunde der Mord passiert sein. Sie kannte ihren Mörder. Er saß im Schminkstudio neben ihr. Er stand auf und begann, vermutlich während er mit ihr plauderte, mit dem Scheinwerferständer herumzuspielen und sich ihr zu nähern. Sie sah ihn im Spiegel, während sie sich schminkte, doch sie dachte an nichts Böses. Und als er hinter ihrem Stuhl anlangte, hob er unversehens das Metallteil und bohrte es ihr in den Leib. Wenn es Fingerabdrücke auf dem Ständer gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß seine darunter sind. Wenn wir keine finden können, heißt das, daß er die Tatwaffe abwischte, dann die Tür öffnete und verschwand. Wenn der Mörder ein Außenstehender ist, dann hoffe ich inständig, daß ihn jemand beobachtet hat. Doch sollte er zum Personal des Senders gehören, dann steht uns bei den Nachforschungen das Wasser bis zum Hals.
Das Redaktionsbüro ist ein großer Raum mit zehn Schreibtischen, die in drei Reihen angeordnet sind: zweimal drei, einmal vier Tische. Die Wände sind nackt. Niemand dachte daran, ein Bild oder einen Kalender aufzuhängen. Was bedeutet, daß sich alle Besucher nur kurzfristig hier aufhalten, sich nur so lange hinsetzen, um ihre Arbeit zu erledigen und dann ihren Weg entweder ins Studio oder in den Außendienst fortsetzen. Im Hintergrund ist eine verglaste Zwischenwand zu erkennen, die ein Kämmerchen abtrennt, das gerade mal einen Schreibtisch und zwei Stühle mit einem niedrigen Tischchen dazwischen beherbergt.
»Das ist das Büro des Leiters der Nachrichtenredaktion«, sagt Sperantzas.
»Welcher von den Schreibtischen gehörte der Karajorgi?« Er zeigt ihn mir. Es ist der zweite in der zweiten Reihe. Ich ziehe ihren Schlüsselbund heraus, finde den für ihre Schreibtischlade passenden und öffne sie. »Ich benötige Sie nicht weiter«, sage ich zu Sperantzas, während ich zu suchen beginne. Er scheint zu zögern. Jetzt juckt ihn die Neugier, und er möchte doch noch bleiben. »Haben Sie nicht gesagt, Sie seien hundemüde? Dann gehen Sie jetzt.« Er hatte es gesagt und kann es nun nicht zurücknehmen. Er dreht sich um und geht.
Der Schreibtisch gehört zu den kleineren Modellen und hat nur zwei Fächer auf der rechten Seite. In der ersten Schublade finde ich zwei Blocks: einen kleinen Notizblock und einen großen Schreibblock. Und einige Kugelschreiber von der billigen Sorte, die Firmen an ihre Mitarbeiter verteilen. Ich ziehe die zweite Schublade heraus. Ganz vorne liegt ein Säckchen mit bunten Bonbons. Die lutschte sie anscheinend gerne, während sie ihr Material noch einmal durchging und nach griffigen Formulierungen suchte. Des weiteren ein Set,
Weitere Kostenlose Bücher