Hellas Channel
sage Ihnen, es war ein Verbrechen aus Leidenschaft«, fährt Koula im Brustton der Überzeugung fort.
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Überlassen Sie das psychologische Gutachten ruhig mir. Sie wußte, wie man Männer verrückt macht. Die waren bei ihr unten durch, und trotzdem oder gerade deshalb liefen sie ihr nach. Schließlich ist einer Amok gelaufen und hat sie umgebracht. Ist Ihnen nicht aufgefallen, daß er sie mit einem Metallrohr durchbohrt hat?«
»Nein. Warum sollte mir das auffallen?«
»Ein Phallussymbol«, triumphiert sie.
»Ist er drinnen?« frage ich schnell, bevor sie anfängt, mein persönliches Psychogramm zu erstellen.
»Ja, er erwartet Sie schon.«
Sowie ich die Tür hinter mir zuziehe, hebt Gikas den Blick, lehnt sich in seinem Bürostuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. Seine Miene fordert mich auf näherzutreten, damit er mir die Leviten lesen kann. Kaum stehe ich vor seinem Schreibtisch, geht er schon zum Angriff über.
»Ich wollte Sie um Punkt neun in meinem Büro sprechen. Seit dem frühen Morgen hänge ich schon am Telefon!«
Ich entgegne nichts. Ich stehe mit der Mappe unter dem Arm vor ihm und schaue ihm in die Augen.
»Es liegt der Mord an einer prominenten Journalistin vor, einer Kapazität auf dem Gebiet der Polizeireportage. Zeitungen, Radio- und Fernsehsender werden sich auf uns stürzen. In solchen Fällen arbeitet das FBI vierundzwanzig Stunden durch.«
»Ich arbeite zwanzig Stunden durch, also fehlen mir noch vier Stunden zu einem normalen Arbeitstag«, antworte ich ruhig. »Ich bin um fünf Uhr früh vom Sender nach Hause gefahren, habe zwei Stunden geschlafen, und um neun war ich in Karajorgis Wohnung.«
»Wozu sind Sie in Karajorgis Wohnung gefahren? Das ist die Aufgabe der Spurensicherung. Ich brauche Sie hier vor Ort.«
Ohne ein Wort zu sagen, schlage ich die Mappe vor ihm auf. Ganz oben habe ich die Fotografien hingelegt.
»Wer ist das denn?« fragt er, als er die übermalte Figur erblickt.
»Ich weiß es noch nicht.«
»Und warum zeigen Sie mir das? Haben wir jetzt vielleicht Karneval?«
Ich lasse ihn sich weiter wundern. Er begreift schließlich, daß der Fall nicht im Telegrammstil zu lösen ist, und entschließt sich, die Briefe zu lesen. »Na schön«, meint er halbherzig, als er damit fertig ist. »Irgendein ›N‹ hat die Karajorgi bedroht. Das ist ein Hinweis, ohne Frage. Wie sollen wir ihn jedoch ausfindig machen? Da müßten wir die halbe männliche Bevölkerung Griechenlands durchforsten.«
»Außer, dieser ›N‹ ist die Karnevalsnase auf der Fotografie.«
»Das ist eine Möglichkeit. Überprüfen Sie das!« sagt er in der Überzeugung, mich auf den rechten Weg gewiesen zu haben, auf den ich ohne seine Hilfe niemals gekommen wäre. »Noch weitere Hinweise? Erläutern Sie mir nicht den Tathergang, ich weiß schon Bescheid. Sotiris hat mir Bericht erstattet.«
»Ihr Terminplaner fehlt. Er war nirgends aufzufinden. Vermutlich hat ihn der Täter mitgenommen.«
»Irgendeine Verbindung zum Mordfall der Albaner?«
Auf die Frage hatte ich gewartet. Das würde ihm so passen, daß auch die Karajorgi von einem Albaner abgeschlachtet wurde. Die Zeitungen würden sich an Spitzenmeldungen überbieten und um die Schlagzeile einen Trauerflor winden. Die Fernsehsender würden Diskussionsrunden über die importierte Kriminalität organisieren. Und die Werbeeinschaltungen würden bei den erwarteten Zuschauerzahlen Rekordpreise erreichen. Und nach drei Tagen hätten alle ausgetrauert, und die Karajorgi wäre Schnee von gestern.
»Bislang haben wir noch nichts gefunden, wir müssen noch ihren Computer durchsuchen. Vielleicht kommt dabei etwas zutage.«
»Ich möchte, daß Sie mich ständig auf dem laufenden halten. Und wenn ich sage ständig, dann meine ich: ständig und vollständig. Nicht, daß Sie mir die eine Hälfte auf den Notizzettel schreiben und die andere Hälfte im Bericht verschwinden lassen. So wie im Fall der Albaner.«
»Auf dem Notizzettel schreibe ich nur das nieder, was ich für die Verlautbarung für geeignet halte. Der Rest steht im Bericht. Deswegen schicke ich Ihnen ja beides zusammen«, meine ich, während ich die Mappe und die Fotografien wieder an mich nehme.
Ich ziehe mit der stillen Genugtuung von dannen, einen kleinen Punktesieg errungen zu haben.
Sie stehen noch immer vor meinem Büro herum und warten auf mich. Sobald sie mich erblicken, versperren sie mir den Zutritt. Ich stehe vor Sotiropoulos.
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