Hellas Channel
Witz gemacht hätte. »Hat man Ihnen das hinterbracht? Daß sie tun und lassen konnte, was sie wollte, weil sie mit dem Chef ins Bett ging?« Ihr Lachen bricht abrupt ab, und sie wird ernst. »Sie irren sich gewaltig. Janna hatte Grips und ging systematisch vor. Als sie zum Sender kam, übernahm sie zunächst das Gesundheitsressort. Das hat sie aber nicht sonderlich interessiert, weil es weder aufsehenerregende Nachrichten noch Sensationsmeldungen versprach. Ein paar Worte am Schluß der Nachrichtenübersicht, und das nur ab und zu. Innerhalb eines Monats war sie eine Liaison mit Petratos, dem Chef der Nachrichtenredaktion, eingegangen. Nach zwei weiteren Wochen hatte sie mir die Stelle weggeschnappt Ich sage aber gerne die volle Wahrheit. Sie war nicht nur ehrgeizig, sondern auch begabt, viel begabter als ich. Sie sicherte sich Exklusivreportagen, sie grub vergessene Fälle aus, sie machte in der Versenkung verschwundene Personen ausfindig. Sie hatte sich auf den Fall Kolakoglou gestürzt und Delopoulos gezwungen, ihr grünes Licht für ihre Nachforschungen zu geben. Sobald sie sich diese Vorrechte gesichert hatte, ließ sie Petratos links liegen. Der hatte freilich daran zu knabbern und hätte sie liebend gerne abgesägt, doch es war zu spät. Er konnte nichts mehr gegen sie tun.« Sie hält inne, und wieder entfährt ihr ein kleiner Seufzer der Erleichterung, als sei sie froh, sich alles von der Seele geredet zu haben. »Nein, Janna hatte es nicht nötig, mit Delopoulos ins Bett zu gehen, um sich seine Gunst zu erkaufen. Sie hat mit ihren Fähigkeiten überzeugt. Sie hat Petratos benutzt, um eine Chance zu bekommen. Alles andere hat sie sich jedoch aus eigener Kraft erkämpft.«
Ich konnte mit der Art der Karajorgi nie etwas anfangen und verunglimpfte sie als Lesbe. Sotiropoulos, der sie ebenfalls nicht leiden konnte, aber wie Robespierre so tut, als vertrete er die Interessen des Volkes und der gesellschaftlichen Randgruppen, bezeichnete sie lieber als unersättliche Nymphomanin. Und jetzt kommt ein farbloses Frauenzimmer daher und bringt alles ins richtige Lot. Ich beginne für die Kostarakou eine gewisse Hochachtung zu empfinden, aber mein Instinkt rät mir, lieber in Ruhe abzuwarten. Was ist, wenn diese Aufrichtigkeit nur Schein ist und sich dahinter etwas anderes verbirgt?
»Wo waren Sie gestern abend zwischen zehn und zwölf Uhr?«
»Allein zu Haus, wie jeden Abend«, entgegnet sie sanft fast traurig. »Zuerst bei einem Salat, dann bei einem Whiskey und alles vor laufendem Fernseher.« Sie hält inne, blickt mir in die Augen und fügt mit unmerklicher Betonung hinzu: »Bis um elf, als mich Janna anrief.«
»Die Karajorgi hat Sie um elf Uhr angerufen?«
»Ja. Um mir zu sagen, daß sie im Nachtjournal eine Meldung bringt, die wie eine Bombe einschlagen würde.«
Wem hatte sie es noch angekündigt außer der Kostarakou und Sperantzas? Wenn ich das herausbekäme, dann wäre ich dem Mörder schon einen Schritt näher.
»Sie hat mir noch etwas anderes gesagt.«
»Und was?«
»Sie sagte, ich solle mir die Meldung anhören, denn wenn ihr etwas zustoße, solle ich die Nachforschungen weiterführen. Ehrlich gesagt habe ich ihre Worte nicht für bare Münze genommen. Ganz im Gegenteil, ich hielt das Ganze für eine Bosheit. Daß sie das nur sagte, um mir eins auszuwischen, und ich knallte den Hörer auf die Gabel. Vielleicht war es ein wenig die Einsamkeit, vielleicht die Wut über das, was mir Janna gesagt hatte. Plötzlich fiel mir die Decke auf den Kopf. Ich setzte mich ins Auto und fuhr ziellos herum. Es war ungefähr ein Uhr, als ich nach Hause zurückkehrte.«
»Hatte sie Ihnen nichts Genaueres über die Meldung gesagt?«
»Nein. Nur, daß ich mir das Nachtjournal ansehen sollte.«
»Schön.« Ich rufe Thanassis und schicke sie mit ihm zur offiziellen Aufnahme des Verhörs. »Warten Sie, gehen Sie noch nicht!« sage ich, bevor sie bei der Tür anlangt. Ich ziehe die e Fotografie von der Karajorgi und der Karnevalsnase hervor. »Kennen Sie den hier vielleicht?«
Sie blickt auf die Fotografie und prustet mit einem Schlag los.
»Was lachen Sie denn? Kennen Sie ihn?«
»Und ob ich ihn kenne!«
»Wer ist es denn?«
»Petratos, der Chef der Nachrichtenredaktion bei Hellas Channel . Mein Vorgesetzter.«
Sie sieht ihn an und krümmt sich vor Lachen.
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M ina Antonakaki wohnt in der Chrysippou-Straße im Stadtteil Zografou. In der Olof-Palme-Straße muß ich alle zehn Meter anhalten. In der Zeit
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