Hellas Channel
Liebesbeziehung mit Petratos und ließ ihn stehen. Das ist kein Geheimnis, alle wissen davon. Hat Ihnen Janna jemals von ihrer Beziehung erzählt?«
Sie zögert und sagt gepreßt: »Ich weiß nur, daß das keine Beziehung im landläufigen Sinn war.«
»Was war es denn?« frage ich überrascht.
»Das könnte sie Ihnen nur selbst beantworten.« Sie hat schwungvoll zur Rede angesetzt, doch unversehens bremst sie sich ein und sucht nach den geeigneten Worten. »Sie hatte überhaupt nichts für ihn übrig. Sie lachte ihn aus und machte sich über ihn lustig. ›Er ist ein verdammter Wichser‹, sagte sie zu mir. Entschuldigen Sie den Ausdruck, doch das waren ihre Worte. ›Der weiß überhaupt nicht, wo es langgeht.‹ Und als ich ihr sagte: ›Wie ist denn das möglich, der Chef der Nachrichtenredaktion beim Fernsehen – ein gestandener Mann – soll ein verdammter Wichser sein?‹, da lachte sie nur. ›Er ist aufgestiegen, weil er ein Schleimer und Kriecher ist‹, entgegnete sie mir. ›Er läuft wie ein Hündchen hinter Delopoulos her und sagt zu allem ja und amen.‹« Sie holt tief Luft und die Worte entringen sich schwer ihrer Brust. »Und wenn sie mit ihm ins Bett ging, hat sie sich vor ihm geekelt. ›Vierzig Jahre ist der Hornochse alt und hat noch immer nicht gelernt, wie man mit einer Frau schläft‹, sagte sie. ›Ich muß ihn bei jedem Schritt an der Hand halten, wie ein kleines Kind, das man spazierenführt.‹«
»Wenn sie ihn nicht wollte, warum ist sie dann mit ihm zusammengeblieben?« frage ich, obwohl ich die Antwort weiß.
»Weil sie ihn benutzt hat. Ich sage Ihnen das ganz kaltblütig, so wie sie selbst es mir auch gesagt hat. Sie ist die Liaison mit ihm eingegangen und daraufhin beim Hellas Channel mit einem hohen Anfangsgehalt eingestellt worden. Sie biß die Zähne zusammen und ging mit ihm ins Bett, um die angestrebte Stelle und damit direkten Zugang zu Delopoulos zu erhalten. Sobald sie das erreicht hatte, gab sie Petratos den Laufpaß. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen, als nach ihrem Erfolg im Fall Kolakoglou Delopoulos zu ihr sagte: ›Von heute an, Janna, erhalten Sie von mir eine persönliche Sondervollmacht für Ihre Berichterstattung.‹ Sie hüpfte vor Freude, als sie mir sagte, daß Petratos vom nächsten Tag an abgeschrieben war.«
Die Karnevalsnase auf der Fotografie – nach ihrem Gutdünken war sie mit ihm umgesprungen, hatte ihn aus der Schublade gezogen wie einen Joker.
»Wie heißt denn Petratos mit Vornamen? Wissen Sie das vielleicht?«
»Nestor, glaube ich. Nestor Petratos.«
Also weder Nikos noch Notis oder Nikitas, sondern Nestor. Der unbekannte ›N‹ aus ihrem Briefwechsel. Das Glück ist mir hold, doch es ist mir sehr früh hold. Ich beherrsche mich, um mich durch dieses – wie es den Anschein hat – glückliche Zusammentreffen nicht aufs Glatteis führen zu lassen.
»Ich halte mit nichts hinterm Berg«, fährt Mina Antonakaki fort, »weil auch Janna nichts geheimhielt. Sie erzählte mir alles, ganz ausführlich.« Sie seufzt auf. »Es war ja nicht nur Petratos. Meine Schwester hat sich allgemein vor Männern geekelt, Herr Kommissar.«
»Warum hat sie sich geekelt?«
»Wie soll ich Ihnen das erklären. Sie sagte: ›Wir Frauen werden von den Männern nach Strich und Faden ausgenützt. Dabei sind sie im Grunde feige Wüstlinge und tanzen uns nur auf der Nase herum.‹ Sie meinte, daß wir sie nur so lange ertragen sollten, solange sie uns dienlich sind, um sie dann kurzerhand auf den Müll zu werfen, wie löchrige Socken. ›Weißt du, was mir leid tut?‹ sagte sie manchmal zu mir. ›Daß ich nicht lesbisch bin.‹ Na, da standen mir aber die Haare zu Berge!«
Vor meinem geistigen Auge taucht Janna Karajorgi auf, mit ihrem anmaßenden Lächeln und ihrer hochmütigen Miene, jederzeit bereit, mich durch den Kakao zu ziehen. Auch ich zählte eben zur Kategorie Petratos, Delopoulos und Co. Nun gut, sie war nicht lesbisch. Kann sein, daß ich nicht ganz ins Schwarze getroffen hatte, doch weit daneben lag ich auch nicht.
»Eine Weile wollte sie unbedingt, daß ich mich von Vassos trenne«, fährt die Antonakaki fort. »Sie hat ihn als Wüstling beschimpft und mich bis aufs Blut gequält, ihn doch zu verlassen. Aber mein Vassos hat mit Petratos überhaupt nichts gemein. Er ist ein guter Gatte, ein guter Vater und rackert sich auf allen sieben Weltmeeren ab, nur um mich und meine Anna zu ernähren. Wart nur ab, sagte ich zu ihr, eines Tages
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