Hellas Channel
erhofft. Ich packe den Telefonhörer und rufe den Sender an. Durch die Telefonistin, die mir unwirsch antwortet, lasse ich mich mit Petratos verbinden.
»Ja«, höre ich eine schneidende Stimme.
»Kommissar Charitos, guten Tag, Herr Petratos. Ich habe in den Nachrichten die Reportage über den Karajorgi-Mord gesehen und möchte mich mit Ihnen darüber unterhalten. Gehen Sie bitte noch nicht. Ich bin sofort bei Ihnen.«
»Ich habe für Ihre Eile Verständnis«, sagt er ironisch. »Kommen Sie nur, ich erwarte Sie.«
Eine willkommene Gelegenheit, mich dem Dilemma zu entziehen, mir mein Essen selbst warm machen zu müssen und vor Adriani mein Gesicht zu verlieren. Ich plane überdies, mir auf dem Rückweg ein bis zwei Souflaki mit Zwiebeln und Soße einzuverleiben, für die ich eine besondere Vorliebe habe. Statt der Reispfanne mit Spinat, aus der ich mir gar nichts mache. Mit dem Vorteil, daß ich auf fünfzig Meter Entfernung nach Knoblauch riechen werde und Adriani wegen des Gestanks die ganze Nacht kein Auge zutun wird.
16
S chließlich sehe ich den Karnevalsprinzen von Angesicht zu Angesicht: eine ganz gewöhnliche Pappnase. Er ist ein wohlgenährter Mittvierziger mit feisten Wangen und einem Haarschnitt, der die Pracht an den Schläfen recht kurz, den Schopf jedoch lang läßt. Ein richtiger Fettmops. Was sein äußeres Erscheinungsbild betrifft, versucht er zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: einerseits durch seinen dunkelgrauen Anzug den seriösen Leiter der Nachrichtenredaktion hervorzukehren, andererseits mit Rollkragenpullover, ohne Krawatte und Hof zeremoniell auch den lässigen Journalisten nicht zu kurz kommen zu lassen.
Wir befinden uns im Kabuff, das Petratos’ Büro darstellen soll, und zwar sitze ich ihm nicht frontal, sondern leicht schräg gegenüber. Mir direkt gegenüber sitzt der Nachrichtensprecher in seinem Anzug und mit dem Taschentuch in der Brusttasche. Beide lächeln mir zu. Voller Verständnis für das arme Bullenschwein, das sich ihnen zu Füßen wirft und Abbitte leistet. Und ich stelle mich aus purer Berechnung dumm.
»Kolakoglou ist ein interessanter Fall«, sage ich liebenswürdig. »Allerdings ist es noch ein bißchen früh, um mit Sicherheit zu sagen, daß er der Mörder ist. Das erfordert noch weitere Nachforschungen.«
Sie tauschen ihr Lächeln untereinander aus, und Petratos hebt die Schultern. »Wir sind bereits auf der Suche«, meint er. »Jetzt liegt es auch an Ihnen zu ermitteln. Schlußendlich ist die Fahndung Ihre Aufgabe.«
»Darüber will ich ja gerade mit Ihnen sprechen. Verfügen Sie vielleicht über andere Hinweise, die Sie noch nicht öffentlich gemacht haben und die uns bei den Nachforschungen dienlich sein könnten?«
»Wir ziehen keine verborgenen Trümpfe aus dem Ärmel, Herr Kommissar«, fällt der Moderator ein. »Alle Hinweise, die wir haben, bringen wir ans Licht, damit sich die Öffentlichkeit ein Bild machen kann.«
Petratos stützt seine Ellbogen auf den Schreibtisch und verschränkt seine Finger. »Lassen Sie uns ganz offen reden, Herr Charitos. Gestern hat Ihnen Herr Delopoulos eine Zusammenarbeit vorgeschlagen. Sie lassen vorzugsweise unserem Sender Informationen über den Fortgang der Ermittlungen zukommen, und wir übergeben Ihnen im Gegenzug alle von uns gesammelten Hinweise. Heute morgen habe ich Frau Kostarakou zu Ihnen geschickt. Doch was tun Sie? Nicht genug damit, daß Sie ihr nichts mitteilen, darüber hinaus verhören Sie sie auch noch. Jetzt wollen Sie von uns Hinweise? Wissen Sie, irgendwie paßt das nicht zusammen.«
»Ich konnte Frau Kostarakou nichts mitteilen, weil wir über keine neuen Informationen verfügten. Sie sind eben einen Schritt voraus.« Es sieht so aus, als wollte ich ihnen Honig ums Maul schmieren. Doch es handelt sich nicht um schleimige Heuchelei, sondern um ein taktisches Manöver. Nicht elegant und weltmännisch à la FBI , sondern nach Art des hinterwäldlerischen Hauses Griechenland. »Aus diesem Grund möchte ich Sie um Ihre Hilfe ersuchen. Ab morgen laufen bei uns die Telefone heiß. Alle werden sie irgendwo Kolakoglou gesehen haben. Wir können nicht abschätzen, wozu diese kollektive Hysterie Kolakoglou treiben wird. Wir müssen ihn also rasch finden.«
»Auch in diesem Punkt sind wir unterschiedlicher Ansicht, Herr Charitos.« Seine Miene gibt mir zu verstehen, daß er mich für geistig behindert hält und den Eindruck hat, mir alles mühsam buchstabieren zu müssen. »Es wäre schön, wenn
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