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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Windeltragen?« werfe ich ihm zu und gehe meine Souflaki essen.

17
    D as profile jedenfalls würde passen.«
    Das Wort Profail wirft er mir zum ersten Mal an den Kopf. Ich werde es mir merken, um es im Wörterbuch nachzuschlagen. Es ist halb zehn Uhr morgens, und ich erstatte Gikas Bericht über Kolakoglou. Sein kleiner Finger sagt ihm, daß ich das Wort Profail nicht verstanden habe, und er wartet meine Reaktion ab. Mir schwant jedoch, was er mir sagen will – nämlich, daß Kolakoglou uns als Mörder gerade recht kommt –, und ich beginne aufzuzählen, was alles mit dieser Auffassung nicht übereinstimmt. Widersprüchlich ist, daß Kolakoglou zum Sender kam, obwohl er dabei Gefahr lief, erkannt zu werden. Außerdem, daß er ohne Mordwerkzeug kam, obwohl er mit der Absicht zu töten aufgebrochen war. Ferner rufe ich ihm in Erinnerung, daß Kolakoglou nicht der einzige Verdächtige ist.
    »Ich weiß«, äußert er. »Wir haben noch den unbekannten ›N‹ mit seinen Briefen.«
    »Wissen Sie, wie Petratos mit Vornamen heißt? Nestor …!«
    Er blickt mich stumm an. Im Geiste bemüht er sich, die Karnevalsnase auf der Fotografie mit ›N‹ gleich Nestor des Briefwechsels in Verbindung zu bringen. Und er sieht, daß die beiden zusammenpassen, genau so, wie ich es gesehen hatte. »Hände weg von Petratos«, sagt er. »Machen Sie einen Bogen um ihn, solange Sie kein ausreichendes und überzeugendes Beweismaterial zusammengetragen haben. Ich habe keinerlei Lust, mich mit dem Minister herumzuschlagen.«
    Seine Miene ist derartig barsch, daß ich nicht wage, das gestrige Gespräch mit Petratos zu erwähnen. Wenn er noch dazu herausbekommt, daß ich Petratos eine Schriftprobe abverlangt habe, dann kann ich mich gleich beim Fahrstuhl zum Schafott anstellen.
    »Finden Sie mir schnell Kolakoglou und bringen Sie ihn hinter Gitter.«
    Die klassische Art des Vorgesetzten, dem Untergebenen zu verstehen zu geben: ›Schön und gut, du hast deine Weisheiten beisteuern können, nun tu, was zu tun ist.‹ Auch er will die bequeme Lösung – wie Delopoulos, Petratos, der Fernsehmoderator, wie alle. Ohne unnötige Verwicklungen, ohne ministerielles Einschreiten aufgrund der Verwicklung prominenter Bürger. Die sichere Lösung ist immer der nichtswürdige Ganove. Immer.
    »Das einzige Belastungsmaterial gegen Kolakoglou ist, daß er die Karajorgi nach seinem Prozeß bedroht hat. Und wenn er nachweisen kann, daß er zur Tatzeit woanders war?«
    »Das Alibi eines Kinderschänders mit ellenlangem Strafregister zählt nicht«, entgegnet er. »Schließlich mußte er nur sechs Jahre absitzen und ist um die zweite Hälfte herumgekommen. Dem passiert schon nichts, wenn er noch mal zwei bis drei Wochen einsitzt, er ist es ja gewohnt.«
    Es hat keinen Sinn, weiterzudiskutieren. Ich packe meine Siebensachen ein und bereite meinen Abgang vor.
    »Na, blicken Sie immer noch nicht durch?« Er bemerkt meinen verwunderten Blick und fährt fort, ohne sein Vergnügen an meiner Beschränktheit zu verbergen. »Bringen Sie Kolakoglou hinter Schloß und Riegel. Kann sein, daß er der Mörder ist, kann sein, daß er es nicht ist. Wir jedenfalls lassen verlauten, daß wir ihn zum Verhör festhalten. Inzwischen beginnen die anderen von der Presse, die alte Schmutzwäsche wieder hervorzukramen. Sie werden den Prozeß wieder aufrollen und bei den von ihm belästigten Mädchen um Interviews anklopfen. Wenn sich am Schluß herausstellen sollte, daß Kolakoglou tatsächlich der Mörder ist, dann treten wir vor die Presse und sagen, daß wir den Erfolg der überaus wertvollen Zusammenarbeit mit den allseits geschätzten Massenmedien verdanken, und alle sind hochzufrieden. Wenn aber Kolakoglou nicht der Mörder sein sollte, dann präsentieren wir den tatsächlichen Täter, und sie wissen nicht, wo ihnen der Kopf steht. Aus beiden Fällen gehen wir als Gewinner hervor.«
    Bravo, Gikas! Jetzt begreife ich erst, warum er zum Leitenden Kriminaldirektor aufgestiegen ist und ich bloß einfacher Abteilungsleiter geblieben bin. Selten heimst er ein bewunderndes Lächeln von mir ein, aber diesmal hat er es verdient. Er sieht es und bricht in ein sattes Gelächter aus.
    »Was Petratos betrifft, können Sie ruhig Nachforschungen anstellen, nur eben ganz behutsam. Mit vollster Diskretion«, meint er großzügig, denn ich habe ihn in gehobene Stimmung versetzt. »Und sehen Sie zu, daß Sie lernen, was ein profile ist. In ein paar Jahren werden wir nur mehr damit

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