Hellas Channel
höre sich Adriani verächtlich sagen, und augenblicklich geht mir der Hut hoch. Erstens, weil die Polizei unser Brotgeber ist, uns einkleidet sowie unserem Kind ein Studium ermöglicht – die Hand, aus der man ißt, soll man nicht beißen. Und zweitens, weil Adriani das mit voller Absicht sagt, nur weil ich mich nicht begeistert zu ihren Stiefeln geäußert habe.
»Was weißt du denn über die Nachforschungen der Polizei, daß du deine Meinung zum besten geben kannst, du Zimtzicke!«
»Wie kannst du es wagen!« Sie ist aufgebracht aufgesprungen.
»Meinst du etwa, die Polizisten seien allesamt knurrende Wichser wie der, von dem du dich jeden Nachmittag berieseln läßt? Nur dumme Puten wie du glauben so etwas.«
»Ich erlaube dir nicht, so mit mir zu sprechen!«
»Ruhe jetzt! Ich werde dich doch nicht um Erlaubnis fragen! Mach schon, zieh dir die Stiefel an und ab in die Küche!«
»Dein Essen kannst du dir selbst kochen, du ungehobelter Klotz!« Sie stürzt am ganzen Leibe zitternd hinaus, genau in dem Augenblick, als ich den Couchtisch in der Mitte des Wohnzimmers packe, umdrehe und auf den Boden werfe. Er ähnelt dem Tischchen im Wohnzimmer der Antonakaki, doch auf unserem stand noch eine Blumenvase, deren Inhalt sich nun über den Teppich ergießt.
Ich habe den Auslöser gefunden, und Adriani bekommt alles ab, was sich den ganzen Tag über in mir angestaut hatte. Aber ich habe es auch deshalb getan, um ihr vorsorglich eins aufs Dach zu geben. Denn ich weiß, was mich sonst erwartet. Sie würde mir den letzten Nerv rauben. Jeden Unsinn, den sie im Fernsehen über den Karajorgi-Mord hört, würde sie mit mir abklären wollen und mich unentwegt nach neuen Einzelheiten aus den Untersuchungen löchern. Und ich habe keine Lust, zweimal am Tag Bericht zu erstatten. Einmal morgens Gikas und dann abends Adriani. Jetzt schneidet sie mich für mindestens zwei Wochen. Und ich kann mich in aller Ruhe aufs Bett legen, in der angenehmen Gesellschaft meines Wörterbuchs.
Ich schalte den Fernseher aus und versuche meine Gedanken zu ordnen. Offenbar ist Kolakoglou aus der Haft entlassen worden, nachdem er drei Fünftel seiner Strafe abgesessen hatte. Er hatte die Karajorgi öffentlich bedroht, darüber besteht keinerlei Zweifel. Dreieinhalb Jahre lebte er im Gefängnis, und es sieht so aus, als habe er an nichts anderes gedacht als an Rache, als habe er sich nur an diesen Gedanken gehalten. Als dann Karajorgis Buch erscheint, bringt ihn das noch mehr in Rage. Nur einen Monat nach seiner Haftentlassung macht er sie kalt. Daß er wie vom Erdboden verschwunden ist, erweist sich als ein weiteres belastendes Indiz. Wie auch die Tatsache, daß die Karajorgi um ihr Leben fürchtete. Sie hatte in Erfahrung gebracht, daß Kolakoglou auf freiem Fuß war, und deswegen hatte sie Angst. Die ganze Inszenierung kommt mir sehr gelegen, denn Petratos bleibt dabei außen vor. Man greift einen Kinderschänder auf, der schon dreieinhalb Jahre im Gefängnis saß, und sperrt ihn diesmal lebenslänglich ein. Und alle sind hochzufrieden, allen voran Gikas, der mir mindestens zwanzig Punkte gutschreibt.
Gut und schön bis hierher, doch die Sache hat einen Haken. Warum sollte Kolakoglou riskieren, die Karajorgi mitten im Sender zu beseitigen? Er lief Gefahr, jederzeit erkannt zu werden. Wäre es für ihn nicht viel einfacher und viel sicherer gewesen, ihr an einer dunklen Ecke aufzulauern und sie dann aus dem Weg zu räumen? Doch, gesetzt den Fall, er riskierte es, den Sender zu betreten: Hätte er dann nicht irgendein Messer oder ein Seil bei sich gehabt, um sie abzumurksen? Sollte er die Tatwaffe tatsächlich dem Zufall überlassen haben, in der abstrusen Hoffnung, daß ihm im richtigen Moment schon ein Scheinwerferständer für seine Zwecke zupaß kommen würde? Ich hege keinerlei Sympathie für Kolakoglou, mit Freuden würde ich ihn wieder hinter Schloß und Riegel bringen. Jemanden zu Recht hinter Gitter zu bringen oder blindwütig den ersten besten einzubuchten sind jedoch zwei verschiedene Dinge. Zudem gibt es noch den Drohbrief, der in Karajorgis Papieren gefunden wurde. Kolakoglou heißt mit Vornamen Petros. Wie paßt Petros zum unbekannten ›N‹? Und da das hinten und vorne nicht zusammenpaßt, ergibt sich daraus, daß es noch jemand anderen außer Kolakoglou gab, der die Karajorgi bedrohte.
Schön langsam läuft mir die Galle über, denn die bequeme Lösung, die Petratos außer acht läßt, erweist sich doch nicht als so bequem wie
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