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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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arbeiten.«
    Stets fürchtete ich, vor Adriani oder irgendwelchen Engländerinnen mit strähnigen roten Haaren wegen eines Fremdworts das Gesicht zu verlieren. Nun verliere ich es vor Gikas. Ich öffne die Tür und gehe am Boden zerstört hinaus.
    Die wartende Horde der Reporter ist auf dem Gang versammelt. Weil sie gestern aus mir nichts herausbekommen konnten, klopfen sie heute an die Tür meines Vorgesetzten. Unter ihnen befindet sich auch die Kostarakou, doch sie hält sich raus aus dem kollektiven, herausfordernden Blick, den mir alle anderen zuwerfen. Sie vermeidet es auffällig, zu mir herüberzusehen.
    Ich lasse Thanassis rufen. Wir haben seit gestern nachmittag nicht mehr miteinander gesprochen, und er sieht mich ängstlich an. Er meint, daß ich wieder von seinem Treffen mit der Karajorgi anfangen werde. Als ich ihm sage, daß ich mit allen Schikanen nach Kolakoglou fahnden will, mit Flugblättern und Benachrichtigung der Einsatzwagen per Funk et cetera, wirkt er dermaßen erleichtert, als sei er schlagartig von einer zehntägigen Verstopfung befreit worden. Er hat durchaus ein Talent fürs Organisieren. Allerdings muß er sich auf die Bürotätigkeit beschränken, denn sonst zäumt er das Pferd beim Schwanz auf. Entweder aus Unfähigkeit oder aus purem Pech, wie bei der Karajorgi. Ich ordne ihm auch an, die Adresse von Kolakoglous Mutter ausfindig zu machen und mir einen Einsatzwagen mit Begleitfahrzeugen bereitzustellen.
    »Benötigen Sie auch einen Hausdurchsuchungsbefehl?«
    »Nun mach mal halblang, ich brauche doch keinen Hausdurchsuchungsbefehl für die Wohnung eines Kinderschänders. Das fehlte noch.«
    Das Croissant liegt auf meinem Schreibtisch und steckt noch immer in der Zellophanhülle. Ich reiße sie auf und beiße herzhaft hinein. Abends Souvlaki, morgens Croissants. Bleibt abzuwarten, wann man uns Souflaki im Croissant mit Tzatziki, Tomate und Zwiebel servieren wird. So wie auf gewissen Gemälden aus dem 19. Jahrhundert die Anführer von Freischärlerverbänden aus dem griechischen Befreiungskrieg am Hofe König Ottos 1. über der Foustanella – der griechischen Nationaltracht – einen abendländischen Frack tragen. Ein interessantes Profail , wie Gikas sagen würde.
    Ich beiße erneut in mein Croissant und nehme mir das ganze Unterlagenpaket zur Brust. Ich beginne mit Markidis’ Befund. Er erzählt mir nichts Neues, außer der Tatsache, daß die Karajorgi ungefähr zwei Stunden vor der Tat gegessen hatte. Was Thanassis’ Aussage bestätigt. Der Mord passierte zwischen elf und zwölf Uhr. Auch das weiß ich bereits. Ich lasse den Obduktionsbefund links liegen und gehe zu Karajorgis Computerarchiv über. Auch hier stoße ich auf nichts, was meine Aufmerksamkeit fesseln könnte. Artikel, Interviews und Ideen für etwaige Themen. Es gibt nichts über Kolakoglou. Auch nicht in ihren anderen Papieren. Wie zum Teufel soll das denn gehen – sie stellt Nachforschungen an und macht sich keine einzige Notiz? Ich bin am Ende des Pakets angelangt, als das Telefon schellt.
    »Charitos.«
    »Charitos Junior«, höre ich eine weibliche Person lachend sagen, und ich erkenne Katerinas Stimme.
    Telefongespräche mit Katerina finden nur vereinzelt statt, weil sie keinen Anschluß in ihrer Wohnung hat und wir sie nicht erreichen können. Sie meldet sich jede Woche bei uns zu Hause, üblicherweise abends. Im Büro ruft sie mich äußerst selten an. Wenn sie es dennoch tut, macht mich das ganz nervös – es könnte ihr ja etwas zugestoßen sein.
    »Was gibt’s denn Neues, Papilein?« Ihre Stimme klingt fröhlich und unbeschwert.
    »Ach, du weißt schon, mein Schatz. Viel zu tun … Wieso rufst du mich denn am Vormittag an? Ist etwas passiert?« Ich bringe es besser gleich in Erfahrung.
    »Nichts ist passiert, mir geht’s prima. Ich habe gerade Mama zu Hause angerufen und gehört, daß ihr euch wieder einmal gezankt habt.«
    Wenn ich Adriani jetzt vor mir hätte, dann würde ich ihr gehörig den Marsch blasen. Was bezweckt sie damit, das Kind einzuweihen? Wenn man weit fort ist, dann erscheint einem alles schlimmer, als es in Wirklichkeit ist.
    »Komm schon, Papa. Du kennst sie doch. Sie ist allein, jetzt bin ich auch noch von zu Hause fort, und sie lebt unter einer ständigen Anspannung. Da fährt sie bei jeder Kleinigkeit aus der Haut.«
    »Weiß ich doch, aber manchmal trampelt sie mit ihrer Undankbarkeit auf meinen Nerven herum.«
    »Sie ist ein bißchen überempfindlich, aber mach dir nichts draus.

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