Hellas Channel
Petratos die ganze Zeit hier?«
»Nicht einmal der. Er geht gegen vier Uhr außer Haus und kommt gegen sieben oder halb acht wieder herein.«
»Wann ist er gestern wiedergekommen?« Er sieht mich forschend an. »Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken«, sage ich zu ihm. »Ich versuche bloß, mir ein Bild zu machen.«
»Ich weiß nicht. Um sieben jedenfalls, als ich ging, war er noch nicht eingetroffen.«
Ich kann nichts weiter aus ihm herauskriegen und lasse ihn wieder an seine Arbeit gehen. Auf meinem Rückweg von Spata ins Büro schaue ich beim Labor der Spurensicherung vorbei und gebe Dimitris das Stück Draht. Er wirft einen Blick darauf, und als ich sehe, wie er mit den Schultern zuckt, bestätigen sich meine Befürchtungen.
»Wir können ihn schon untersuchen«, meint er, »nur sobald ihn der Staatsanwalt in die Finger bekommt, landet er in hohem Bogen auf dem Müll. Es ist einfach, den Nachweis zu erbringen, daß er sie mit einem solchen Stück Draht erdrosselt hat, doch fast unmöglich, zu beweisen, daß der Mord mit genau diesem Stück Draht hier, das Sie in der Garage gefunden haben, begangen wurde.«
»Schon klar«, antworte ich und habe die Schnauze gestrichen voll. »Aber untersucht ihn trotzdem.«
Es hat sich ein böiger Wind erhoben, und ein Gewitter liegt in der Luft. Als ich ins Büro zurückkehre, überlege ich, daß es eine ganze Reihe von Indizien gibt, die geradewegs zu Petratos führen, doch keinen Beweis. Wenn es sich um irgend jemand anderen handelte, würde ich ihn ins Präsidium schleifen und gehörig bearbeiten, bis er geständig wäre. Für Petratos aber benötige ich Gikas’ Einverständnis. Und ich wage zu bezweifeln, daß er einwilligt.
23
I ch verfalle in leichten Trab, um rechtzeitig zu den Abendnachrichten zu Hause zu sein. Der Kostarakou-Mord bildet sicher die Spitzenmeldung, und die möchte ich nicht verpassen. Im Wohnzimmer angekommen, verschnaufe ich kurz.
Adriani sitzt mit der Fernbedienung in der Hand auf ihrem Lieblingsplatz. Ich gehe an ihr vorbei, um den anderen Sessel zu besetzen. Sie sieht geflissentlich durch mich hindurch. Ihr Blick bleibt auf die Mattscheibe geheftet. Ich blicke verstohlen zu ihr hinüber und amüsiere mich insgeheim. Mir ist klar, daß es sie wurmt, daß sie die Neuigkeiten über den Fall Kostarakou nicht aus erster Hand erfährt, sondern sich, wie alle Normalsterblichen, mit der Nachrichtensendung begnügen muß. Daß sie ihrer Vorrechte beraubt ist, nimmt sie, ohne mit der Wimper zu zucken, hin und läßt sich durch ihre Neugier nicht zu einem vorzeitigen Waffenstillstand hinreißen.
Man zeigt Kostarakous Wohnung. Das Wohnzimmer, in dem sie tot aufgefunden wurde. Überall verstreute Papiere und herumliegende Bücher, so wie wir es auch angetroffen hatten. Nur die Leiche ist entfernt worden. An ihrer Stelle wurde eine Kreidezeichnung auf den Boden gemalt. Der Moderator hat seine klassische betrübte Miene aufgesetzt, doch zum ersten Mal bin ich von ihrer Echtheit überzeugt. Die Wörter triefen mit erloschener Stimme noch langsamer von seinen Lippen. Seine Hände schweben in dem allseits bekannten Verzweiflungsgestus in der Luft. Selbst sein Jackett aus dem Kostümverleih scheint heute um seinen Körper zu schlottern.
»Leider liegen zur Stunde keine weiteren Hinweise vor, meine sehr verehrten Damen und Herren«, sagt er. »Die Polizei glaubt, daß zwischen den beiden Morden eine Verbindung besteht, und setzt ihre Ermittlungen mit größtem Nachdruck fort, und zwar unter der Führung von Herrn Gikas, dem Leitenden Kriminaldirektor für den Distrikt Anika.«
Weil ich mit Petratos Oberwasser bekam, schiebt mich Gikas beiseite, um seinen Frust abzulassen. Von heute an nimmt er die Nachforschungen persönlich in die Hand, und ich werde aufs Abstellgleis verfrachtet. Nicht, daß das meine Eitelkeit sonderlich verletzt. Viel mehr stört mich, daß ich ab morgen verpflichtet bin, ihm ständig Bericht zu erstatten und wegen jeder Kleinigkeit seine Zustimmung einzuholen.
Meine Gedanken haben mich ganz in Anspruch genommen, und ich verliere den Faden der Nachrichtensendung. Ich komme zu mir, als ich mit einem Mal Petratos auf der Mattscheibe sehe, gerade wie er neben dem Moderator Platz nimmt.
»Guten Abend, Nestor«, sagt dieser. »Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hat unseren Sender ein großer Verlust getroffen. Nach Janna Karajorgi fand heute auch Martha Kostarakou in den Händen eines abscheulichen Mörders, der immer noch nicht
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