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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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erzählt. Das juckt mich wenig. Soll er ruhig Delopoulos anrufen und ihm sagen, daß ich ihn noch immer verfolge. Ich umkreise den Renegade, doch von außen kann ich nichts Auffälliges erkennen. Ich trete näher und blicke durchs Fenster ins Wageninnere. Auf dem Beifahrersitz liegen durcheinandergewürfelte Videokassetten. Auf dem Rücksitz ein Stoß Zeitungen und Zeitschriften. Sonst nichts. Der Hüne hat es aufgegeben, sich mit mir zu befassen, und geht auf seinen Starlet zu.
    »Brauchen Sie länger?« fragt er mich.
    »Nö, bin gleich fertig.«
    Als ich mich zum Eingangstor der Garage umwende, sticht mir etwas unter dem zugedeckten Wagen ins Auge. Ich bücke mich hinunter und sehe ein unhandlich zusammengerolltes Stück Draht.
    »Kommen Sie schnell mal her!« rufe ich dem Lulatsch zu.
    Er wendet sich um und blickt mich mißbilligend von der Seite an. »Meine Mutter hat schon recht, Sie bringen einen nur in Schwierigkeiten«, sagt er ungehalten zu mir.
    »Tun Sie schon, was ich Ihnen sage. Aber zackig!« Mein Gesichtsausdruck erstickt jeden Widerspruch im Keim, und er kommt auf mich zu.
    »Was ist denn das da unter dem Auto?«
    Er beugt sich neugierig nach unten, nimmt den Draht in die Hand und zieht ihn unter dem Wagen hervor. »Na ein Stück Draht«, meint er gleichgültig. Wie sollte er auch ahnen, daß dieser Draht ihn möglicherweise als Zeugen der Anklage vor Gericht bringt. Mit der Aussage, daß wir ihn neben Petratos’ Wagen gefunden haben.
    »Wie lange liegt der schon dort unten?«
    »Woher soll ich das wissen? Das ist Kalafatis’ Auto. Seit seinem Tod vor drei Monaten steht der Wagen verlassen da. Warum, hat das irgend etwas zu bedeuten?«
    »Und ob das was zu bedeuten hat! Wissen Sie denn nicht, daß ein Stück Draht schädlich für die Reifen ist? Und Sie wollen einen Renegade …!« Und ich schnappe ihm den Draht aus der Hand. Er wirft mir einen giftigen Blick zu und geht zu seinem Starlet. Er wirft den Motor an, öffnet das Garagentor mit einer Magnetkarte, drückt aufs Gas und entschwindet meinen Blicken. Ich verlasse die Tiefgarage in seinem Schlepptau, während die Tür langsam wieder heruntersinkt.
    Ich sitze im Mirafiori und betrachte den Draht, den ich auf den Nebensitz gelegt habe. Es scheint, als hätte ich Petratos unterschätzt. Kann sein, daß der zweite Mord vorsätzlich war, das Mordwerkzeug fiel ihm jedoch wieder nur per Zufall in die Hände, wie beim Karajorgi-Mord. Sein Blick fiel auf den Draht, während er das Auto einparkte, er schnitt ein Stück ab, erdrosselte die Kostarakou, steckte den Draht in seine Jackentasche und ging. Wäre es nämlich um ein Messer oder eine Pistole gegangen, hätten wir nachweisen können, daß die Tatwaffe ihm gehörte und woher sie stammte. Doch was sollte man bei einem Stück Draht nachweisen? Den bekam man in jeder Eisenwarenhandlung, in jeder Wohnung, überall. Wie sollte man belegen, daß der Mord mit gerade diesem, neben seinem Wagen hingeworfenen Stück Draht begangen wurde? Ein gefinkelter Rechtsanwalt genügt, um das Corpus delicti als an den Haaren herbeigezogen darzustellen. Vielleicht hat er aus diesem Grund den übrigen Draht gar nicht erst beseitigt. Drei Monate lang lag er unter dem Wagen des Dahingeschiedenen. »Wenn ich sie getötet hätte, hätte ich dann den Draht dort liegenlassen? Hätte ich ihn nicht verschwinden lassen? Bin ich denn nicht bei Trost, Herr Vorsitzender?« Richtig, wird der Vorsitzende zustimmen, so einen stümperhaften Mörder findet man nicht einmal gegen Bestellung.
    Von Ajia Paraskevi brauche ich ungefähr eine Viertelstunde, um zum Hellas Channel in Spata zu gelangen. Das Redaktionsbüro ist nahezu menschenleer. Ich treffe nur auf Sperantzas, der die Sechs-Uhr-Nachrichten vorbereitet. Ihm ist sein grantiger Gesichtsausdruck gründlich vergangen, und er sieht mich mit einem unsteten, verängstigten Blick an.
    »Wer kommt als nächster dran?« fragt er mich. »Wird einer nach dem anderen dran glauben müssen?«
    Mit Absicht finde ich kein beruhigendes Wort für ihn, denn seine Furcht kommt mir gelegen. »Hat sich denn gar niemand gefragt, wo die Kostarakou bleibt, als sie gestern abend nicht im Sender erschien?«
    »Warum sollte sie erscheinen? Sie kam, gab ihre fertig geschnittene Reportage ab und ging gegen fünf Uhr. Sie wäre nur zurückgekommen, wenn sie einen zusätzlichen Sendeplatz in den Abendnachrichten um halb neun gehabt hätte. Wir arbeiten hier nicht mit Stechuhren.«
    »Dann bleibt also nur

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