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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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gefaßt wurde, einen grauenvollen Tod.«
    »In der Tat«, entgegnet Petratos, »unserem Sender wurde, wie du bereits gesagt hast, Pavlos, innerhalb weniger Tage gleich zweimal ein schrecklicher Schlag versetzt.«
    Früher, wenn zwei Leute einander so offensichtlich das Wort aus dem Mund nahmen, sprach man von gegenseitiger Beweihräucherung und rief nach dem Weihwasserkessel. Heute nennt man das Journalismus.
    »Ich würde gerne deine Einschätzung zum Fortgang der Ermittlungen hören, Nestor«, fährt der Moderator fort. »Wie schnell können wir mit Ergebnissen rechnen? Ich frage, weil bei unserem Sender tagtäglich Tausende Telefonanrufe von Zuschauern eingehen, die dringend nach Aufklärung verlangen. Und wir sind ihnen eine Antwort schuldig.«
    »Ich versuche, etwas dazu zu sagen, Pavlos.« Petratos pausiert, um zu zeigen, daß er ernsthaft darüber nachdenkt. »Es gibt eine positive und eine negative Seite. Die positive ist, daß sich Herr Gikas, der Leitende Kriminaldirektor für den Distrikt Attika, entschlossen hat, die Ermittlungen selbst in die Hand zu nehmen. Ich bedaure sehr, das sagen zu müssen, doch die Nachforschungen hatten eine völlig falsche Richtung eingeschlagen, wodurch wertvolle Zeit verlorenging. Ich weiß nicht, ob das Ministerium wegen dieser Nachlässigkeit nicht jemanden zur Verantwortung ziehen sollte. Zumindest jedoch können wir damit rechnen, daß die Nachforschungen endlich auf die richtige Bahn gebracht werden.«
    Plötzlich sehe ich, wie Adriani die Fernbedienung von sich wirft und fuchsteufelswild aus dem Zimmer rennt. Sie ist zwar noch immer sauer auf mich, doch mit ihrem Abgang will sie mir zeigen, wie erbost sie über das Gehörte ist. Ich bleibe auf meinem Platz sitzen. Ich denke, ich kann froh sein, wenn ich am Schluß mit einem Disziplinarverfahren davonkomme.
    »Und die negative Seite?« fragt der Moderator.
    Petratos seufzt auf, als quäle ihn die Antwort, die er geben muß. »Wenn Kolakoglou der Täter ist, und diese Möglichkeit wird von der Polizei ernsthaft überprüft, dann haben wir es mit einem psychopathischen Mörder zu tun. Er haßte nicht nur Janna Karajorgi. Er haßt alle Journalisten, weil er glaubt, daß sie ihm geschadet haben, und er tötet, um Rache zu nehmen. Wenn man die Sache so betrachtet, ist es ganz natürlich, daß er zunächst bei unserem Sender zuschlägt, denn er fügte ihm den größten Schaden zu. Lassen Sie uns nicht vergessen, daß der Fall Kolakoglou einer der größten Erfolge unseres Senders war.«
    »Das heißt also, daß alle Journalisten in Gefahr sind?« Er spricht es so aus, als stünde Kolakoglou bereits mit gezückter Waffe hinter ihm.
    »Deswegen wies ich vorhin darauf hin, daß die Polizei wertvolle Zeit vertan hat. Sie hat Kolakoglou frei herumlaufen lassen, obwohl sie schon seit seiner ersten Verhaftung wußte, daß es sich um einen psychopathischen Täter handelt. Hoffen wir, daß sie nun zielgerichteter vorgehen wird.«
    Der Moderator dankt ihm, und Petratos verschwindet von der Bildfläche. Du hast ihn unterschätzt, Sotiropoulos, sage ich zu mir selbst. Sowohl du als auch die Karajorgi habt ihn unterschätzt. Nicht allein, daß er auf Sendung geht und sich aufgrund seines Irrtums wegen Kolakoglou absolut nicht rechtfertigt. Nein, er befördert ihn darüber hinaus auch noch zum psychopathischen Mörder. Die Zuschauer können ja nicht wissen, daß ein psychopathischer Mörder immer auf ein- und dieselbe Art zuschlägt, daß er eine ganz bestimmte und wiedererkennbare Handschrift hat. Er verwendet nicht das eine Mal einen Scheinwerferständer, beim nächsten Mal Draht und beim dritten eine Kettensäge. Allerdings hat Gikas in einem Punkt recht. Wir hätten Kolakoglou fassen und ihn einsperren müssen. Dann hätten wir jetzt unsere Ruhe. Gerade, als ich an das Donnerwetter denke, das morgen über Thanassis hereinbrechen wird, läutet das Telefon.
    »Haben Sie das gehört?« Gikas nimmt sich nicht einmal die Mühe, seinen Namen zu nennen. Er ist sicher, daß ich ihn erkenne.
    »Ich habe es gehört«, antworte ich kurz angebunden.
    »In einer halben Stunde sind Sie im Büro des Ministers und hören sich den Rest an«, sagt er und legt auf.
    Mir wird langsam bewußt, daß die Lage ernster ist, als ich sie ursprünglich eingeschätzt hatte. Schlußendlich wird es Delopoulos gelingen, mich auszuhebeln. Man wird mich in irgendeine Polizeidienststelle versetzen, wo ich dann Diebstahlanzeigen, Strafanzeigen wegen öffentlicher

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