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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Ruhestörung oder Streitereien nach Verkehrsunfällen bearbeiten darf. Ich höre, wie Adriani den Tisch in der Küche deckt, und schlagartig überkommt mich der Wunsch, mit ihr zu reden, ihr zu erzählen, wohin ich gehe und was mich erwartet. Etwas hält mich jedoch im letzten Augenblick zurück. Vielleicht mein verdammter, verbohrter Stolz. Ich möchte nicht, daß sie meint, ich sei schwach geworden und spräche deshalb mit ihr, weil ich ein paar gute und aufmunternde Worte nötig hätte. Und dennoch ist es haargenau das, was ich bräuchte. Ich werfe die Tür hinter mir ins Schloß, damit sie merkt, daß ich gegangen bin.
    Zwischen der Imittos- und der Eratosthenous-Straße ist der Straßenverkehr recht flüssig, auf dem Vassileos Konstantinou-Boulevard jedoch bleibe ich im Stau stecken. In der Mesojeion-Straße bewegt sich die Autoschlange im Schritttempo voran, und die Fahrer lassen ihre schlechte Laune an ihrer Hupe aus. So gelange ich mit einer Viertelstunde Verspätung zum Ministerium für Öffentliche Ordnung in der Katechaki-Straße.
    »Kommissar Charitos. Ich habe einen Termin beim Minister«, sage ich zu einem jungen Mitarbeiter des Wachdienstes.
    Er überprüft meine Angaben in einem Verzeichnis, das vor ihm liegt, und winkt mich dann mit einem »Kommen Sie, Herr Kommissar« durch.
    Ich trete aus dem Fahrstuhl und überquere den Korridor fast im Laufschritt, als hätte diese Minute, die ich meiner Verspätung dadurch abringe, noch irgendeine Bedeutung. Wahrscheinlich tue ich es nicht wegen des Zeitgewinns. Ich beeile mich, um die Strafpredigt so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.
    »Gehen Sie gleich hinein, Sie werden bereits erwartet«, sagt die Privatsekretärin, sobald sie meinen Namen hört.
    Im Vergleich mit Delopoulos’ Dreizimmerapartment wirkt das Büro des Ministers wie eine Garçonnière inklusive Flur. Sowie ich eintrete, treffe ich auf die Heilige Dreifaltigkeit, die meiner harrt. Minister, Gikas, Delopoulos – Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der Minister sitzt mit Delopoulos auf dem Sofa, als wollten sie mir gegenüber unterstreichen, wie eng befreundet sie sind. Gikas sitzt in einem Sessel neben dem Minister, und alle zusammen haben ihre Blicke auf mich gerichtet.
    »Entschuldigen Sie meine Verspätung, aber es war sehr viel Verkehr.«
    »Setzen Sie sich, Herr Kommissar.« Der Minister zeigt auf einen leeren Sessel, doch sein Gesichtsausdruck sagt mir, daß er mich lieber stehenlassen hätte.
    Das ganze Szenario spricht für sich. Delopoulos fordert meinen Kopf, der Minister will ihm den Gefallen tun, um sich gut mit ihm zu stellen, und was Gikas betrifft: Er ist ehrgeizig und will ihnen nicht ins Gehege kommen. Ich weiß nicht, wie ich mich aus der Affäre ziehen kann, doch sicherlich komme ich nicht ohne eine Schramme davon.
    »Wie kommen die Ermittlungen wegen der Morde an den beiden Journalistinnen des Hellas Channel voran, Herr Charitos?« fragt mich der Minister. »In der letzten Zeit kommen mir lauter Beschwerden über Sie zu Ohren.«
    Gikas würde gerne meinem Blick ausweichen, doch da ich ihm genau gegenübersitze, weiß er nicht, wo er seinen Blick unterbringen soll. Schließlich nagelt er ihn hoch über mir fest, dort, wo Wand und Decke sich treffen. Er fühlt sich unwohl in seiner Haut und kann es nicht verbergen. Ganz im Gegensatz dazu hat Delopoulos seinen Blick auf mich geheftet und hält mit seiner Genugtuung nicht hinter dem Berg. Möglicherweise erweist sich dieser kollektive Überraschungsangriff für die gegnerische Seite noch als Fehler. Denn wenn eine Sache auf des Messers Schneide steht, dann geht der Angegriffene vorsichtig vor, greift zu taktischen Rückzugsmanövern, sogar zu höflichen Bücklingen. Wenn er jedoch schon mit einem Bein im Grab steht, dann stürzt er sich ins Feuergefecht, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich beschließe, alles rückhaltlos zu sagen, selbst auf die Gefahr hin, vom Dienst suspendiert zu werden. So werde ich wenigstens mit dem Bewußtsein eines heldenhaften Abgangs entschädigt.
    »Die Nachforschungen kommen nur langsam voran, wie oft in solchen Fällen, Herr Minister. Immerhin treten sie nicht auf der Stelle.«
    »Soviel ich höre, verfolgen Sie jedoch eine falsche Richtung. Herr Gikas hat Ihnen die klare Anweisung gegeben, Kolakoglou festzunehmen, doch Sie ignorieren das und beschäftigen sich statt dessen mit anderen Dingen.«
    »Ich habe das ganz und gar nicht ignoriert. In diesem Augenblick sucht die ganze Fahndungstruppe

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