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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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geweint!«
    »Mir ist das gestern sehr nahegegangen. Ich habe diese beiden lächerlichen Typen in den Nachrichten gehört, dann bist du ganz aus dem Häuschen davongestürzt. Da habe ich begriffen, das es sich um etwas Ernstes handeln muß. Und am Morgen bin ich ganz beklommen aufgewacht.«
    »Du hast dir ganz umsonst Gedanken gemacht. Sie haben mich ein wenig in die Enge getrieben, doch schließlich den Schwanz eingezogen.«
    Meine Worte scheinen ihre Sorgen nicht zu vertreiben. Sie sieht mich weiterhin wie ein waidwundes Reh an, und endlich lüftet sie das Geheimnis. »Katerina wird zu Weihnachten nicht kommen. Sie hat mir heute Bescheid gegeben.«
    »Warum denn nicht?«
    »Sie möchte sich in den Ferien auf die Prüfungen vorbereiten.«
    »Und das ist ihr so plötzlich eingefallen? Als wir zuletzt telefonierten, meinte sie noch, sie würde kommen.«
    »Sie hat ihre Vorbereitungszeit überschlagen und herausgefunden, daß die Zeit bis zum Juni nicht ausreicht. Sagt sie.«
    Der Appetit ist mir schlagartig vergangen. Ich rücke den Teller weg, weil ich merke, daß mir die gefüllte Tomate schwer im Magen liegenbleiben wird. Adriani nimmt Anlauf zu einem Lächeln.
    »Ich muß dir was sagen«, die Worte kommen ihr nur schwer über die Lippen, »aber du mußt mir versprechen, daß du ihr gegenüber nichts erwähnen wirst. Sie bleibt wegen Panos in Thessaloniki.«
    »Wegen Panos?«
    »Ja. Er muß nach den Feiertagen eine Arbeit abgeben und sie bleibt bei ihm, um ihm beizustehen. Sie hat mir versprochen, auf jeden Fall zu Ostern zu kommen.«
    Sobald ich den ersten Schreck überwunden habe, halte ich mir den infantilen Wandschrank mit T-Shirt und Turnschuhen vor Augen, und mein Blutdruck schnellt in die Höhe.
    »Was für eine Arbeit soll denn ein akademischer Gemüsehändler schreiben? Studiert er vielleicht, wie weit die Äpfel vom Stamm fallen oder wie man Brennesseln beschneidet?«
    »Er ist kein Gemüsehändler. Der Junge studiert Agrarökonomie.«
    »Und dazu braucht der Dussel jemanden, der ihm Händchen hält?« Hätte ich ihn jetzt vor mir, ich hätte ihm schon längst ein paar hinter die Löffel gegeben. Dafür würde ich sogar in Kauf nehmen, im Gegenzug von dem Muskelpaket vermöbelt zu werden.
    »Es ist bitter, ich weiß, doch wenn du jemanden liebst, dann willst du an seiner Seite sein. Es kommt der Augenblick, wo die Eltern die zweite Geige spielen.«
    Normalerweise, wenn sie mir solche Binsenweisheiten, die sie in irgendwelchen Fernsehserien aufgeschnappt hat, serviert, geht mir der Hut hoch. Heute möchte ich ihr aber keine Vorhaltungen machen, weil ich weiß, wie sie leidet.
    »Warum fährst du nicht hin und verbringst die Feiertage bei ihr?«
    Keine Ahnung, wie mir diese Eingebung zugeflogen ist. Möglicherweise, weil sie wieder zu weinen beginnt. Das hat sie nicht erwartet, und für einen kurzen Moment leuchtet ihr tränenverschleierter Blick auf. Sogleich jedoch nimmt sie wieder ihre strenge Miene an. Weniger, um mich als vielmehr sich selbst zurechtzuweisen.
    »Und ich soll dich zu Weihnachten alleine lassen? Ausgeschlossen!«
    »Mich läßt du jetzt mal außen vor. Dieser Fall Karajorgi ist so verwickelt, daß ich wahrscheinlich nicht einmal zum Weihnachtsessen zu Hause bin. Ich muß mir dieser Tage ohnehin die Hacken ablaufen. Und du sitzt dann allein zu Hause herum und bläst Trübsal.«
    »Wir geben nur grundlos eine Menge Geld aus.«
    »Wieviel werden wir denn ausgeben? Die Bahnfahrkarte, das Geschenk für Katerina, das wir sowieso gekauft hätten, und die sonstigen Ausgaben für deinen Aufenthalt. Mit achtzigtausend sind wir dabei.«
    Mein restlicher Kontostand inklusive dem Weihnachtsgeld reicht aus, um ihre Reisekosten und Katerinas Ausgaben für Januar zu decken. Allerdings bleibt mir selbst kein Groschen übrig. Doch, was soll’s, ich biege das schon irgendwie hin. Jetzt, da ich ihr den Weg geebnet habe, beginnt Adriani zu schwanken.
    »Meinst du wirklich, ich sollte fahren?« fragt sie zögernd, als fürchte sie, meine Großzügigkeit könnte mich reuen, wenn sie ihrer Freude freien Lauf ließe.
    »Denk doch, wie sehr sich Katerina freuen wird. Kann sein, daß sie dem Kleiderschrank zuliebe auf die Reise verzichtet, doch es wird ihr auch ein wenig zu schaffen machen, daß sie uns alleine läßt.«
    Wenigstens werden Adriani und Katerina schöne Feiertage zusammen verbringen. Und, was mir die Stimmung zusätzlich versüßt: Ich wische damit dem Schlappschwanz hinterrücks eins aus. Er hat

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