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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ältesten Familien von Ankh. Das Schicksal hatte sie zu-
    sammengeführt wie Zweige in einem Strudel. Jetzt blieb ihnen nichts
    anderes übrig, als sich dem Unvermeidlichen zu fügen…
    Als kleiner Junge hatte Sam Mumm geglaubt, die Reichen äßen von
    goldenen Tellern und wohnten in Häusern aus Marmor.
    Jetzt wußte er: Sehr reiche Leute leisteten sich den Luxus, arm zu sein.
    Sybil Käsedick lebte in jener Art von Armut, die nur den Reichsten der
    Reichen zur Verfügung stand. Einer solchen Armut näherte man sich
    von der anderen Seite. Nur begüterte Frauen kauften seidene Kleider mit
    Spitzen und Perlen; Lady Käsedick war so reich, daß sie es sich erlaubte, in Gummistiefeln herumzulaufen und einen Tweedrock von ihrer Mutter
    zu tragen. Sie war so reich, daß sie es sich leisten konnte, al ein von Kek-sen und Käsebroten zu leben. Sie war so reich, daß sie mit drei Zimmern
    vorliebnahm, obwohl die Villa vierunddreißig Räume bot. In den übrigen
    Kammern standen, von Staubtüchern bedeckt, sehr teure und sehr alte
    Möbel.

    Mumm vermutete, daß die Reichsten der Reichen deshalb so unerhört
    reich waren, weil sie weitaus weniger Geld ausgaben als andere Leute.
    Man nehme zum Beispiel Stiefel. Mumm verdiente achtunddreißig
    Ankh-Morpork-Dollar im Monat, plus Spesen. Wirklich gute Lederstiefel
    kosteten etwa fünfzig Dol ar das Paar. Erschwingliche Stiefel hingegen kosteten nur rund zehn Dol ar. Etwa ein Jahr lang leisteten sie gute Dien-
    ste, dann war die Pappsohle so dünn, daß man sich selbst bei leichtem
    Nieselregen nasse Füße holte. Solche Stiefel hatte Mumm immer be-
    nutzt. Er trug sie so lange, bis er durch die hauchdünnen Sohlen die cha-
    rakteristischen Merkmale des Kopfsteinpflasters spürte und so selbst in
    einer nebligen Nacht feststellen konnte, wo er sich befand.
    Gute Stiefel hingegen hielten jahrelang. Wenn man fünfzig Dollar für ein Paar Stiefel ausgab, waren auch noch in zehn Jahren trockene Füße
    garantiert. Ein armer Teufel hingegen, der sich mit billigem Schuhwerk
    begnügen mußte, gab in der gleichen Zeit hundert Dol ar für einfache
    Stiefel aus und hatte trotzdem nasse Füße.
    So lautete Hauptmann Samuel Mumms Stiefeltheorie über die sozial-
    ökonomische Ungerechtigkeit.
    Es lief auf folgendes hinaus: Sybil Käsedick wurde nur selten mit der
    Notwendigkeit konfrontiert, etwas anzuschaffen. In der Villa gab es
    zahlreiche alte Möbel, die ihre Vorfahren gekauft hatten und die nie ab-
    nutzten. Dutzende von Schatul en enthielten kostbaren Schmuck – das
    Zeug schien sich im Lauf der Jahrhunderte von ganz allein angesammelt
    zu haben. Im Weinkel er unter dem Gebäude hätten sich Speläologen
    mit Begeisterung betrunken, um anschließend den ebenso langen wie
    komplizierten Rückweg vergessen zu haben.
    Lady Sybil Käsedick lebte glücklich und zufrieden, indem sie etwa halb
    soviel Geld ausgab wie Mumm. Doch bei ihren Drachen sparte sie nicht.
    Das Sonnenscheinheim hatte besonders dicke Wände und ein beson-
    ders leichtes Dach – die architektonischen Eigenheiten von Fabriken, in
    denen man Feuerwerkskörper herstellte.
    Der Grund: Sumpfdrachen sind normalerweise chronisch krank. Und
    chronisch kranke Sumpfdrachen neigen dazu, sich mehr oder weniger
    gleichmäßig auf Wänden, Boden und Decke eines Raums zu verteilen.

    Sumpfdrachen sind wie ein achtlos gewarteter und gefährlich instabiler
    Reaktor, der dicht – sehr dicht – vor einer Explosion steht.
    Daß Sumpfdrachen gerne mit einem lauten Krachen explodieren, wenn
    sie zornig, aufgeregt, erschrocken oder schlicht gelangweilt sind, ist für Biologen eine Überlebenseigenschaft*. Die Botschaft lautet: Wenn du
    Drachen frißt, holst du dir Blähungen, die dich auseinanderreißen wer-
    den.
    Ganz vorsichtig öffnete Mumm die Tür, und Drachengeruch wehte
    ihm entgegen. Selbst nach den Maßstäben von Ankh-Morpork war es ein
    ungewöhnliches Aroma. Es erinnerte Mumm an einen Teich, der jahre-
    lang alchimistische Abfäl e aufgenommen hatte und dann ausgetrocknet
    war.
    Kleine Drachen heulten und quiekten in den Pferchen, die sich rechts
    und links vom Gang erstreckten. Flammen züngelten aus aufgeregten
    Mäulern und versengten ihm die Haare an den nackten Schienbeinen.
    Er fand Sybil Käsedick bei einigen in Kniehosen gekleideten jungen
    Frauen, die ihr bei der Verwaltung des Sonnenscheinheims halfen. Für
    gewöhnlich hießen die Assistentinnen Sara oder Emma, und für Mumm
    sahen sie al e gleich aus. Derzeit

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