Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Öl ampe.
    »Professor Kreuz?« fragte er.
    Das Oberhaupt der Assassinengilde erstarrte.
    »Auch Korporal Karotte besitzt eine Armbrust«, sagte Mumm. »Ich
    bin nicht sicher, ob er fähig ist, sie zu gebrauchen. Er ist gutmütig. Ich hingegen bin müde, verärgert und gemein. Und du bist intel igent und
    hattest Zeit zum Nachdenken. Bitte beantworte mir eine Frage: Was
    führt dich hierher? Wenn du gekommen bist, um die Leiche des jungen
    Edward zu holen, muß ich dich enttäuschen: Korporal Nobbs hat sie
    heute morgen ins Wachhaus gebracht. Vermutlich nutzte er die gute
    Gelegenheit und nahm ihr alle Wertgegenstände ab, aber so ist er nun
    mal, unser Nobbs. Denkt wie ein Verbrecher. Al erdings möchte ich
    deutlich darauf hinweisen, daß seine Seele nicht kriminell ist.

    Ich hoffe, er hat den armen Kerl auch von der Schminke befreit. Du
    hast Edward benutzt, nicht wahr? Er hat Beano umgebracht und sich
    dann das Gfähr geholt. Er war zugegen, als es Hammerhock tötete. An
    der Tür ließ er einige Haare von Beanos Perücke zurück. Und als er ei-
    nen guten Rat gebrauchen konnte, zum Beispiel den, sich zu stel en… da
    hast du ihn ins Jenseits geschickt. Die interessante Sache ist, daß der
    junge Edward unmöglich auf dem Turm gewesen sein kann. Eine tiefe
    Stichwunde in der Brust – im Bereich des Herzens – hinderte ihn daran.
    Ich weiß natürlich, daß man selbst dann am Leben in dieser Stadt teil-
    nehmen kann, wenn man tot ist, aber ich bezweifle, daß Edward d’Eath
    in letzter Zeit viel Aktivität entfaltete. Das mit dem Stoffstreifen war
    nicht schlecht, doch weißt du… An solche Dinge habe ich nie geglaubt.
    An Fußspuren im Blumenbeet, aufschlußreiche Knöpfe und dergleichen.
    Viele Leute sind davon überzeugt, daß es bei der Polizeiarbeit hauptsäch-
    lich um solche Dinge geht. Aber sie irren sich. Polizeiarbeit ist vor allem Glück und Schinderei. Nun, Edward starb vor knapp zwei Tagen, und
    hier unten ist es hübsch kühl. Du wol test ihn später hochholen und ihn
    als Mörder des Patriziers präsentieren, und wahrscheinlich hätte niemand
    gemerkt, daß er schon seit einer ganzen Weile tot ist. Und selbst wenn
    jemand Verdacht geschöpft hätte… Zu dem Zeitpunkt wäre bereits
    Chaos in der Stadt ausgebrochen. Noch mehr Chaos als sonst. Ein Cha-
    os, das weitere Personen umbringt…« Mumm legte eine kurze Pause ein.
    »Du hast noch nichts gesagt«, stellte er fest.
    »Du ahnst nicht, worum es wirklich geht«, erwiderte Kreuz.
    »Ach, wirklich nicht?«
    »D’Eath hatte recht. Er war verrückt, aber er hatte recht.«
    »Womit, Professor?«
    Der Assassine verschwand in den Schatten.
    »Mist«, hauchte Mumm.
    Eine Stimme flüsterte durch die von Menschen geschaffene Höhle.
    »Hauptmann Mumm? Als Assassine lernt man…«
    Es krachte, und die Öllampe zerplatzte.
    »… nie in der Nähe von Licht zu stehen.«

    Mumm warf sich zu Boden und rol te zur Seite. Das Krachen wieder-
    holte sich, und der Schuß verfehlte ihn um etwa dreißig Zentimeter. Kal-
    tes Wasser spritzte hoch.
    Auch unter dem Hauptmann gluckerte es.
    Der Ankh stieg; sein Wasser gehorchte Gesetzen, die älter waren als
    diejenigen der Stadt – es floß durch die unterirdischen Tunnel.
    »Karotte?« raunte Mumm.
    »Ja?« Die Antwort kam von links aus der Finsternis.
    »Ich sehe überhaupt nichts. Meine Augen müssen sich erst an die
    Dunkelheit gewöhnen.«
    »Es fließt immer mehr Wasser«, sagte Karotte.
    »Wir…« begann Mumm und unterbrach sich, als ein Bild vor seinem
    inneren Auge entstand. Es zeigte Kreuz, der in die Richtung zielte, aus
    der er eine leise Stimme hörte. Ich hätte sofort schießen sol en, dachte
    der Hauptmann. Er ist ein Assassine!
    Er stemmte sich ein wenig hoch, damit sein Gesicht nicht ins Wasser
    geriet.
    Kurz darauf hörte er leises Platschen – Kreuz näherte sich.
    Etwas kratzte, und dann wurde es hel : Der Professor hatte eine Fackel
    entzündet. Mumm hob den Kopf und sah eine dürre Gestalt, deren freie
    Hand das Gfähr hielt.
    Mumm erinnerte sich an etwas, das er als junger Wächter gelernt hatte.
    Wenn einen die Umstände zwangen, das spitze Ende eines Pfeils anzu-
    sehen, wenn man völlig der Gnade eines Gegners ausgeliefert war, dann
    konnte man nur hoffen, daß dieser ein durch und durch böser Mann
    war. Die Bösen lieben Macht – Macht über andere Leute –, und sie wei-
    den sich an Angst. Sie möchten, daß ihre Opfer von ihrem nahen Tod
    wissen. Und deshalb reden sie. Um den

Weitere Kostenlose Bücher