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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sie etwa hundert Meter zurückgelegt hatten. Dann
    sah er Karotte an.
    » Warum hat er dich auf diese Weise angesprochen?« fragte er. »Ich meine…«
    »Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest… Ich bringe sie zum
    Wachhaus.«
    Mumms Blick fiel auf Anguas Leiche, und etwas in ihm zerfaserte.
    Über manche Dinge konnte man kaum nachdenken. Er wünschte sich
    eine ruhige Stunde in einer stillen Ecke, um das Durcheinander zwischen
    seinen Schläfen zu ordnen. Zwischen ›persönlich‹ und ›wichtig‹ gibt es einen Unterschied. Was für ein Mensch dachte auf diese Weise? Etwas anderes kam dem – ehemaligen – Hauptmann in den Sinn. In der Geschichte
    von Ankh-Morpork war sicher kein Mangel an bösen Herrschern, aber
    bisher hatte die Stadt noch nie einen guten bekommen. Mumm schauderte innerlich, als er sich die Konsequenzen vorstel te.
    »Herr?« fragte Karotte höflich.
    »Äh«, sagte Mumm. »Wir bestatten sie beim Tempel der Geringen Göt-
    ter. Was hältst du davon? Es ist eine Tradition der Wache…«
    »Ja, Herr. Geh du mit Detritus zur Universität. Es ist al es in Ordnung
    mit ihm, solange er Befehle bekommt. Entschuldige bitte, aber ich
    möchte lieber nicht an der Hochzeitsfeier teilnehmen. Dafür bitte ich
    dich um Verständnis.«
    »Ja, natürlich. Äh. Karotte?« Mumm blinzelte, als wollte er auf diese
    Weise einen Verdacht verscheuchen, der hartnäckig Aufmerksamkeit
    verlangte. »Was Kreuz betrifft, sol ten wir nicht zu streng sein. Ich habe den verdammten Burschen gehaßt, und gerade deshalb fühle ich mich
    nun verpflichtet, fair zu sein. Ich weiß, was das Gfähr anrichten kann.
    Für das Gfähr sind wir al e gleich. Ich bin wie Kreuz gewesen.«

    »Nein, das stimmt nicht, Hauptmann. Du hast das Gfähr aus der Hand gelegt.«
    Mumm lächelte schief.
    »Ich bin jetzt nicht mehr Hauptmann, sondern Zivilist «, erwiderte er.

    Karotte kehrte zum Wachhaus zurück und legte Angua auf eine Stein-
    platte in der improvisierten Leichenkammer. Ihr Körper wurde bereits
    steif.
    Er holte Wasser und reinigte ihr Fell, so gut es ging.
    Anschließend tat er etwas, das Trolle, Zwerge und alle anderen Leute,
    die sich nicht mit menschlichen Reaktionen auf Streß auskannten, über-
    rascht hätte.
    Karotte schrieb seinen Bericht. Er wischte den Boden des Hauptraums
    – diesmal war er dran. Er wusch sich. Er behandelte seine Schulterwun-
    de, wechselte das Hemd und reinigte die Uniform. Den Brustharnisch
    putzte er mit Stahlwol e und verschiedenen Tüchern, bis er wieder sein
    Spiegelbild zeigte.
    In der Ferne hörte er Fondels »Hochzeitsmarsch«, gespielt auf einer
    monströsen Orgel, die das Ohr des Zuhörers außer mit der Lautstärke
    auch noch mit diversen akustischen Spezialeffekten beanspruchte – die
    meisten schienen von Bauernhöfen zu stammen. Er holte eine noch
    halbvol e Flasche Rum aus dem Fach, das Feldwebel Colon für ein abso-
    lut sicheres Versteck hielt, ließ einige Tropfen davon in ein Glas fal en und hob es zu einem Trinkspruch, den außer ihm niemand hörte: »Auf
    Herrn Mumm und Lady Käsedick!« Seine Stimme klang dabei so klar
    und aufrichtig, daß er eventuelle Zuhörer in Verlegenheit gebracht hätte.
    Es kratzte an der Tür, und Gaspode kam herein. Der kleine Hund
    kroch unter den Tisch und blieb still.
    Nach einer Weile begab sich Karotte in sein Zimmer, nahm dort Platz
    und sah aus dem Fenster.
    Die Zeit verstrich. Am späten Nachmittag hörte es auf zu regnen.
    Bald leuchteten die ersten Lichter in der Stadt.
    Wenig später glitt der Mond am Firmament empor.

    Die Tür öffnete sich. Angua kam mit leisen, geschmeidigen Schritten
    herein.
    Karotte drehte sich um und lächelte.
    »Ich war mir nicht sicher«, sagte er. »Aber ich habe gehofft. Immerhin
    heißt es, daß man Werwölfe nur mit Silberkugeln töten kann.«

    Zwei Tage später. Es regnete, und zwar richtig. Jemand schien himmli-
    sche Schleusentore geöffnet zu haben. Im Schlamm bildeten sich Bäche,
    und der Ankh kehrte in sein unterirdisches Reich zurück. Wasser strömte
    aus den Mäulern der urbanen Trolle. Die Tropfen fielen mit solcher
    Wucht auf den Boden, daß sie abpral ten und einen dichten, feuchten
    Dunst bildeten.
    Die Regentropfen trommelten auch auf die Grabsteine des Friedhofs,
    der sich hinter dem Tempel der Geringen Götter erstreckte. Anschwel-
    lende Pfützen standen in der kleinen Grube, die dem Oberobergefreiten
    Knuddel als letzte Ruhestätte dienen sollte.
    An der Bestattung eines Wächters

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