Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
nahmen immer nur Wächter teil, er-
    innerte sich Mumm. Manchmal kamen auch Verwandte, wie in diesem
    Fal Lady Käsedick und Detritus’ Freundin Rubin. Aber weitere Trauer-
    gäste gab es nicht; es fand sich nie eine Menge ein. Viel eicht hatte Karotte recht: Wenn man Wächter wurde, hörte man auf, etwas anderes zu
    sein.
    Heute al erdings waren mehr Personen zugegen. Ganz gewöhnliche
    Bürger standen am Rand des Friedhofs und betrachteten von dort aus
    das Geschehen.
    Ein kleiner Priester führte ein Man-trage-hier-den-Namen-des-
    Verstorbenen-ein-Ritual durch – es sol te in erster Linie eventuell zuhö-
    rende Götter zufriedenstel en. Im Anschluß daran ließ Detritus den Sarg
    ins Grab hinab, und der Priester warf eine zeremoniel e Handvol Erde
    darauf. Allerdings ertönte nicht das übliche dumpfe Prasseln – es
    platschte.
    Karotte überraschte Mumm, indem er eine Rede hielt. Seine Worte
    hal ten über den nassen Boden bis zu den nassen Bäumen. Der Text

    beschränkte sich im großen und ganzen auf folgendes: Er war mein
    Freund und ein guter Wächter; er gehörte zu uns.
    Er war ein guter Wächter. So hieß es immer, wenn ein Wächter beer-
    digt wurde. Vermutlich würde man das auch bei Korporal Nobbs Bestat-
    tung behaupten, obgleich al e Zuhörer heimlich die Finger kreuzen wür-
    den. Man mußte es einfach sagen.
    Mumm starrte auf den Sarg hinab. Nach einigen Sekunden regte sich
    ein seltsames Gefühl in ihm und entfaltete die gleiche Beharrlichkeit wie der Regen, der ihm unablässig über den Nacken rann. Es war nicht in
    dem Sinne ein Verdacht. Wenn das Empfinden lange genug in Mumm
    blieb, um dort Wurzeln zu schlagen, mochte es zu einem Verdacht wer-
    den, aber derzeit war es eine vage Ahnung.
    Er mußte sich danach erkundigen. Wenn er ganz auf Fragen verzichte-
    te, dachte er viel eicht für den Rest seines Lebens darüber nach.
    Als sie vom Grab fortgingen, beschloß Mumm, doch etwas deutlicher
    zu werden. »Korporal?«
    »Ja?«
    »Niemand hat das Gfähr gefunden, oder?«
    »Nein.«
    »Wie ich hörte, hattest du es als letzter.«
    »Ich muß es irgendwo hingelegt haben. Du weißt ja, wie hektisch es
    zuging.«
    »Ja. O ja. Wenn ich mich recht entsinne, hast du die wichtigsten Teile
    des Gfährs aus dem Gildengebäude mitgenommen…«
    »Das stimmt.«
    »Ja. Hoffentlich hast du sie an einen sicheren Ort gebracht. Was meinst
    du? Befindet sich das Gfähr an einem sicheren Ort?«
    Hinter ihnen begann der Totengräber damit, nassen Ankh-Morpork-
    Lehm ins Grab zu schaufeln.
    »Ich denke schon«, erwiderte Karotte. »Zweifelst du daran? Bisher hat
    es niemand gefunden. Ich meine, bestimmt erfahren wir sofort davon,
    wenn es jemand entdeckt.«
    »Vielleicht ist alles besser so, Korporal Karotte.«

    »Ich hoffe es.«
    »Knuddel war ein guter Wächter.«
    »Ja.«
    Mumm wagte sich noch weiter aufs rhetorische Glatteis.
    »Sein Sarg… schien ungewöhnlich schwer gewesen zu sein.«
    »Tatsächlich? Mir ist nichts aufgefallen.«
    »Nun, wenigstens hat er ein richtiges Zwergenbegräbnis.«
    »O ja«, bestätigte Karotte. »Dafür habe ich gesorgt.«

    Regen strömte über die Dächer des Palastes. Steinerne Figuren ragten an
    al en Ecken auf; Mücken und Fliegen flohen aus ihren Ohren.
    Korporal Karotte schüttelte die Tropfen von seinem ledernen Umhang
    ab und erwiderte den Gruß des Trol wächters. Anschließend schritt er an
    den Bediensteten in mehreren Vorzimmern vorbei und klopfte an die
    Tür des Rechteckigen Büros.
    »Herein.«
    Karotte trat ein, ging zum Schreibtisch, salutierte dort und stand dann
    bequem.
    Lord Vetinari versteifte sich ein wenig.
    »Oh«, sagte er. »Korporal Karotte. Ich habe mit… deinem Besuch ge-
    rechnet. Bestimmt bist du gekommen, um mir das eine oder andere An-
    liegen vorzutragen, nicht wahr?«
    Karotte entfaltete ein fleckiges Blatt Papier und räusperte sich.
    »Nun, Herr, wir könnten eine neue Holzscheibe brauchen. Für das
    Spiel mit den Pfeilen. In unserer Freizeit.«
    Der Patrizier blinzelte. Das geschah nicht sehr oft.
    »Wie bitte?«
    »Eine neue Holzscheibe für das Pfeilwurfspiel, Herr. Das hilft den
    Männern, sich nach dem Dienst zu entspannen.«
    Vetinari erholte sich ein wenig von der Überraschung.
    » Noch eine? Ihr habt doch erst im letzten Jahr eine bekommen!«

    »Es liegt am Bibliothekar, Herr! Nobby läßt ihn mitspielen, und er mo-
    gelt, indem er sich ein wenig vorbeugt und die Pfeile in die Scheibe hin-
    einhämmert. Darunter leidet das Holz.

Weitere Kostenlose Bücher