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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Und die Assassinen stecken irgendwie in dieser Sache
    drin.
    Man gehe al en Hinweisen nach. Man überprüfe jedes Detail. Man
    sammle Indizien wie Mosaiksteine, um sie nach und nach zu einem ein-
    heitlichen Bild zusammenzusetzen.
    Ich habe Hunger.
    Mumm stand auf, wankte zum Waschbecken und betrachtete sich in
    dem gesprungenen Spiegel darüber.
    Erinnerungen an die Ereignisse des vergangenen Tages tropften durch
    die klebrige Gaze seines Gedächtnisses. Einen zentralen Platz nahm
    Lord Vetinaris Gesicht ein. Zorn erwachte in Mumm, als er sich entsann.
    An die kühlen Worte des Patriziers, mit denen er den Hauptmann auf-
    forderte, sich nicht um den Diebstahl bei der Assassinengilde…
    Mumm beobachtete sein Spiegelbild…
    Etwas streifte sein Ohr und zertrümmerte das Glas.
    Der Hauptmann starrte auf das Loch im Putz, begrenzt von den Re-
    sten des Spiegelrahmens. Um ihn herum rieselten Glassplitter zu Boden.
    Ein oder zwei Sekunden lang stand Mumm stocksteif.
    Dann erkannten seine Beine, daß sich das Gehirn bereits an einem an-
    deren Ort befand, woraufhin sie einknickten und den Körper zu Boden
    warfen.

    Erneut klirrte es, und auf dem Schreibtisch platzte eine halb gefül te
    Bärdrücker-Flasche. Mumm konnte sich nicht erinnern, sie gekauft zu
    haben.
    Auf Händen und Knien kroch er zum Fenster und zog sich daneben
    hoch.
    Bilder huschten durch seinen Geist: der tote Zwerg, das Loch in der
    Wand…
    Ein Gedanke entstand im verlängerten Rücken und wuchs von dort ins
    Gehirn. Die Wände bestanden aus Latten und Gips und waren außerdem
    ziemlich alt. Wenn man sich ein wenig anstrengte, konnte man sie mit dem Finger durchstoßen. Ein Klumpen Metal …
    Er ließ sich im selben Augenblick fallen, als es Plock machte und neben dem Fenster ein Loch in der Wand erschien. Eine Wolke aus Gipsstaub
    löste sich nur widerstrebend auf.
    Mumms Armbrust lag in der Nähe. Er war kein Meisterschütze, aber
    wer konnte das schon von sich behaupten? Man zielte und drückte ab.
    Er griff nach der Waffe, rol te sich auf den Rücken, stemmte den Fuß
    gegen den Bügel und zog an der Sehne, bis der Spannmechanismus mit
    einem deutlich hörbaren Klicken einrastete.
    Dann rol te er sich erneut herum, kam auf die Knie und schob einen
    Bolzen in die Rille.
    Ein Katapult. Es gab keine andere Erklärung. Viel eicht so groß wie ein
    Troll. Der Schütze befand sich möglicherweise auf dem Dach des
    Opernhauses oder an einem anderen hohen Ort…
    Viel eicht ließ er sich provozieren und ablenken… Mumm nahm den
    Helm ab und balancierte ihn auf einem zweiten Bolzen. Wenn er sich
    jetzt tief unters Fenster duckte und…
    Er überlegte kurz und robbte dann in die hintere Zimmerecke. Dort
    lehnte eine Stange mit einem Haken am Ende. Einst hatte man mit ihr
    die längst festgerosteten oberen Fenster geöffnet.
    Er hängte den Helm an das Hakenende der Stange, drückte sich so
    weit wie möglich vom Fenster entfernt an die Wand und hob dann die
    Stange, so daß der Helm einige Zentimeter über den Fenstersims ragte…
    Plock.

    Holzsplitter stoben dort vom Boden hoch, wo jemand gelegen hätte,
    der seinen Helm mit Hilfe eines relativ kurzen Bolzens gehoben hätte,
    um damit einen Schützen zu provozieren.
    Mumm lächelte. Jemand versuchte, ihn umzubringen. Dadurch fühlte
    er sich so lebendig wie schon seit langem nicht mehr.
    Der Unbekannte schien zudem nicht ganz so intelligent zu sein wie er.
    Eine wünschenswerte Eigenschaft für jeden Mörder.
    Mumm ließ die Stange sinken, griff die Armbrust, sprang am Fenster
    vorbei und schoß dabei auf eine schemenhafte Gestalt auf dem Dach des
    Opernhauses – obgleich der Bolzen gar nicht so weit fliegen konnte. Er
    sprintete zur Tür und zerrte an der Klinke…
    Etwas bohrte sich in den Rahmen, als die Tür endlich aufschwang.
    Die Hintertreppe runter, durch den rückwärtigen Ausgang, übers Dach
    des Aborts, zum Hachsenweg, über die Stufen bei Zorgo dem Retro-
    phrenologen*, in Zorgos Operationssaal und zum Fenster.
    Zorgo und sein gegenwärtiger Patient musterten den Hauptmann neu-
    gierig.
    Pugnants Dach war leer. Mumm drehte sich um und begegnete zwei
    verwirrten Blicken.
    Mumm lächelte wie ein Irrer.
    »Ich dachte…«, begann er und fuhr nach einer kurzen Pause fort: »Auf
    dem Dach dort drüben habe ich einen interessanten Schmetterling gese-
    hen.«
    Troll und Patient sahen höflich an ihm vorbei.

    * Es geht dabei um folgendes: Wie jeder weiß, ist Phrenologie die Kunst, Charakter,

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