Helle Barden
besser.
Der Troll hob argwöhnisch den oberen Teil eines Brötchens.
»Igitt!« entfuhr es ihm. »Da überall drinstecken Ammoniten! Bäh!«
»Wie bitte?« fragte Schnapper.
»Es sein alter, abgestandener Schiefer«, klagte der Troll.
»Im Gegenteil! Er ist ganz frisch! So wie ihn deine Mutter aus dem
Felsgestein hämmerte!«
»Und dieser Granit überal enthalten Quarz«, brummte ein anderer
Troll, der Schnapper weit überragte. »Quarz verstopfen Arterien.«
Er knal te den Stein aufs Tablett und wankte fort, gefolgt von den an-
deren Trollen. Gelegentlich sahen sie sich um und warfen Schnapper
mißtrauische Blicke zu.
»Alt und abgestanden?« rief Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin. »Alt –
meinetwegen. Aber abgestanden? Es sind Steine, um Himmels willen!«
Er zuckte mit den Schultern. Na schön. Ein guter Geschäftsmann
mußte Verluste hinnehmen und sie in Grenzen halten.
Er schloß den für Trolle reservierten Behälter und öffnete einen ande-
ren.
»Grubenspezialitäten! Grubenspezialitäten! Ratte! Ratte! Ratte-am-Stiel!
Ratte-mit-Brötchen! Holt euch die Ratten, solange sie tot sind! Lecke-
re…«
Weiter oben splitterte Glas, und kurz darauf landete Obergefreiter
Knuddel mit dem Kopf voran im Topf.
»Nichts überstürzen«, sagte Schnapper. »Es ist genug da.«
»Hol mich hier raus«, ertönte Knuddels gedämpfte Stimme. »Oder
reich mir den Ketchup.«
Schnapper zog an den Zwergenstiefeln. Eis klebte daran.
»Bist gerade erst aus den Bergen gekommen, wie?«
»Wo ist der Mann, der den Schlüssel für das Lager dort hat?«
»Wenn du keine Ratten magst, solltest du etwas anderes probieren,
zum Beispiel…«
Wie durch Magie erschien Knuddels Axt in seiner Hand.
»Ich schneide dir die Knie ab«, kündigte er an.
»WendedichanGerhardtSockevonderFleischergilde.«
»In Ordnung.«
»BittenimmjetztdieAxtweg.«
Knuddel stürmte fort, seine Stiefel rutschten übers Kopfsteinpflaster.
Schnapper sah auf die Reste seines Karrens. Seine Lippen bewegten
sich, als er rechnete.
»He!« rief er. »Du schuldest mir… Du schuldest mir das Geld für drei
Ratten!«
Lord Vetinari spürte einen Anflug von Scham und Verlegenheit, als sich
die Tür hinter Hauptmann Mumm schloß. Der Grund dafür blieb ihm
ein Rätsel. Er war zwar ziemlich hart gewesen, aber die besondere Situa-
tion erforderte das.
Er nahm einen Schlüssel aus einem Schränkchen neben dem Schreib-
tisch, trat an die Wand heran und berührte eine Stel e, die sich nicht von anderen Stel en zu unterscheiden schien. Doch man brauchte dort nur
ein wenig zu drücken, und eine verborgene Tür schwang an gut geölten
Angeln auf.
Niemand kannte alle Wege und Geheimgänge im Palast. Es hieß, daß
sich manche von ihnen nicht nur auf das Gebäude beschränkten. Außer-
dem gab es unter der Stadt viele Gewölbe. Jemand mit einer Spitzhacke
und einem guten Orientierungssinn konnte jeden beliebigen Ort errei-
chen, indem er Löcher in vergessene Mauern schlug.
Lord Vetinari brachte mehrere schmale Treppen hinter sich, trat durch
einen Korridor und gelangte schließlich zu einer Tür. Dort schob er den
Schlüssel ins Schloß und drehte ihn. Das kleine Portal schwang an eben-
falls gut geölten Angeln auf.
Dahinter lag nicht unbedingt ein Verlies. Der Raum war groß, und
durch hohe Fenster fiel genug Licht herein. Es roch nach Holzspänen
und Leim.
»Achtung!«
Der Patrizier duckte sich.
Etwas Fledermausartiges summte über ihn hinweg, drehte mitten im
Zimmer mehrere Kreise und platzte dann auseinander.
»Schade«, sagte jemand. »Tja, zurück zum Reißbrett. Guten Tag, Euer
Lordschaft.«
»Guten Tag, Leonard«, sagte der Patrizier. »Was war das?«
»Ich nenne es ›Fluggerät-mit-schlagenden-Flügeln‹«, antwortete Leo-
nard da Quirm und trat von der Startleiter herunter. »Es funktioniert mit Hilfe von eng zusammengewickelten Guttapercha-Bändern – allerdings
nicht sehr gut, fürchte ich.«
Leonard da Quirm war kein sehr alter Mann. Er gehörte zu den Leu-
ten, die schon mit dreißig weise aussahen und sechzig Jahre später immer
noch den gleichen Eindruck erweckten. Er war auch nicht in dem Sinne
kahlköpfig. Sein Kopf schien durch das Haar gewachsen zu sein und wölbte sich darüber wie ein hoher, kuppelförmiger Felsen über wu-cherndem Dschungel.
Dauernd rasen Inspirationen durchs Universum. Ihr Ziel ist der richti-
ge Kopf zur richtigen Zeit. Wenn sie auf empfangsbereite Neuronen
treffen, kommt
Weitere Kostenlose Bücher