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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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das?« fragte Colon.
    Karottes Stuhl neigte sich abrupt nach vorn. Der junge Mann kramte in einer Tasche, holte einen Samtbeutel hervor und drehte ihn um. Heraus rutschte eine etwa acht Zentimeter große, gelbe Scheibe, die wie eine Muschelschale aufklappte, als Karotte auf die eine Seite drückte.
    Die Wächter beugten sich interessiert vor.
    »Soll das eine Uhr sein?« fragte Angua.
    »Eine Taschenuhr«, erwiderte Karotte.
    »Ist ziemlich groß.«
    »Wegen der Mechanik. Es muß Platz genug geben für viele kleine Räder und Stangen. In den üblichen Taschenuhren sitzen nur kleine Dämonen. Ihre Lebenserwartung ist begrenzt, außerdem zählen sie die Minuten und Stunden nie genau…«
    Dingding dang dingding dang dingding dang…
    »Eine Melodie!« staunte Angua.
    »Sie erklingt jede Stunde«, sagte Karotte. »Das gehört zum Mechanismus.«
    Ding. Ding. Ding.
    »Und danach wird die Stunde geschlagen«, fügte Karotte hinzu.
    »Das kostet doch nur Zeit«, meinte Feldwebel Colon. »Wenn man wissen will, wie spät es ist, muß man sich erst eine Melodie anhören.«
    »Mein Vetter Jorgen konstruiert solche Taschenuhren«, sagte Knuddel. »Sie messen die Zeit viel genauer als Dämonen, Wasseruhren oder Kerzen. Oder die großen Pendeldinger.«
    »Außer vielen kleinen Zahnrädern steckt auch eine Feder drin«, sagte Karotte.
    Knuddel zog ein Vergrößerungsglas aus dem Bart und betrachtete die Uhr aufmerksam. »Der wichtigste Bestandteil des Mechanismus ist ein Dingsbums, das dauernd hin und her schwingt. Es verhindert, daß sich die Rädchen zu schnell drehen.«
    »Und woher weiß das Dingsbums, wann sie sich zu schnell drehen?« fragte Angua.
    »Das ist eingebaut«, sagte Knuddel. »Ich kenne die Funktionsweise nur in groben Zügen. Oh, hier ist eine Inschrift…«
    Er las sie laut vor.
    »›Eine Uhr von deinigen alten Froinden in der Wache – damit du immer weißt, was die Stunde geschlagen habet.‹«
    »Das ist ein Wortspiel«, erläuterte Karotte.
    Verlegenes Schweigen folgte.
    »Äh. Ich dachte, daß auch die neuen Rekruten ein paar Dollar beisteuern«, sagte Karotte schließlich und errötete. »Ich meine… ihr könnt einen eigenen Beitrag leisten. Wenn ihr wollt. Äh. Bestimmt wärt ihr seine Freunde
geworden.
Wenn ihr Gelegenheit bekommen hättet, ihn besser kennenzulernen.«
    Die anderen Wächter wechselten stumme Blicke.
    Er könnte Heere anführen, dachte Angua. Ja, das könnte er wirklich. Manche Personen haben ganze Nationen allein mit ihren Visionen zu Großartigem inspiriert. Dazu wäre auch Karotte imstande. Er träumt nicht etwa von marschierenden Soldaten, der Weltherrschaft oder einem tausendjährigen Reich. Nein, er glaubt, daß alle Leute im Grunde ihres Wesens anständig sind. Er glaubt so fest daran, daß seine Überzeugung wie eine Flamme brennt, die größer ist als er selbst. Er hat einen Traum, der uns alle einschließt, und dadurch verändert sich die Welt um ihn herum. Das Seltsame daran ist, daß ihn niemand enttäuschen will. Er hat eine besondere Art von Magie.
    »Das Gold reibt sich ab«, sagte Knuddel. »Aber sonst ist es eine sehr gute Uhr«, versicherte er rasch.
    »Ich wollte sie dem Hauptmann heute abend geben«, meinte Karotte. »Und ich habe gehofft, daß wir anschließend gemeinsam losziehen, um… das eine oder andere Gläschen zu trinken.«
    »Das ist keine gute Idee«, erwiderte Angua.
    »Warten wir bis morgen«, schlug Colon vor. »Bei der Hochzeit bilden wir die Ehrenwache. So verlangt’s die Tradition. Wir heben unsere Schwerter und formen damit einen Bogen.«
    »Wir haben nur noch ein Schwert«, stellte Karotte niedergeschlagen fest.
    Alle blickten zu Boden.
    »Es ist nicht fair«, sagte Angua. »Es ist mir ziemlich gleich, wer den Assassinen was gestohlen hat, aber ich finde es richtig, daß der Hauptmann den Mörder von Herrn Hammerhock finden wollte. Außerdem schert sich niemand um Nimmer Niedlich.«
    »Ich gern wissen, wer hat geschossen auf mich«, knarrte Detritus.
    »Es ist mir ein Rätsel, warum jemand so dumm sein sollte, den Assassinen etwas zu stehlen«, sagte Karotte. »Darauf hat auch Hauptmann Mumm hingewiesen. Er meint, nur ein Narr bricht ausgerechnet bei den Assassinen ein.«
    Wieder blickten die Wächter zu Boden.
    »Narr?« wiederholte Detritus. »Wie Witzbolde und Clowns?«
    »Der Hauptmann meinte nicht Narren, die Mützen mit Glöckchen tragen«, erwiderte Karotte in freundlichem und geduldigem Ton. »Er meinte, nur ein Idiot käme auf den

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