Hello Kitty muss sterben
habe ich immer noch.«
»Sie hat jedem erzählt, ich wäre eine Schwuchtel, weil ich sie nicht küssen wollte. Als mein Dad Wind davon bekommen hat, da hat er mich eine Woche lang grün und blau geschlagen. Er hat geschworen, mir die Schwuchtel aus dem Leib zu prügeln. Zwecklos, weil keine in mir gesteckt hat.«
»Oh, stimmt. Daran erinnere ich mich.«
Stephanie war das hübscheste Mädchen in unserer Klasse gewesen. Was natürlich zur Folge gehabt hatte, dass sie auch das gemeinste Mädchen gewesen war. Sie hatte geglaubt, dass jeder Typ, den sie wollte, automatisch ihr gehörte.
Sean war anderer Meinung gewesen, dank seiner Mutter. Schön, kokett und unpassend mannstoll wie Seans Mutter nun einmal war, hatte ihre aufdringliche Geschlechtlichkeit ihn bei jedem Elternabend in Verlegenheit gebracht. Einmal hatten Sean und ich uns freiwillig gemeldet, am Eingangstisch Namensschilder zu verteilen. Eine imposante, stark geschminkte Brünette in enger roter Jeans und durchsichtigem Elastanoberteil kam auf uns zugeschlendert. Und sie trug keinen gepolsterten BH .
»Welcher ist also dein Lehrer, Baby?«, fragte sie Sean.
»Hier, Mom«, murmelte er, als er ihr das Namensschild reichte.
»Sag mir, dass es der Süße da vorn ist.«
»Nein, Mom, das ist Pater O’Malley. Der Pfarrer.«
»Wie reizend. Ein Geistlicher. Bis später, Baby.« Mit wiegenden Hüften ging sie auf Pater O’Malley zu.
Während sich die Leute die Hälse verrenkten, um mit neugierigen Blicken ihrer wogenden Stundenglasfigur zu folgen, wandte sich Sean fluchend ab.
Es war das erste Mal, dass ich jemanden »fuck« sagen hörte.
Und es war der Moment, in dem ich argwöhnte, warum Sean nichts für die hübschesten Mädchen am St. Sebastian übrig zu haben schien. Sie erinnerten ihn an seine Mutter. Wie Stephanie.
Doch Sean hasste Schulhoftyrannen noch mehr, als er kokette Frauen hasste, dank seines Dads, der ein fieser Hurensohn war. Seans Vater kam nie zu den Elternabenden. Er schickte Sean nur mit Blutergüssen an Rücken und Bauch in die Schule. Sean zeigte sie mir hinter dem Pfarrhaus. Damals war Kindesmisshandlung kein so heißes Thema in den Medien, wie es das jetzt ist. Damals hatten katholische Priester ungestraft ihren Spaß mit Ministranten.
»Wie geht es eigentlich deinen Eltern, Sean?« Wir waren zum Lake Merritt in Oakland gefahren. Sean drehte seine Runden auf der Suche nach einer Parklücke.
»Sie sind tot. Der Alte hat sich vor etwa sieben Jahren endlich zu Tode gesoffen. Und meine Mutter ist ihm ein Jahr später gefolgt. Brustkrebs. Sie hatte einen Knoten von der Größe einer Kirschtomate, weigerte sich aber, zum Arzt zu gehen. Dachte, wenn sie ihn ignoriert, würde er wieder verschwinden. Letztlich ist sie verschwunden.«
»Oh Sean. Es tut mir ja so leid.«
»Sie hatte bloß Angst, ihre Titten zu verlieren. Also hat sie stattdessen ihr Leben verloren. Dumm. Hier, magst du etwas von dem Zwiebelbagel? Probier und sag mir, wie gut er ist.« Er reichte mir noch einen Bagel.
»Was meinst du? Schmeckst du es denn nicht selbst?«
»Nö, schmeckt für mich alles nach Pappe. Ein dicker Junge namens Darrell, der seine Schwester vergewaltigt hat, hat mir im Jugendknast einen Bleistift in die Nase gerammt. Hab für immer meinen Geruchssinn verloren.«
»O mein Gott. Ich traue mich gar nicht zu fragen, was mit ihm passiert ist.«
Sean sah mit einem schelmischen Lächeln zu mir auf.
»Du isst gerade. Ich erzähl’s dir später.« Er zwinkerte mir erneut zu.
Ich lachte. »Armer Kerl. Was auch immer du ihm angetan hast, Sean, Darrell hatte es nicht anders verdient.«
»Ja. Ja, so war es.«
»Was kam denn bei dir nach dem St. Sebastian?«, fragte ich ihn, als wir geparkt hatten.
Sean zog eine Schrotflinte hervor. Tontaubenschießen am Lake Merritt. So früh am Morgen, ich hätte es erraten sollen. Als Kind war Sean ein Meisterschütze mit seiner Steinschleuder gewesen. Einmal schoss er einer Ratte bei sich zu Hause mit einem einzigen Schuss ein Auge aus.
»Tja, zum einen der Jugendknast. Zu meinem Glück ist Stephanie nicht gestorben, also haben sie mich rausgelassen, als ich achtzehn wurde. Habe meinen Namen geändert. Habe auf dem schnellsten Weg in Puerto Rico den Collegeabschluss gemacht und Medizin studiert. Assistenzzeit als Chirurg. Blabla. Hier bin ich.«
»Heilige Scheiße. Ich befinde mich in Gegenwart von geistiger Größe.«
»Danke, danke. Und du bist Winkeladvokat geworden?« Sean lächelte, während wir auf den
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