Hello Kitty muss sterben
See zugingen.
»Bitte. Keine Juristenwitze. Ich kenne sie alle. Aber ja, College, Jurastudium, dann die Jagd nach einem Ehemann.«
»Tja, da wird sich dein Vater für dich drum kümmern. Keine Sorge.«
»Herrgott. Ich versuche nun schon seit einer Ewigkeit, ihm zu verklickern, dass ich nicht mit Asiaten ausgehe.«
»Warum denn nicht? Zu kleine Penisse? Es ist ja nicht so, als wärst du sexbesessen. Zum Teufel, ich bezweifle, dass du überhaupt eine Libido besitzt.«
»Was? Wieso sagst du so etwas?«
»Wenn du eine entfesselte Libido besäßest, wäre dein erstes Mal nicht mit einem in Lidocain getunkten Dildo im zarten Alter von achtundzwanzig gewesen. Dann wärst du jetzt in irgendeiner Bar unterwegs, angezogen wie eine Schlampe, und würdest versuchen, einen Mann aufzugabeln. Irgendeinen Mann. Wenn du eine Lesbe wärst, würdest du das Gleiche tun, allerdings in einer Lesbenbar. Doch stattdessen verbringst du den Tag mit meiner Wenigkeit und moserst über dein arrangiertes Date morgen Abend.«
Sean traf den Nagel auf den Kopf. In der Hinsicht hatte er ein besonderes Talent.
In der siebten Klasse beschlossen Sean und ich, uns zu Halloween als Schwestern der Perpetuellen Indulgenz zu verkleiden. In dem Jahr hatten die Schwestern die katholische Kirche verärgert, indem sie sich gegenseitig in der Öffentlichkeit heftig den Hintern versohlten. Die Kirche war sauer geworden, weil es den Schwestern Vergnügen bereitet hatte.
Die Nonnen am St. Sebastian verurteilten die Schwestern als Handlangerinnen des Leibhaftigen. Gräuel wider Gott. Ihr einziger Daseinsgrund bestehe darin, Jesus wehzutun.
Also besorgte Sean uns zwei Nonnenkostüme und billige Schminke von Walgreens. Er warf mir einen Blick zu und sagte, »Himmel, Fi. Du siehst wie eine echte Nonne aus. Schwester Maria wird dich lieben.«
Natürlich hatte er recht.
Als Schwester Maria mich sah, sagte sie: »Wie hinreißend! Fiona möchte Nonne sein. Ist sie nicht süß? Du hast Jesus sehr glücklich gemacht. Aber nicht so viel Lidschatten, Liebes.«
Damals war mir nicht klar, dass ich Hello Kitty in Ordenstracht war. Dass ich gelb war und eine Vagina besaß, bedeutete, dass ich das Schwester-der-Perpetuellen-Indulgenz-Outfit nicht zuwege brachte. Hello Kitty zu sein war echt beschissen.
Als Schwester Maria Sean sah, rief sie bei seiner Mutter an und schickte ihn nach Hause.
Weiße Jungs hatten den ganzen Spaß.
Und Sean hatte jetzt wieder recht.
Obwohl ich Sean nie von Großmutter oder Eddie Martin erzählte. Oder von Onkel Yuen.
Als ich sieben war, schleiften meine Eltern mich per Vierzehnstundenflug zurück nach China, um ein paar meiner Cousins zu besuchen. Bei ihnen zu Hause durften Jungen am Esstisch bei sämtlichen Speisen zuerst zugreifen. Mädchen mussten warten, bis die ganzen Hühnchenkeulen, Flügel, die ganzen guten Teile weg waren. Also packte ich natürlich meine Gabel (denn meine chinesischen Cousins gingen davon aus, dass ich nicht mit Stäbchen umgehen konnte, da ich ja Amerikanerin war) und schnappte mir aus Protest ein erstklassiges Stück Hühnchen.
Für meine Dreistigkeit wurde ich nach draußen in den nicht überdachten Hof geschickt, obwohl es gerade regnete. Das passiert, wenn Hello Kitty sich nicht an die Spielregeln halten will. Sie wird hinaus in den Regen geschickt. Ausgestoßen, verfemt, gemieden, bestraft.
Onkel Yuen stattete mir dort draußen einen Besuch ab. Er war das, was man einen komischen Onkel nannte. Nicht weil er einen ständig zum Lachen gebracht hätte, sondern weil er versuchte, mich an all den falschen Stellen zu kitzeln. Allein, draußen im Regen, verletzlich. Hello Kitty war eine leichte Beute, bis sich ein Schwarm Tauben von seinem Schlafplatz auf dem Dach erhob und ihn ablenkte.
Ich hatte den Mittagstisch so plötzlich verlassen, dass ich, ohne es zu wissen, meine Gabel mitgenommen hatte. Ich spießte seine Hand damit auf. Da hatte es sich ausgekitzelt.
Deshalb liebe ich Vögel. Ich stand wirklich in ihrer Schuld.
»Ich glaube, du könntest auf der richtigen Spur sein, Sean. Ich fasse Leute nicht gern an. Knochen und Fleisch eines anderen zu spüren, ruft mir zu sehr meine eigene Sterblichkeit ins Gedächtnis. Unheimlich.« Und meinen komischen Onkel in China.
»Ja, das könnte ein Problem sein, wenn du mit jemandem ausgehst, Fi.«
»Ach was. Ich bin Einzelgängerin. Bin in alle Ewigkeit verurteilt, allein über die Moore zu wandern.«
»Nicht unbedingt. Du könntest diesen asiatischen Jungen
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