Hello Kitty muss sterben
steckte.
»Dritte Verbeugung.«
Wir verbeugten uns.
»Familienmitglieder bedanken sich bei den Gästen.«
Dons Familie verbeugte sich zum Dank vor uns. Dafür, dass wir dem Tod selbst trotzten, indem wir Dons Beerdigung besuchten. Wir erwiderten die Verbeugung.
Danach saßen alle schweigend da. Dons Eltern konnten nicht für ihren Sohn beten. Laut chinesischem Brauch sollten ältere Leute niemals einem Jüngeren Respekt erweisen. Wenn man also jung, unverheiratet und kinderlos stirbt, hat man Pech gehabt. Keine Gebete.
Tote Babys haben es sogar noch schlechter. Überhaupt keine Bestattungsriten. Tote Babys werden schweigend in die Erde geworfen, weil alle anderen älter sind als sie.
Don konnte von Glück sagen, dass er überhaupt eine richtige Beerdigung erhielt.
»Müssen wir nicht irgendein Tuch oder so etwas tragen?«, fragte mein Vater hinterher, als wir bei Safeway im Gang mit den Molkereiprodukten standen.
»Nein. Weil er keine Kinder gehabt hat.«
Laut Brauchtum musste die Trauerzeit von Dons Familie noch einmal hundert Tage andauern, was durch das Tragen eines bunten Stück Tuches am Ärmel jedes einzelnen Familienmitglieds angedeutet wird. Schwarz tragen die Kinder des Verstorbenen, Blau die Enkel und Grün die Urenkel. Doch Don hatte keine Kinder. Also musste keiner etwas tragen.
Es ist allerdings keine Trauerzeit erforderlich, wenn es sich bei dem Verstorbenen um ein Kind oder eine Frau handelt. Es ist unnötig, um jemanden zu trauern, der sich ganz einfach ersetzen lässt.
»Oh, Fiona, ich hätte es beinahe vergessen. Aus Respekt Don gegenüber darfst du dich mindestens ein Jahr lang nicht mehr verabreden.«
»Was?«
»Du warst seine Verlobte. Das ist fast wie eine Ehefrau. Also kannst du ein Jahr lang keine Dates haben.«
»Ein Jahr?«
»Ein Jahr.«
Hai, Daddy.
Weil ich anderen Jungs den Schatten des Todes brächte. Es hatte nichts mit Respekt Don gegenüber zu tun. Doch so oder so würde ich ein Jahr lang die arrangierten Dates los sein. Das ist der Vorteil von chinesischen Beerdigungen. Wenn man alles richtig macht und sämtliche Regeln einhält, wird man vom Glück verfolgt.
Wirklich.
Montagmorgen in meinem Büro musste ich feststellen, dass all meine Akten und Bücher verschwunden waren. Als ich mich in meinen E-Mail-Account einloggte, fiel mir eine neue Nachricht aus der Personalabteilung auf.
Hi Fiona,
Doreen hat uns gebeten, Sie in ihre Nähe umzusiedeln, weil es bequemer für Doreen ist. Wir haben all Ihre Akten und Bücher in Büro C3 gebracht. Es befindet sich ein Stockwerk über Ihrem Büro. Es ist das Zimmer rechts von Doreen. Die EDV wird sich um das Telefon und den Computer kümmern. Keine Sorge.
Sollten Sie Fragen haben, so wenden Sie sich bitte an mich, okay?
Colleen, Personalmanagerin
Weil es bequemer für Doreen ist.
Ich ging hoch in mein neues Büro, ohne zu wissen, was mich erwartete, doch mit einem Gefühl der Erleichterung, weil man mir nicht gekündigt hatte.
»Gefällt es Ihnen?«
Ich drehte mich um und erblickte Doreen.
»Ja, es ist wunderschön. So groß.«
»Ich hoffe, Sie beklagen sich nicht darüber, dass es zu groß ist.«
»Nein. Nein. Das hier ist klasse.«
Das war es. Es war viel größer als Keeners Büro. Es hatte eine bessere Aussicht, da es ein Stockwerk höher lag. Und eine Couch. Eine Couch, auf der ich lesen konnte, meine müden, schmerzenden Füße nach Büroschluss hochlegen und ein Nickerchen machen konnte, wenn ich die ganze Nacht durchmachen musste.
»Gut, ich bin froh, dass es Ihnen gefällt. Sie werden heute hier übernachten. Ich brauche diese drei Verträge morgen früh.« Doreen reichte mir drei dicke Aktenordner und kehrte in ihr Büro zurück.
»Sicher.«
Alles, was Sie sagen, Doreen.
Ich ließ mich in meinem neuen Büro nieder und vergrub den Kopf in Doreens Verträgen. Mir blieb nicht einmal Zeit, ein neues Bild auf meinem Desktop zu installieren. Gräfin Elisabeth Báthory würde eben warten müssen.
Gegen halb elf am Abend klingelte mein Handy und riss mich aus einer vertragsbedingten Trance.
»Fi, ich bin’s.«
»Hey, Sean. Was gibt’s?«
»Kannst du heute Abend vorbeikommen?«
»Geht nicht, Sean. Ich habe ein neues Büro bekommen. Gleich neben Doreens, und sie sorgt dafür, dass ich mich bezahlt mache. Warum? Was gibt’s?«
»Meinst du, du kannst morgen vorbeikommen?«
»Ähm, ich weiß nicht. Ist alles in Ordnung?«
»Kannst du wenigstens eine Pause machen und kurz morgen Abend bei mir
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