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Hello Kitty muss sterben

Hello Kitty muss sterben

Titel: Hello Kitty muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Choi
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der Stadt.«
    »Ich dachte, du würdest das ganze Wochenende über dortbleiben.«
    »Planänderung.«
    Im Hintergrund vernahm ich die Geräusche von Wellen, Seemöwen, Booten. Hafenmusik.
    »Sean, wo bist du?«
    »Ach, bloß an der frischen Luft bei einem Abendspaziergang in der Nähe meines Apartments.« Das meilenweit vom South Beach Harbor entfernt war. »Fi, möchtest du später was trinken gehen?«
    »Sicher. Bist du nicht müde von deiner Reise?«
    »Was?«
    »Bist du nicht müde nach dem Lake Tahoe?«
    »O nein, alles bestens. Ich bin nur kurz dort gewesen, war ein bisschen wandern, mir ist aber langweilig geworden, und ich bin zurückgekommen.«
    »Wandern? Seit wann bist du Naturfreund?« Die Vorstellung, wie sich Sean seine italienischen Lederschuhe in der Erde und dem Schmutz von Mutter Natur ruinierte, fiel mir nicht leicht.
    Sean lachte. »Fi, bist du je da oben gewesen? Nette Wälder, tolle Aussichten. Viele Wanderwege.«
    »Nein, bin ich nicht. Meine Cousins fahren dort Ski. Und ich bin keine Skifahrerin.«
    »Wie schade. Der See würde dir gefallen. Er ist sehr klar und tief.«
    »Du hast gemeint, du würdest hinfahren, um dein Glück zu versuchen. Ich gehe einmal davon aus, dass du ein wenig Glücksspiel betrieben hast?«
    »Ein wenig. Ich habe mich wohl getäuscht. Das Glück ist mir immer noch hold. Willst du nun also was trinken gehen oder nicht, Fi?«
    »Okay. Wo?«
    »Irgendwo am Bootshafen. Wie wäre es mit dem Matrix Fillmore? Kennst du den Laden?«
    »O ja, reizende Fleischbeschau mit riesigem Kamin in der Mitte. Ich bezweifle aber, dass der bei dieser Hitzewelle in Betrieb ist.«
    »Weil wir ja auch wegen der Ausstattung hingehen.«
    Richtig.
    Ich kehrte mit einem Kasten Arrowhead-Wasser, drei Laiben Wonder Bread, einem Dutzend Packungen mit Stouffer’s Tiefkühlkost und Seans Halbwahrheiten nach Hause zurück. Ich wusste, dass er gern segelte, aber er hasste das Wandern, seitdem er im Sachunterricht von Zecken gehört hatte.
    »Man legt es bloß darauf an, sich Borreliose einzufangen«, sagte er einmal.
    Vielleicht hatte Sean seine Meinung über Zecken, über die Natur geändert. Vielleicht war er beim Lake Tahoe in den Wäldern gewesen. Vielleicht nicht. Ich wusste nur, dass er weg gewesen war und in der Nähe eines Gewässers.
    Ich redete mir ein, dass es im Grunde einerlei war.
    Die drückende, schwüle Hitze – Anzeichen eines bevorstehenden Erdbebens – legte sich zwei Tage später wieder, und die Bewohner von San Francisco atmeten erleichtert auf. Das Warten auf das Große Beben würde weitergehen.
    Montagnachmittag wurde Caroline Derbys aufgedunsene, von den Fischen angeknabberte Leiche am Ufer der Bucht von San Francisco angeschwemmt.
    Da war auf einmal nichts mehr einerlei.
    Zum ersten Mal hatte Sean nicht recht. Sein Glück war allmählich am Versiegen.

KAPITEL 21
    Sean hasste sexbesessene Frauen und Schulhoftyrannen. So viel wusste ich. Doch warum er tat, was er während seiner nächtlichen Ausflüge tat, war mir ein Rätsel. Vielleicht wollte er die Welt verbessern. Vielleicht brauchte er den Nervenkitzel.
    Wie Brenda Spencer, die einen Schulhof in San Diego zusammenschoss, weil sie Montage einfach nicht leiden konnte.
    Es weiß also niemand wirklich . Noch nicht einmal Profilfahnder vom FBI . Sie bezeichnen diese Morde einfach als thrill kills  – Nervenkitzelmorde. Weil die meisten Serienkiller es genießen, Gottes Werk zu verrichten. Und es macht Spaß – so wie Jesus zu foltern und der Polizei die Zunge rauszustrecken, weil sie Donut mampfende, Kaffee schlürfende Dummköpfe sind.
    Das Problem besteht darin, dass man am Leben bleiben muss, um Gottes Werk zu verrichten. Um so produktiv wie der Green River Killer zu sein, muss man in Freiheit unter Menschen sein und mit seinen potenziellen Opfern verkehren, nicht hinter Gittern. Geschnappt zu werden bedeutete das Ende der eigenen Laufbahn.
    Doch selbst für die Besten der Besten »hat alles einmal ein Ende«, wie das alte Sprichwort besagt. Man begeht einen Fehler. Jemand sieht einen. Man lässt etwas zurück. Und es ist alles zu Ende. Man bekommt sein Etagenbett im Todestrakt, vor allem, wenn man Gottes Werk in Kalifornien verrichtet hat.
    Oder das Glück verlässt einen eben. So einfach ist das. Irgendein Beagle gräbt an einer Stelle, an der er nicht graben sollte. Erdrutsche speien deine Skelette auf den öffentlichen Bürgersteig. Starke Strömungen und Wellen reißen deine Geheimnisse vom Meeresboden empor und

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