Hell's Angels (German Edition)
hochgenommen.‹«
In seinem Arbeitszimmer daheim bewahrt Wallace ein Andenken auf, das ihn daran erinnern soll, was die Angels für ihn bedeuten. Es ist ein gerahmter Druck eines Frauenkopfs von Modigliani, den er in der Bude eines Angels beschlagnahmt hat. Die verschlafen blickende Frau hat einen langen Hals und einen verkniffenen kleinen Mund. Jemand hat über ihren Kopf ein Eisernes Kreuz gekritzelt, und durch ihr Haar windet sich das Wort ›Hilfe‹. Um ihren Hals hängt ein Davidstern mit aufgestempeltem Hakenkreuz, und in ihrem Hals klafft ein Einschussloch, und eine gezeichnete Kugel dringt aus ihrem Hinterkopf. Hier und da stehen Wahlsprüche der Angels:
Dope Forever
Forever Loaded
Ehrlich, Officer, wenn ich gewusst hätte,
dass das ungesund ist,
hätte ich mir nie eine angesteckt.
Die Angels überlebten in Berdoo, aber sie gewannen nie wieder den Status, den sie in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern hatten. Als der Ruhm schließlich winkte, hatten sie kaum mehr zu bieten als einen abscheulichen Ruf und einen cleveren Presseagenten. Otto, der Präsident des Chapters, bekam nirgends ein Bein auf den Boden. Sal Mineo sprach von 3.000 Dollar Gage dafür, dass die Outlaws in einem Film auftraten, aber die Angels waren nicht beschlussfähig: Einige saßen im Knast, andere waren ausgestiegen, und viele von Ottos besten Leuten waren nach Norden, nach Oakland gezogen – in »Gottes Land«, wie manche von ihnen es nannten –, wo Sonny Barger das Sagen hatte und niemand davon sprach, dass die Hell’s Angels verschwinden sollten. Aber Otto wollte auch etwas vom großen Kuchen abbekommen, und er hatte immer noch eine Hand voll Getreuer, die zu ihm standen. Gemeinsam gelang es ihnen, einen letzten Coup zu landen – einen großen Auftritt für einen Autor von der Saturday Evening Post .
Der Post -Artikel erschien im November 1965, und obschon er kritisch gehalten war, waren die Angels von Art und Umfang der Berichterstattung beeindruckt. Das Ganze hatte eine beträchtliche Wirkung auf sie. Sie hatten es schließlich auf die Titelseite der Saturday Evening Post geschafft – in Farbe und neben Prinzessin Margaret. Sie waren jetzt echte Berühmtheiten, ganz oben angekommen. Ihr einziges kleines Problem dabei war, dass sie davon nicht reich wurden. (»Diese ganzen Arschlöcher nutzen uns aus und setzen sich mit uns voll in Szene«, sagte Barger zu dem Post -Reporter, »und für uns springt kein einziger Cent dabei raus.«) Es traf zu, dass die Oakland-Angels bei den Verhandlungen von Los Angeles außen vor geblieben waren, aber sie bekamen schließlich fast
500 Dollar für die Fotos, die sie der Post verkauften, und von daher fiel es schwer, sie als ausgebeutete Minderheit zu sehen.
We’re a gallant bunch of heroes,
We’ve been organized ten years,
We’re known about the city
as the Bowery Grenadiers ...
We’re good old stock
With a Cobble rock,
and a length of gaspipe too.
We can lick the Brooklyn Guards
if they only show their cards,
We can run like the devil
when the ground is level
For about four hundred yards.
And the girls, the little dears,
they’re in love up to their ears,
When they see the style
and smell the hair oil,
of the Bowery Grenadiers
– Aus »The Bowery Grenadiers« von John Allison
Ich hatte ungefähr ein Jahr lang mit den Angels zu tun, und danach riss der Kontakt nie ganz ab. Einige von ihnen lernte ich recht gut kennen und die meisten gut genug, um in ihrer Gegenwart einigermaßen entspannt und locker zu sein. Zunächst jedoch hatte ich – aufgrund zahlreicher
Warnungen – Angst davor, auch nur einen mit ihnen zu trinken. Eines schönen Nachmittags traf ich mich in der Bar des DePau-Hotels mit einem halben Dutzend Frisco-Angels. Diese siffige Absteige befindet sich in der südlichen Industriegegend des Hafenviertels von San Francisco, am Rande des Ghettos Hunter’s Point. Mein Kontaktmann war Frenchy 5 , einer der kleinsten und cleversten Outlaws, damals Mitinhaber einer Reparaturwerkstatt namens Box Shop, die sich gegenüber vom baufälligen Gebäude des DePau auf der Evans Avenue befand. Frenchy ist 29, ein fähiger Mechaniker und ehemaliger U-Boot-Fahrer der Navy. Er ist 1,65 groß und wiegt 61 Kilo, aber die Angels sagen, er kenne keine Furcht und würde es mit jedem aufnehmen. Seine Frau ist eine schlanke, stille, junge Blondine, die eher auf Folkmusik steht als auf Schlägereien und wilde Partys. Frenchy spielt Gitarre,
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