Hell's Angels (German Edition)
glaubten, dass sie für das, was sie taten, einen fairen Preis verlangten – und dieser Glaube erwies sich als berechtigt, als »eine Zeitschrift« tatsächlich 1.000 (nach Aussage der Times) beziehungsweise 1.200 Dollar (nach Aussage der Angels) rüberwachsen ließ. Diese Spende ist ein ausgesprochen heikles Thema, denn selbst wenn die Redaktion eine solche Schmiergeldzahlung gestünde, würden der Autor und/oder der Fotograf, dem oder denen sie zugute kam, alles Mögliche unternehmen, um nicht in den Ruch zu geraten, jemand zu sein, der seine Geschichten kaufen müsse. Die Angels sprachen anfangs noch ganz freimütig über das Geld, stritten später aber alles ab, nachdem Sonny Barger die Parole ausgegeben hatte, dass ihnen derartiges Gerede Scherereien mit dem Finanzamt einbringen könnte. Es ist jedoch erwiesen, dass ein von der Zeitschrift Life beauftragter Fotograf viel Zeit mit den Angels verbrachte und
an einem Foto-Feature über sie arbeitete, das nie veröffentlicht wurde.
Ein interessanter Nebenaspekt dieser Schutzgeldforderungen ist der, dass die Angels diese Idee von einem Mann hatten, der über 100.000 Dollar im Jahr damit verdient, dass er aus diversen Modeerscheinungen Kapital schlägt. Das ist der von der Times erwähnte Public-Relations-Beauftragte. Er bekam in der Dragsterszene von Berdoo Kontakt zu den Angels, war aber nie ihr Public-Relations-Beauftragter, sondern immer nur ein lärmender Verbindungsmann und ein nicht assoziierter Geschäftemacher, der ein Faible dafür hatte, der Presse auf die Nerven zu gehen. (Im Sommer 1965 vertrieb er dann bereits Hell’s-Angels-Fanclub-T-Shirts, die sich gar nicht schlecht verkauften, bis die Angels verkündeten, sie würden jedes, das ihnen unter die Augen kam, verbrennen, auch wenn sie es den Leuten dazu vom Leib reißen müssten.)
Auf die Dauer vermasselte er den Berdoo-Angels komplett das Geschäft, indem er von jedem, der sie sehen wollte, große Geldsummen verlangte. Und weil niemand (von »einer Zeitschrift« mal abgesehen) bereit war, diese Summen zu zahlen, gelang es ihm fast ein halbes Jahr lang, als der mit besten Beziehungen ausgestattete Vermarkter einer Sache zu gelten, die längst den Bach runterging. Die Berdoo-Angels begingen den klassischen Nixon-Fehler, den »Höhepunkt ihrer Karriere« zu früh zu erreichen. Die Publicity nach der Vergewaltigung von Monterey und zwei späteren Schlägereien vor Ort hatte zu einer solchen Hetzjagd auf sie geführt, dass die wenigen, die immer noch darauf beharrten, ihre Kutte zu tragen, gezwungen waren, sich eher wie Flüchtlinge als wie Gesetzlose zu verhalten, und dementsprechend schwand das Renommee des
Chapters. Mitte August 1965 – während es in Oakland hoch herging – untersuchte die Los Angeles Times die Lage in Berdoo: HELL’S ANGELS VERSCHWINDEN AUS DEM VALLEY, POLIZEILICHER DRUCK ZÄHMT OUTLAW-CLUBS. Die Einleitung des Artikels lautete: »Die wenigen Outlaw-Motorradfahrer, die es im [San Fernando] Valley noch gibt, sind nach Angaben der Polizei im Untergrund verschwunden. Sie verursachen kaum noch Ärger und keinerlei Aufruhr mehr.
›Wenn die sich heutzutage auf der Straße blicken lassen‹, so ein Sergeant der Polizei, ›hält sie der erste Streifenwagen, der sie zu Gesicht bekommt, an und verhört sie. Wenn wir sonst nichts gegen sie in der Hand haben, stellen wir fast jedes Mal fest, dass sie irgendeiner Vorladung wegen eines Verkehrsvergehens nicht nachgekommen sind. Das reicht, um sie von der Straße zu holen, und das geht ihnen mächtig auf den Wecker. 4
Wir haben einen Kontrollpunkt in Gorman, an der Ridge Route, wo wir sie abfangen, wenn sie versuchen, in Gruppen aus Nordkalifornien – wo sie aktiver sind – nach Los Angeles vorzudringen. Weitere Kontrollpunkte haben wir am Pacific Coast Highway, vor allem rund um Malibu.
Die sind mittlerweile sehr unbeständig. Wir haben eine Liste mit den Namen von 2.500 [sic] Mitgliedern der diversen Clubs, aber wir versuchen gar nicht mehr, über ihre Adressen auf dem Laufenden zu bleiben. Die ziehen ständig um. Sie wechseln die Adresse, sie wechseln den Namen, ja, sie wechseln sogar die Haarfarbe.‹
In Fontana, dem Zentrum des Reviers der Angels von Berdoo, schlagen sie nur selten Krach und lassen sich kaum noch in der Öffentlichkeit blicken. ›Vier oder fünf von ihnen, das geht noch in Ordnung‹, sagt Police Inspector Larry Wallace. ›Aber eine richtige Gruppe von ihnen, zehn, zwölf oder mehr, wird sofort von uns
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