Hell's Angels (German Edition)
Angels können das kaum glauben. Preetam musste sich seinen Posten als Vizepräsident verdienen, indem er binnen einer Woche gegen sieben Angels kämpfte – gegen drei davon in einer Nacht – und sie alle zu Brei schlug. Aber das war Bobos Job; bevor er zu den Hell’s Angels kam, war er einer der vielversprechendsten Mittelgewichtsboxer San Franciscos gewesen, und für ihn war es ein Klacks, ein halbes Dutzend nichts ahnende Kneipenschläger umzuhauen. Als er dann später Karate-Crack wurde, machte er bereitwillig eine neue Generation von Herausforderern platt.
Unter den Angels galt er als wertvoller Mann fürs Grobe. »Es ist immer prima, wenn man einen guten Boxer dabei hat«, sagte einer, »aber bei seinen Kumpels muss er cool bleiben. Wenn manche Typen besoffen sind, fangen sie einfach an, irgendwen zu triezen.«
Bis zu seinem Abgang war Bobo eine gefürchtete Erscheinung in den Literatentreffs am Hafen. Seine Kollegen hatten keine große Lust, mit ihm zu trinken, und das aus gutem Grund. Er war kein angenehmer Mensch, wenn er betrunken war. In einem Wutanfall zerschmetterte er einmal in der Hall of Justice mit einem Karateschlag eine zehn Zentimeter dicke Marmorbank. Auch die Polizei beäugte ihn mit Argwohn. Er betrieb eine Karateschule und hatte ein Faible für so genannte »Todeskämpfe«, eine Karate-Version der regellosen Boxkämpfe mit bloßen Fäusten aus der Zeit John L. Sullivans. Es muss dabei nicht unbedingt einer der beiden Kombattanten ums Leben kommen, aber der Kampf wird fortgesetzt, bis einer, aus welchem Grund auch immer, nicht mehr aufstehen kann. Und falls der Grund darin besteht, dass er tot ist, gilt die im Voraus zwischen den beiden Kämpfern und den sorgsam ausgewählten Zuschauern getroffene Abmachung, dass es ein Unfall war. 13 Dummerweise nahm Bobo eines Abends die spontane Herausforderung eines japanischen Besuchers an, als gerade eine Gesellschaftskolumnistin aus San Francisco mit einigen Freundinnen zu Besuch bei ihm war, um über ein exklusives Feature zu verhandeln. Das Ergebnis war ein Albtraum voller Blut, wildem Geschrei
und Panik auf der Galerie. Zwar kam niemand dabei ums Leben, aber es war eine ausgesprochen krude Vorführung, und wenig später wurde Preetam Bobos Name aus den Listen der behördlich zugelassenen Karatelehrer gestrichen.
Erst jetzt, nachdem er alle anderen Möglichkeiten, die Öffentlichkeit zu demoralisieren, erschöpft hatte, wandte er sich ernsthaft dem Schreiben zu. Etliche Jahre zuvor hatte er das Motorradfahren aufgegeben – »wegen der Stigmatisierung«. Nachdem er lange Jahre als Motorradkurier gearbeitet hatte, stieß er zufällig auf die Rubayat des Omar Chajjam und hielt es nun für nötig, seine eigenen Ansichten zu veröffentlichen. Das konnte er jedoch nur unter der Bedingung, dass er sich auf konventionelle Weise durch die Straßen der Welt bewegte. »Ich kam mir vor wie eine Nutte«, sagt er, »aber ich habe dem Lektor gesagt, dass es mir ernst damit war. Mann, ich wollte doch nicht den Rest meines Lebens Bote bleiben.«
Preetam Bobo ist ein Prototyp, ich wusste bloß nie genau zu sagen, wofür. Er ist ein wandelndes Denkmal für alles, wofür die Hell’s Angels gerne stehen würden, was aber nur wenigen von ihnen gelingt. Preetam ist der Outlaw schlechthin, und bei ihm passte das irgendwie alles zusammen. Wie Frank wurde auch er in seiner ganzen aktiven Zeit nicht ein einziges Mal festgenommen. »Man muss bloß so vernünftig sein, den Mund zu halten, wenn Bullen in der Nähe sind«, sagt er. »Immer wenn wir Probleme mit der Polizei hatten, habe ich mich im Hintergrund gehalten und nichts gesagt. Wenn mich ein Bulle mal was gefragt hat, habe ich höflich geantwortet und ihn mit ›Sir‹ angeredet. Die Bullen wissen es in solchen Situationen zu schätzen, wenn jemand ›Sir‹ zu ihnen sagt.
Das ist einfach nur eine kluge Methode in solchen Fällen, weiter nichts. Und außerdem ist es tausendmal billiger als in den Knast zu gehen.«
Bobo war, schon lange bevor er zu den Hell’s Angels kam, Motorradfahrer. Er erinnert sich an einen Abend, an dem er in der Innenstadt von San Francisco an der Ecke Leavenworth/Market vorbeikam und vor dem Billardsalon »Antones« ein paar Motorräder stehen sah. Er hielt, um Hallo zu sagen, und bald gehörte er einer losen Biker-Gruppe an, die sich halb scherzhaft »Market Street Commandos« nannte. Motorräder waren Anfang der Fünfziger noch verhältnismäßig selten, und Motorradfahrer freuten
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