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Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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würden augenblicklich zurückbeordert, sollte die Outlaw-Meute plötzlich den Kurs ändern und an irgendeinem unerwarteten Ort eine Bierpause einlegen. Der komplette Schlachtplan müsste spontan geändert werden.
    Die Angels haben sich nie eine offene Schlacht mit den Ordnungskräften geliefert, haben aber einzelne und Gruppen von drei oder vier Polizisten bereits so oft angegriffen, dass die Polizei sie in den meisten Orten entweder mit Samthandschuhen anfasst oder ihnen mit aller Entschlossenheit entgegentritt. Die Outlaws teilen den Respekt der Mittelschicht vor Autoritäten nicht, und eine Dienstmarke bedeutet ihnen nichts. Sie messen die Autorität eines Polizisten an seiner Fähigkeit, sich durchzusetzen. Einige Geschichten über den ersten Aufruhr in Hollister 1947 berichten, die örtliche Polizei sei von randalierenden Motorradfahrern, die anschließend »die Stadt besetzten«, in ihrem eigenen Gefängnis eingesperrt worden. Doch der einzige noch aktive Hell’s Angel, der tatsächlich in Hollister dabei war, tut die meisten der Geschichten, die im Laufe der Jahre aufgekommen sind, als unwahr ab. »Wir waren da nur auf einer Party«, erklärt er. »Dass da Einwohner
verkloppt wurden und so – damit hatten wir nichts zu tun. Klar haben wir Rabatz gemacht, und wir haben auch ein paar Typen gejagt, die uns mit Steinen beworfen hatten. Als die Bullen Panik kriegten, haben wir ’n paar von ihnen in Mülltonnen gesteckt und ihre Maschinen oben draufgepackt, weiter nichts.«
    1948, ein Jahr nach Hollister, feierten gut tausend Motorradfahrer in Riverside, in der Nähe von Los Angeles, eine Party. Sie brausten durch die Straßen, bewarfen Polizisten mit Knallkörpern und terrorisierten die Einwohner der Stadt. Eine feixende Meute hielt mitten in der Stadt einen Luftwaffenoffizier in seinem Auto an. Als der Flieger hupte, sprangen die Biker auf die Motorhaube seines Wagens und zerbeulten sie, schlugen sämtliche Fenster ein, traktierten den Fahrer mit Faustschlägen und begrabschten seine Frau, die starr vor Schrecken war, ehe man sie dann mit der Warnung ziehen ließ, nie wieder einen Fußgänger anzuhupen. Sheriff Cary Rayburn trieb eine Gruppe von Eindringlingen in die Enge und befahl ihnen, die Stadt zu verlassen, aber sie ohrfeigten ihn nur, rissen ihm die Dienstmarke ab und zerrissen seine Uniform. Als der Sheriff Verstärkung herbeirief, flohen die Outlaws.
    Lange bevor es gegenseitige Hilfsabkommen zwischen den Polizeikräften benachbarter Orte gab, hatten die werdenden Wild Ones genug Verstand, um sich nicht auf einen Kampf mit bewaffneten Polizisten einzulassen. Auch heute noch fordern sie die Polizei nur heraus, wenn die Lage offensichtlich Zurückhaltung von Seiten des Gesetzes verlangt – bei einem Aufruhr, der gerade erst beginnt, einer Razzia vor laufenden Fernsehkameras oder irgendeiner Konfrontation, die eine Menschenmenge anlockt und bei der Schusswaffengebrauch nicht infrage
kommt. 26 Deshalb ist eine Hell’s-Angels-Meute, die auf einem Run in eine Urlaubsgegend unterwegs ist, für die ländliche Polizei ein äußerst schwierig zu handhabender Fall. Das Kunststück besteht darin, sie im Griff zu behalten, ohne sie zu provozieren – bloß dass sich Outlaws sehr leicht provozieren lassen. Und wenn eine Auseinandersetzung erst einmal außer Kontrolle gerät, gibt es garantiert Verletzte, schlechte Publicity und die Chance auf einen karriereschädigenden Verweis für jeden Polizisten, der den Kopf verliert und zu drastischen Maßnahmen greift – wie etwa in einem Handgemenge eine Schusswaffe abzufeuern oder die falsche Person zu schlagen.
     
    Die Taktiken der amerikanischen Polizei waren nie dafür konzipiert, große Gruppen aufbegehrender Staatsbürger in Schach zu halten, sondern dafür, das gesellschaftliche Gefüge vor bestimmten kriminellen Taten und Personen zu schützen. Dem lag stets die Annahme zugrunde, dass
Polizei und Bürgerschaft eine natürliche Allianz gegen böse, gefährliche Einzeltäter bilden, die auf der Stelle festgenommen und, wenn sie sich dem widersetzen, erschossen werden sollten.
    Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass dieser »natürlichen Allianz« das gleiche Schicksal blüht wie der Maginotlinie. Immer öfter muss die Polizei erleben, dass sie in Konflikt gerät mit ganzen Gruppierungen der Bevölkerung, bei denen es sich nicht um Verbrecher im herkömmlichen Wortsinn handelt, von denen viele aber womöglich für die Polizei genauso gefährlich sind wie ein

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